Als „Pionier der klassischen Moderne in Baden“ feiert das Dreiländermuseum Lörrach den Maler Adolf Riedlin in der kommenden Schau. Parallel zu der Museums-Retrospektive präsentiert das Ibenthaler-Haus ab 14. Dezember die Doppelausstellung „Menschenbilder“ mit Figurendarstellungen der freundschaftlich verbundenen Maler Adolf Riedlin und Paul Ibenthaler.

Von Jürgen Scharf

Lörrach. Die Werke von Riedlin aus der Sammlung des Museums treffen auf die Arbeiten Ibenthalers aus der Stiftung. Da stellt sich als erstes die Frage: Wie gut kannten sich die Maler? Paul Ibenthaler schreibt dazu in seinem Erinnerungsbuch: „Außer der Freundschaft mit dem Maler Adolf Riedlin pflegte ich keine weiteren Beziehungen zur hiesigen Künstlerschaft“.

Ibenthaler spricht also von Freundschaft und hat anno 1972 anlässlich der Gedächtnisausstellung für Riedlin in Lörrach die Rede gehalten. Offenbar haben sich beide geschätzt, auch wenn nicht genau belegt werden kann, wie eng diese Künstlerfreundschaft war.

Die im Ibenthaler-Haus räumlich getrennten Werkschauen machen deutlich, dass sie verschiedene Gemeinsamkeiten haben, gelegentlich ähnliche Sujets wählten, stilistisch aber eigene Wege gegangen sind. Beide haben sich dem ländlichen Leben zugewandt, von beiden gibt es bäuerliche Ansichten.

Schnitterinnen, Kartoffelernte und Bäuerin mit Hacke

Bei Riedlin sind Motive wie Schnitterinnen, Kartoffelernte, Bäuerin mit Hacke, Winzerin mit Traube, Rebhüter, Feldarbeiter mit Sensen und Sichel von zentraler Bedeutung (allein der Titel „Schnitter“ taucht sechs Mal auf). Bei Ibenthaler gibt es ähnliche landwirtschaftliche Sujets: die Markgräflerin, den Sämann oder die Rübenhackerinnen auf dem Dinkelberg. Aber sie nehmen längst nicht den Raum ein wie bei Riedlin und sind anders gewichtet.

Wie Ibenthaler in seiner Rede hinwies, war Adolf Riedlin bei aller Modernität erdverbunden. Seine Vorliebe für das bäuerlich-heimatliche Leben hat ihm den Ruf eines „Bauernmalers“ eingetragen, weist ihn aber als einen echten Sohn des Markgräflerlandes aus. Als einen Zeit seines Lebens „Suchenden“ bezeichnete Ibenthaler seinen Malerfreund.

Aus dem riesigen Riedlin-Bestand des Dreiländermuseums hat Andreas Obrecht, der Vorsitzende der Ibenthaler-Stiftung, auch Arbeiten aus dem letzten Kriegsjahr und frühere, aus den 20er Jahren ausgewählt. Riedlins „Figuren im Wald“ erstaunen durch ihre surrealistische Manier und fallen klar aus dem übrigen Umfeld heraus. Ebenso die „Zwei Männer“ von 1923, die zu den progressivsten Arbeiten Riedlins gehören. Hier hat der Hölzel-Schüler experimentiert, ist collagemäßig vorgegangen und zeigt sich vom Kubismus eines Braque und Gris inspiriert.

Man sollte nun nicht unbedingt die zwei Maler vergleichen wollen, bestand doch zwischen ihnen ein Altersunterschied von 28 Jahren, eine ganze Generation. Beide wurden mit dem Prädikat „expressiver Realist“ belegt, wenn auch Riedlin deutlich abstrakter gearbeitet hat.

Im oberen Raum wird richtig geklotzt

Im oberen Raum (Hängung: Kurator Martin Leccese) wird richtig geklotzt mit riesigen, beeindruckenden Formaten und starken Figurenbildern wie „Maler und Modell“ oder „Mutter und Kind“, in denen Ibenthaler seinen Stil gefunden hat. Hier trifft man auf sehr typische Ibenthalersche Personendarstellungen wie den „Trinker“, die „Große Kauernde“ oder die in mehreren Varianten existierenden „Schachspieler“. Als drastisch realistisch stechen „Sieger und Besiegte (Frau und Invalide)“ ins Auge, ein rätselhaftes und interpretationsfähiges Gemälde, das an Ibenthalers monumentales Werk „Die Stützen der Gesellschaft“ erinnert.

Der Besucher sollte aber auch im Treppengang innehalten, wo erstmals keine Zeichnung, sondern Malerei hängt. Da findet sich das überraschende „Bordell I“ (1980/90), das in seiner lockeren Handschrift und Farbigkeit an die französischen Impressionisten denken lässt, ebenso wie das Porträt eines Liedermachers, den man unschwer als den gerade 80 gewordenen Wolf Biermann identifizieren kann.   

Ibenthaler-Haus, 14. Dezember bis 21. Mai 2017, So 15 - 17 Uhr.