Lörrach Wild, brodelnd und farbenreich

Die Oberbadische
Meister am Piano: Jovino Santo Neto Foto: Dorothea Gebauer Foto: Die Oberbadische

Jazztone: Ungezähmte Lebensfreude mit Jovino Santo Neto

Von Dorothea Gebauer

Lörrach. Das Konzert im Jazztone sei sein letztes in Europa, bevor er nach Seattle zurückreise, sagt der Pianist und Komponist Jovino Santo Neto. Der brasilianische Musiker, der mit Drummer, Bass und einem Sänger aufwartet, verbreitet von Anfang an sprühend gute Laune. Begeistert plaudert er davon, dass er mehr oder weniger zufällig seinen Landsmann Arismar do Espirito Santo aufgegabelt und beschlossen habe, diesen gleich mit auf die Bühne zu nehmen. Der sei sagenhaft, der könne einfach alles, den müsse man hören. So erweitert sich das leuchtende Mosaik um ein weiteres kongeniales Element.

Was den Abend auszeichnet, ist das Kaleidoskop an Rhythmik, das sich in feinsten Nuancen sekundenschnell in viele Farben bricht. In den Improvisationen ist immer Groove, immer ist treibende, vorwärts gerichtete Energie zu spüren. Zwar wird die Kraft gebündelt, aber ihr Fokus richtet sich nach draußen: tänzelnd, streichelnd, zärtlich. Die Kompositionen von Jovino Santos Neto sind extrovertierte Masterpieces, sein Ansinnen ist, viele und vieles mitzunehmen. Es gelte, sich im musikalischen Prozess nicht zu verschließen, sondern offen für vielerlei Eindrücke zu sein. Er erzählt von Mentoren, oder von Künstlern, mit denen er unterwegs ist. Der Pianist scheint eine wandelnde Ideenmaschine und ein künstlerisch begnadeter Netzwerker zu sein. Seine Werke wurden bereits von der NDR Big-Band oder vom Seattle Symphony Orchester übertragen. Er lehrt, doziert und schreibt an seinen musikalischen Memoiren.

„Choro“, „balao“ „xote“, „forro‘ und „marcha“ – so wird getitelt, was ungezähmt an Emotionen in den Raum hereinbricht. Mal scheinen strenge Fugen ähnlich wie bei Jacques Loussier virtuos versinnlicht zu werden, mal gärt und brodelt es in tiefen musikalischen Gewässern, in denen es gelegentlich auch lyrisch schimmert. Ansonsten gebärdet sich Santo Neto wie ein Barmixer. Er führt und rührt an, nimmt das, was von seinen Co-Musikern kommt und lässt es überschäumen. „This is what I do and outcomes a smoothie,“ bemerkt er lächelnd, während sein Körper, auch wenn er am Flügel sitzt, dauernd in Bewegung ist und gleich zu explodieren scheint.

Mit Arismar do Espirito Santo erhält der Auftritt eine zusätzlich mystisch-magische Qualität. Sein Gitarrenspiel ist von flirrender Wärme getragen, sein Gesang wirkt archaisch und scheint direkt aus der Tiefe des Unbewussten zu kommen. Da lässt sich alles hören: Klage, Dialog, oder Übermut. Große musikalische Gelassenheit und Reife ergänzen die Umtriebigkeit seines Partners.

In dieser südamerikanisch geprägten Klangwelt erlebt man, wie Sommer sein kann: voller Licht und Wärme.

 Arismar do Espirito Santo spielt am Freitag, 26. Mai, im Museum Tinguely.

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