Lörrach Zähes Ringen um Vertrauen

Die Oberbadische

Flüchtlingsunterkunft: Großes Interesse an Bürgerinformation  im  Werkraum  Schöpflin  

Von Bernhard Konrad

Lörrach-Brombach. Dicht gedrängt saßen und standen die Bürger am Dienstagabend im Werkraum Schöpflin. Sie kamen auf Einladung von Stadt und Landkreis zu einer Informationsveranstaltung über die geplanten Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber in der Hofmatt- und Gretherstraße.

Oberbürgermeisterin Gudrun Heute-Bluhm, Landrätin Marion Dammann, Sozialdezernentin Elke Zimmermann-Fiscella und der Geschäftsführer der Lörracher Wohnbau, Thomas Nostadt, stellten sich den Fragen der Bürger. Auf’s Ganze besehen blieb der Abend weitgehend frei von Polemik und Aggressivität, mit der zuletzt noch Einzelpersonen den Vor-Ort-Termin in der Hofmattstraße punktuell beeinflusst hatten.

Sollen die Flüchtlinge zentral an ein bis zwei größeren Standorten oder dezentral in kleinen Gruppen an mehreren Standorten untergebracht werden? Das war die Kernfrage des Abends, über die aber letztlich keine Einigung erzielt werden konnte.

Zahlreiche Bürger warben inständig dafür, die Option dezentraler Unterbringung nochmals zu prüfen. Sie nannten Städte, in denen alle Beteiligten diese Variante als vergleichsweise integrationsfördernd favorisierten.

Zudem formulierten sie ihre

Unterbringung: zentral oder dezentral ?

Bedenken gegen eine Unterkunft für 200 Personen in der Hofmattstraße. Domizile dieser Größenordnung hätten sich vielfach nicht bewährt.

Indes haben sich Landkreis und Stadt offenbar bereits für die Doppelstrategie in größerem Stil entschieden (100 in der Gretherstraße, 200 in der Hofmattstraße / u  Kurzinfo). Weder Marion Dammann noch Gudrun Heute-Bluhm wollten diese Grundsatzentscheidung in Frage stellen.

„Gute soziale Betreuung mit vielen Standorten nicht leistbar“

Dammann und Sozialdezernentin Elke Zimmermann-Fiscella begründeten ihre Haltung unter anderem mit positiven Erfahrungen, die in Rheinfelden gemacht worden seien – solange die Anzahl der Asylbewerber 300 nicht überschritten habe. Herwig Popken, langjähriger Leiter der Unterkunft in Rheinfelden, bestätigte dies.

Dezentrale Angebote, etwa ältere Hotels ohne angemessenen Brandschutz, seien bislang schlicht ungeeignet gewesen, sagte Zimmermann-Fiscella. Nach wie vor suche der Landkreis nach brauchbaren Flächen, indes gestalte sich die Suche bereits seit zwei Jahren sehr schwierig – und in ein Gewerbegebiet sollen die Flüchtlinge, die maximal rund 18 Monate in der Unterkunft bleiben werden, nicht abgeschoben werden. Vor allem aber sei „eine gute soziale Betreuung an vielen kleinen Standorten nicht leistbar“, sagte Dammann. Die Menschen bräuchten verlässliche Ansprechpartner, ergänzte Zimmermann-Fiscella: Das sei dezentral nicht möglich.

Angesichts der personellen Ausstattung mit jeweils einer Heimleitung plus 1,5 professionellen Sozialarbeiterstellen in Brombach und 0,8 für die Grethertstraße blieben viele Bürger sehr skeptisch, ob hiermit Flüchtlinge angemessen betreut werden können.

Eine Rolle spiele auch die Ausstattung der Gemeinschaftsunterkunft, erläuterte Zimmermann-Fiscella: Freiflächen, Räume für Begegnungen, Hausaufgabenbetreuung, zum Lesen: Dies alles

Skepsis bei personeller Ausstattung

könne nicht an mehreren Standorten gleichzeitig vorgehalten werden. Weil in der Gretherstraße Freiflächen im Außenbereich rar sind, seien die Wohnungen dort etwas größer. Zudem könne die Belegung ein Stück weit gesteuert werden, so dass Familien mit Kindern eher in Brombach untergebracht werden sollen. Sie räumte auch mit dem Gerücht auf, dass ein meterhoher Zaun um die Unterkunft vorgesehen sei. Nur zur Bahnlinie und zum Bach hin seien die baurechtlich notwendigen Zäune geplant.

Kreis und Stadt signalisierten Offenheit für die Beteiligung eines Bürgerrats, der gegenwärtig in Brombach gebildet wird. Heute-Bluhm betonte, dessen Mitglieder würden intensiv in die Besprechungen eingebunden. Landrätin und Oberbürgermeisterin versprachen zudem, dass die Brombacher diese Herausforderung „nicht alleine bewältigen müssen.“ Es bleibe genug Zeit, um Vorbereitungen zu treffen – und bei der Übernahme von Patenschaften würden Menschen aus

Bürgerrat einbinden

dem gesamten Landkreis mitmachen. Auch Organisationen wie der Arbeitskreis Miteinander, Caritas und die Internationale Kommission seien im Boot. Herwig Popken forderte die Bürger auf, „konstruktiv“ an die Aufgabe heranzugehen: „Sagen Sie: Ja, aber...wir brauchen die Infrastruktur, entsprechende Angebote im Kindergarten, internationale Klassen in der Grund- und Hauptschule, Möglichkeiten, Jugendliche in die Berufswelt zu bekommen. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, dann klappt das.“

Auf die besorgte Frage etlicher Besucher, ob das Maximum von 200 Flüchtlingen in Brombach und 100 in der Gretherstraße garantiert werde, sagte Dammann: „Sie haben unser Wort.“ Während einige Bürger Kreis und Stadt ihr Vertrauen aussprachen, zweifelten viele. Sie baten dringend, wenigsten einen dritten Standort zu suchen, so dass jeweils 100 Menschen betreut werden könnten. Das MMZ-Areal, so die OB auf Nachfrage, sei vom Gemeinderat nicht für Wohnbebauung vorgesehen worden. Auch das Füssler-Areal eigne sich nicht.

Was blieb von diesem Abend? Viele Anwesende sahen das Szenario enttäuscht bereits als beschlossene Sache an. Dammann und Heute-Bluhm äußerten Verständnis für diese Enttäuschung, blieben im Grundsatz aber auf ihrem Kurs. Sie versprachen, die Bürger in den kommenden Prozess einzubeziehen. Heute-Bluhm: „Wir nehmen Ihre Skepsis mit, aber auch Ihre Bereitschaft zum Engagement.“

Zu Beginn der Veranstaltung verteilte der „Freundeskreis Asyl Lörrach“ Info-Flyer. Der Abend schloss mit der

1300 Unterschriften übergeben

Übergabe einer Liste mit 1300 Unterschriften der Anwohner und weiterer Bürger durch Claudia Bachmann und Branimir Kostic an Heute-Bluhm. Sie wenden sich gegen die Größe der in Brombach geplanten Flüchtlingsunterkunft.

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