Lörrach Ziel:  Bessere  Startchancen für Kinder

Die Oberbadische

Bürgerstiftung: Sozialpädagogin Michaela Kern über die Bedeutung möglichst früher Sprachförderung

Sprachförderung von Kindern  ist ein zentrales Betätigungsfeld der Lörracher Bürgerstiftung.  Betreut wird es von der Sozialpädagogin Michaela Kern   als  „Fachberaterin  für Sprachförderung und interkulturelle Arbeit“. Mit Hilfe dieser Beratung wurde in vielen Kindergärten und -tagesstätten in Lörrach die Sprachförderung auf- und ausgebaut. Bernhard Konrad sprach mit Michaela Kern über ihre Arbeit.

Frau Kern, wie hat sich  die Sprachförderung   unter dem Dach der Bürgerstiftung entwickelt und welche Facetten beinhaltet sie?
Angefangen hat alles im Kindergarten St. Bonifatius. Gemeinsam mit der   damaligen Leiterin Elvira Heggenberger entwickelte ich  ein Konzept zum Ausbau der   Sprachförderung. Die Arbeit ging  schon bald über das zentrale Anliegen der Sprachförderung von Kindern  hinaus, indem auch die Eltern eingebunden wurden.
Im zweiten Schritt wurde die Konzeption um die interkulturelle Arbeit ergänzt – Fremdheitserfahrungen, das Hören anderer Sprachen: Das  ist  auch für  deutschsprachige  Kinder eine wichtige Erfahrung und für die mehrsprachigen eine Form der Wertschätzung.
Die Bürgerstiftung wollte aber nicht nur einen einzigen Kindergarten unterstützen.   Deshalb wurde im Jahr 2011 die Stelle „Fachberatung für Sprachförderung und interkulturelle Arbeit“ geschaffen. Somit konnten sich alle Kindergärten in Lörrach an die Bürgerstiftung wenden und das Beratungsangebot in Anspruch nehmen.
Dabei waren uns   praxisnahe   Hilfestellungen  besonders wichtig. So wurde etwa die zweisprachige Bilderbuchausstellung – in Deutsch und einer weiteren Sprache – zusammengestellt, die sich Kindergärten ausleihen können. Damit werden ganz unterschiedliche Aktionen  organisiert, in die auch Eltern eingebunden werden.   Auch die Materialsammlung zum Thema Sprachförderung in der Stadtbibliothek ist ein Aspekt, auf die Einrichtungen zurückgreifen können – um zwei  Angebote zu  nennen.

Nun wurde dieses Engagement durch das auf drei Jahre angelegte  Bundes-Projekt „Sprach-Kitas“  erweitert.
Dadurch hat sich nochmal einiges geändert. Interessanterweise greift dieses Programm genau die Themen auf, die die  Lörracher Bürgerstiftung schon lange als wichtige Elemente der Sprachförderung gesehen hat: Förderung der Kinder selbst, Zusammenarbeit mit den Eltern und interkulturelle Bildung, wobei auch dem Aspekt der Inklusion eine bedeutende Rolle zukommt.
In Lörrach nehmen zehn Einrichtungen am Sprach-Kita-Programm teil, darüber hinaus betreue ich weitere Kindergärten im Umland, weil das Programm die Bildung eines Verbunds vorsieht. Zudem betreue ich weiterhin Kindergärten in der Stadt, die keine  Sprach-Kitas sind.

Wie kann man sich Ihre  Beratungstätigkeit vorstellen?
Ein wesentlicher Punkt ist die Qualifizierung der Kindergarten-Mitarbeiterinnen.  Ich treffe mich  mit Erzieherinnen – den durch das Programm finanzierten zusätzlichen  Sprachförderkräften der Einrichtungen –   und deren Leiterinnen und bearbeite  mit ihnen gemeinsam die Themen. Wichtig ist auch, dass die Einrichtungen vernetzt werden und im Austausch voneinander lernen.

Wie nehmen Kinder diese Förderung an?
Sehr gut. Kinder finden es toll, wenn sie ein Gegenüber haben, das sich für sie interessiert, mit dem sie eine Beziehung aufbauen können. Sie lernen gern.

Trägt diese frühe Förderung später  in der Schule Früchte?
Natürlich gibt es ganz unterschiedliche Begabungen, und der Schulweg ist lang. Aber: Wir bekommen positive Rückmeldungen von den Kooperationslehrerinnen. Man merke, dass mit den Kindern gearbeitet wurde.
Je früher und intensiver Kinder mit Migrationshintergrund gefördert werden, desto besser. Ziel  ist es, diesen die gleichen Startchancen in der Schule zu ermöglichen, wie deutschsprachigen Kindern – die   übrigens mitunter auch auf Sprachförderung angewiesen sind.

Wie ist die Bereitschaft der Eltern mit Migrationshintergrund, diese Bemühungen zu unterstützen?
Meine Erfahrungen  sind tatsächlich durchweg positiv. Wenn die Angebote niedrigschwellig sind, ist die Teilnahmebereitschaft groß. Wenn es etwa darum geht, in verschiedenen Muttersprachen vorzulesen, melden sich immer Eltern, die in die Kindergärten kommen, um das zu tun.  Gemeinsam vorlesen, gemeinsam kochen, Spielenachmittag: Das wird alles gerne wahrgenommen.
Über solche Kontakte wird eine völlig andere Basis geschaffen, etwa für  Elterngespräche, in denen über die  Entwicklung des Kindes gesprochen wird. Es ist für viele Eltern ungewohnt und neu, dass sie überhaupt von Kindergarten oder Schule über ihr Kind informiert und einbezogen werden. Wenn Eltern, vor allem Mütter mit Migrationshintergrund, kein Deutsch verstehen, versuchen wir Übersetzer aus dem Dolmetscher-Pool der Stadt zu organisieren.

Sie haben unter dem Dach der Bürgerstiftung eine 70-Prozent-Stelle. Wie wird  diese  finanziert?
Zu 50 Prozent vom Bund   mit dem Sprach-Kita-Programm, 20 Prozent sind Eigenmittel der Bürgerstiftung.

Es wird ja immer wieder betont: Investitionen  in die Kindesentwicklung, die nicht getätigt werden, müssen später doppelt bezahlt werden. Sind sie vor diesem Hintergrund mit der Finanzierung Ihrer Arbeit durch die öffentliche Hand zufrieden? Auch die Sprach-Kitas sind nur auf drei Jahre angelegt.
Es ist schon ein bisschen traurig, wie Sprachförderung und interkulturelle Arbeit in Kindergärten unterstützt wird – gerade weil man weiß, wie wichtig das ist. Es gibt in dieser Frage ja einen breiten gesellschaftlichen Konsens, dennoch sind die Programme in der Regel zeitlich recht eng begrenzt. Eigentlich ist Sprachförderung ja Ländersache. Und da unterstützt das Land Baden-Württemberg im Vergleich zu anderen Bundesländern die Sprachförderung in Kitas nur in geringem Maße: 2200 Euro  pro Jahr und Fördergruppe.
Sinnvoll wäre ein verlässliches, dauerhaftes Programm wie diese Sprach-Kitas, die Einrichtungen eine halbe Stelle ausschließlich für den Bereich der Sprach- und interkulturellen Förderung sichert.  Ich halte es auch für wichtig, dass diese Begleitung in der Grundschule fortgesetzt wird. Denn:  Sprache ist der Schlüssel für Bildung und gesellschaftliche Teilhabe. Die Rahmenbedingungen  für den Spracherwerb, vor allem für Kinder mit Migrationshintergrund sollten deshalb möglichst früh beginnen und verlässlich sein.

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