Lörrach Vielfalt und Schönheit des Tanzes

Die Oberbadische
Zum Abschluss der Reise durch die Welt des Tanzes gab es einen Choreografie-Klassiker von Hans van Manen: Black Cake“: fast 30 Jahre alt – und immer noch schön! Foto: zVg/Brocke Foto: Die Oberbadische

Tanz: „Infinity“: Gauthier Dance Company vom Theaterhaus Stuttgart zeigt acht Choreografien im Burghof

Von Gabriele Hauger

Lörrach. Wenn Eric Gauthiers Tänzer kommen, ist der Burghof ausverkauft. So auch am Donnerstag, als der sympathisch, jungenhafte Kanadier mit „Infinity“ hier zum achten Mal gastiert.

Unendlichkeit ist diesmal also das Thema des Abends, gemeint ist die unendliche Vielfalt und Schönheit, die der Tanz bietet. Gauthier bemüht zur locker-plaudernden Einführung in den Abend das Bild der liegenden Acht, einer Endlosschleife, Symbol für den abwechslungsreichen Weg, den der Tanz über Zeiten und Nationen hinweg geht. Ein Weg mit einer breiten Gefühlsskala von düster über bewegend bis humorvoll.

Acht Choreografien

Acht Choreografen präsentiert Gauthier mit seinem 16-köpfigen Ensemble vom Theaterhaus Stuttgart, mit dem er sich schon lange auch international einen Namen gemacht hat. Die höchst unterschiedlichen Charaktere der Stücke erlauben dem Ensemble, seine ganze Ausdrucksstärke und Klasse zu demonstrieren, auch wenn nicht jedes Stück gleich stark zu packen wusste.

Der Auftakt mit „The Black painting“ geriet zum düster-bedrohlichen Szenario. Inspiriert von einem Gemälde Goyas schuf Nanine Linning hier das Bild einer abstrakten, dunklen, Masken tragenden Macht, die gegen die verletzlich-nackte Unschuld agiert – mit großer Gestik zu Arvo Pärts dramatischer Musik eindringlich umgesetzt. Keine leichte Kost zum Einstieg. Doch wer Gauthier kennt, weiß, dass der Abend noch genügend Heiteres parat hält.

Höchst originell ließ sich der Taiwanese Po-Cheng Tsai vom chinesischen Licht- und Geisterfest anregen. Die knieende Tänzerin mit weitem Rock wächst plötzlich in überdimensionale Höhen: ein unter dem Kleid versteckter Mann, der sie trägt, und dessen Beine quasi zu den ihren werden, macht dies möglich. Ein Kraftakt für ihn, ein optischer Hinguckers fürs verblüfft-amüsierte Publikum. Sehr rhythmisch auch der später getanzte Pas de Deux der beiden, angetrieben vom steten Trommelschlag: eine Choreografie voller Anmut und Originalität.

Die Liebe ist DAS Thema des Tanzes. Der schwedische Choreograf Johan Inger erzählt in „Now an now“ eine Geschichte, wie sie jeden Tag tausendfach passiert: Das Finden der Liebe, das Staunen darüber, die Freude, nicht mehr allein zu sein – und schließlich der Verlust. Innige Gesten und Blicke, zärtliches Innehalten, dann wieder Härte und Ablehnung – am Ende steht er allein im Dunkeln, die Arme, in denen noch kurz zuvor seine Liebste lag, sind leer.

Nach so viel Lebensrealität braucht es ein wenig Aufmunterung, und die gab es gleich im Dreierpack. Drei fast hüllenlos, selbstverliebt zu Dean Martins Schmelz- und Schmalzmusik tanzende Herren – nicht nur das weibliche Publikum war von so viel muskelstrotzender, körperlichen Präsenz entzückt. Alejandro Cerrudo wurde zu diesem Stück inspiriert, als er aus seinem Fenster blickend seinen Nachbarn nackt und hingebungsvoll zu Dean Martin tanzen sah. Das hat er in ein pfiffiges Stück gepackt, ein Symbol für Spaß, Lebensfreude, die Lust an der eigenen Körperlichkeit – und dem Tanz.

Nach dem bunten „Infinite Sixes“ konnten ähnlich humorvoll wiederum zwei Tänzer punkten: In zwei geballten Minuten legt das Männerduo zur ins Blut gehenden Musik eine schmissige Nummer von Nadav Zelner aus Tel Aviv hin.

Zum Schluss ein Klassiker

Die ganze Bandbreite ihres Könnens konnte die Kompanie in „ConrazonCorazon“ des Spaniers Cayetano Soto hineinlegen. In eine Art Uniform gekleidet, zeigte sie sehr musikalisch getanzte homogene Gruppenszenen, schöne Pas de Deuxs, mal sexy, mal augenzwinkernd, allesamt präzise ausgetanzt, große Gestik und mitreißende Bühnenpräsenz inklusive. Das Ganze zur Musik vom schmelzigen „J’attendrai“ bis zu südamerikanischem Feuer – allein dieses Stück veranschaulichte die Kreativität zeitgenössischen Tanzes.

Zum Schluss dann noch ein Klassiker, fast 30 Jahre alt, vom Niederländer Hans van Manen: „Black Cake“. Eine exquisite Partygesellschaft feiert sich selbst. Drei Pas de Deuxs geben Gelegenheit, die Variationen der Liebe auszutanzen: wunderbare Innigkeit, einseitige Dominanz einer großen blonden Femme fatale oder dramatische Leidenschaft.

Begeisterter Applaus für diese Hommage an die unendliche Vielfalt des Tanzes!

Umfrage

Bettina Stark-Watzinger

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger hat sich für Zivilschutzübungen an Schulen ausgesprochen. Damit sollen Schüler besser auf den Kriegsfall, Pandemien und Naturkatastrophen vorbereitet werden. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading