Schultertuch, Schürze und Hörnerkappe für die Frau, Gehrock  für den Mann: Die „Vrenelitracht“ wie  Hebel einst geschrieben hat, soll wieder öfter  zu sehen sein – nicht nur bei Brauchtumsterminen in der Region. Das neue Führungsteam der Markgräfler Trachtengruppe möchte sie populärer machen.  

Von Kristoff Meller

Lörrach.  Das Dirndl hat den Spagat bereits geschafft. Das gibt es für 30 Euro beim Discounter fürs Oktoberfest und  im Trachtenladen für 2000 Euro als Festtagsvariante. Getragen wird es längst nicht mehr nur in Bayern. Die Markgräfler Tracht hingegen war lange Zeit vom Aussterben bedroht. „Es gibt sie nicht zu kaufen, was wir anhaben, ist meist 70 bis 100 Jahre alt“, erklärt Michael Lindemer aus Tüllingen. Seit Mai ist er Vorsitzender der Markgräfler Trachtengruppe und hat gleich 31 neue Mitglieder aus Tüllingen, Lörrach, Inzlingen und dem Wiesental   mitgebracht. Sein Wunsch: Die Menschen sollen sich nicht nur an die Tracht im öffentlichen Raum wieder gewöhnen, sondern diese auch selber tragen.  

Der nächste Anlass, um sie aus dem Schrank zu holen, ist der Tüllinger Weinmarkt am 11. September. Lindemer hat die Mitglieder zum Frühschoppen mit der Schweizer Blaskapelle „Nord-Süd“ in seiner  Straußi eingeladen. „Um das Gefühl einer Gruppe entstehen zu lassen, muss man die Leute zusammenbringen“, erklärt Lindemer. „Natürlich wollen wir dann auch zur Eröffnung des Weinmarkts gehen und diesen mit unserer Anwesenheit in Tracht bereichern.“  Neben den eigenen Mitgliedern erwartet er rund 15 Mitglieder der Hotzenwald-Bauernkapelle Görwihl sowie eine Abordnung des Markgräfler Trachtenvereins  Kandern.

„Es ist ein Luxus, dass es einen Verein mit der gleichen Tracht in der Region gibt und man sich so gegenseitig aushelfen kann“, sagt Lindemer.  Er und vor allem sein Stellvertreter Jörg Rosskopf bringen viel Vereinserfahrung und Infrastruktur aus der  Lörracher Narrengilde mit. „Infrastruktur, die die Trachtengruppe bisher nicht gehabt hat“, sagt Lindemer.

Dynamik des Heimattrends nutzen

 Seit dem Generationenwechsel wurde nicht nur die Homepage neu gestaltet und eine Facebook-Seite eingerichtet, auch der Vereinsname wurde abgeändert.  „Weil am Rhein“ wurde aus der Bezeichnung gestrichen,  der Vereinssitz hat aber Bestand. „Wir fühlen uns zu Weil am Rhein gehörig“, sagt Lindemer. Die Namensänderung habe allerdings bereits dazu geführt, dass es vermehrt Anfragen von Interessenten aus anderen Orten der Region gebe. „Für uns spielt es keine Rolle, ob jemand aus Schliengen oder dem Kleinen Wiesental kommt, Hauptsache er  trägt gerne Tracht.“

 Generell gebe es zwei Strömungen unter den Trägern: „Ich bin bereit, nicht alltägliche Kleidung anzuziehen,  um ein Statement  – ich bin von hier – abzugeben.“ Und: „Dieses Erbstück hat schon meine Oma getragen. Wenn ich es anziehe, habe ich das Gefühl sie ist mit dabei.“ Außerdem liege das Thema Heimat derzeit im Trend – auch bei den Jüngeren. „Diese Dynamik möchten wir nutzen“, sagt Lindemer.

Kooperation mit Dreiländermuseum

Die Trachtengruppe ist zudem eine Kooperation mit dem Dreiländermuseum eingegangen, dessen Bestand weit über 100 Einzelteile der Markgräfler Tracht beinhaltet. Wenn der Verein alte Kleidung  angeboten bekommt, werde geprüft, ob die Stücke zu kostbar sind und eher im Museumsdepot für die Nachwelt konserviert werden. „Wir sind keine Museumsverein, sondern wollen die Sachen auch tragen“, erklärt Lindemer. Gleichzeitig können Kleidungsstücke auch den umgekehrten Weg gehen und vom Museum an die Trachtengruppe weitergegeben werden.

Wer nicht über eine eigene Tracht verfügt und dennoch Mitglied werden möchte, kann sich diese von Vereinsschneiderin Carole Enderlin anfertigen lassen. Da dies jedoch nicht ganz billig ist, besteht die Möglichkeit, eine vereinseigene Tracht gegen Kaution – für einen Damensatz beträgt diese derzeit 100 Euro –  auszuleihen.

 Hörnerkappe und Co. dürfen von den Mitgliedern  auch außerhalb der Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen getragen werden:  „Egal ob bei einer  Hochzeit, einer Familienfeier oder  dem Sonntagsgottesdienst – so repräsentiere ich meine Heimat“, findet Lindemer. „Das Dirndl ist salonfähig, die Markgräfler Tracht soll ebenfalls ihren Weg zurück in den Alltag finden.“ 

Die Trachtengruppe freut sich nicht nur über weitere Mitglieder sondern auch über gut erhaltene Kleidungsstücke. Mehr Informationen  unter www. markgraefler-trachtengruppe.de