Von Beatrice Ehrlich Lörrach. Mit einem faszinierenden, ungleichen Gespann sind die Burghof-Konzerte beim Stimmen-Festival in die nächste Runde gegangen. Einen tollen Eindruck hinterließ die erst 18-jährige Sängerin Ami Warning aus München bei ihrem Stimmen-Debüt. Auf bezaubernde Weise, offen und einnehmend sympathisch, kündigt sie ihre Stücke an, dann geht es los: Faszinierend tief, nuancenreich, mitunter rau ist ihre Stimme, mit der sie die Festivalbesucher am Dienstag in ihren Bann schlägt. Unterstützt wird Warning, die sich, ganz in der Art einer Singer-Songwriterin selbst an der Gitarre begleitet, zusätzlich von einer kleinen, jederzeit im Hintergrund agierenden Combo aus Gitarre, Bass und Schlagzeug. Dass sie aus einer Musikerfamilie stammt – ihr Vater ist der Roots-Reggae-Sänger Wally Warning – merkt man daran wie selbstverständlich sie sich auf der Bühne bewegt. Die Bühne sei für sie wie ein Wohnzimmer hat sie einmal gesagt und genau so kommt es einem vor. Auch die Texte, die mit Ausnahme zweier berühmter Coverversionen von Bob Marley und Bill Withers aus Ami Warnings Feder stammen, sind hörenswert. Aufgehängt zumeist an einem einzigen Wort („Freedom“, „Tired“, „Waiting“) entfaltet sie in ihren Songs erstaunlich tief gehende Innenwelten. Meistens wird ein innerer Zwiespalt deutlich, etwa in dem Titel „Follow“: „My heart says yes, my brain says no“, heißt die zentrale Textzeile dieses eingängigen Songs, bei dem die Sängerin nur von einem Bandkollegen am Cajón begleitet wird. Und unter dem Titel „Hurt” beklagt die Sängerin nicht etwa ihr eigenes Leid, wie man zunächst meinen könnte, sondern stellt fest, dass sie selbst viele Menschen verletzt. Diese Art überraschender Volten ist typisch für Ami Warning. Hinter ihrem jugendlichen Charme verbirgt sich eine unerwartete persönliche Reife. Scheinbar mühelos gelingt es ihr ihr, diese zwei Pole in ihrer Musik zu verbinden. Eine mit allen Wassern gewaschene Bühnenlady ist Alice Russell, die nach Ami Warning mit ihrer Band auf die Bühne kommt – alle mit Handtüchern bewaffnet gegen die feuchte Hitze an diesem Abend. Stimmgewaltig und bühnenerprobt präsentiert sich die britische Sängerin, die Bühne füllt sie bis in alle Ecken aus, obwohl sie auf jeden Pomp und Ausstattung verzichtet. Alice Russels Stimme ist kraftvoll und vielseitig: vom neckischen Kiekser bis zum schmetternden, nicht enden wollenden Opernton reicht ihre Bandbreite, auch in den tiefen Lagen fühlt sie sich zu Hause. Mit ihrem hohen Tempo, den von wummernden, oft funkigen Rhythmen unterlegten Stücken bringt sie ihre Gäste vor der Bühne in die Gänge, wo jetzt begeistert getanzt wird. Doch wie laut auch immer es im Hintergrund zugeht, wo neben der klassischen Bandbesetzung mit Gitarre, Bass und Schlagzeug auch einiges an Elektronik zum Einsatz kommt, Russell hebt sich mit ihrer eindringlichen Gospel-Stimme federleicht über alles hinweg. Der ihr stets zur Seite stehende Background-Sänger setzt mit der Geige oder dem Banjo besondere Akzente. Resümee: zwei außergewöhnliche, eigenständige Sängerinnen, die bei „Stimmen“ auf keinen Fall fehlen dürften.