Von Marco Fraune Kreis Lörrach. Die Suche nach Wegen, wie ein gemeinsames Leben von behinderten und nicht-behinderten Menschen ermöglicht werden kann, ist für den Behindertenbeauftragten der Bundesregierung, Hubert Hüppe, der Schlüssel zur erfolgreichen Inklusion. Im St. Josefshaus in Rheinfelden-Herten hat der Bundespolitiker vorgestern zugleich für die Abschaffung der Eingliederungshilfe für junge Behinderte plädiert, die in der Jugendhilfe aufgehen solle. Sorgen um ihren Arbeitsplatz müssten sich die 1300 Beschäftigen des St. Josefshauses trotz der Inklusionsbestrebungen nicht machen. Hüppe weiß aus eigener Erfahrung, mit welchen Vorbehalten, bürokratischen Hürden und anderen Hemmnissen Behinderte zu kämpfen haben. Der Vater eines behinderten Jungen begrüßt daher nicht nur die UN-Behindertenkonvention, die Antrieb für die aktuell forcierte gemeinsame Beschulung von Behinderten und Nicht-Behinderten ist. Von Kindergärten über Arbeitsstätten bis zum barrierefreien Zugang ins Rathaus-Obergeschoss reicht für Hüppe die Bandbreite der Herausforderungen, bei denen er selbst als Fürsprecher auftritt " womit seine Bezeichnung als "Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen" bei der Diskussionsrunde mit Inhalt gefüllt wurde. An dieser nahmen auf Einladung des Bundestagsabgeordneten Armin Schuster neben St. Josefshaus-Geschäftsführer Christoph Dürdoth auch zahlreiche Vertreter teil, die sich im Landkreis Lörrach um die Belange der Behinderten kümmern. Die Bandbreite reichte von der Lebenshilfe über das Karl-Rolfus-Schule bis zum neuen Netzwerks Inklusion. Auch die Betroffenen selbst waren vertreten. Inklusion sei mehr als Integration, unterstrich Hüppe. Es gehe darum, gemeinsame Lebenswelten zu schaffen. Auch die Sprache spiele eine Rolle. Menschen würden nicht am Down-Syndrom leiden, sondern sie "haben" dies. Mit dem Blick in die Historie zeigte der Behindertenbeauftragte auf, dass Förderkindergärten und -schulen sowie Behinderten-Werkstätten und -Wohnheime ab den 1960er Jahren entstanden, während heute Eltern dafür kämpfen würden, dass ihre behinderten Kinder mit nicht-behinderten aufwachsen. Das größte Problem sei noch: "Die Menschen ohne Behinderung haben nie gelernt, mit den Behinderten umzugehen." Die 1300 Beschäftigten des St. Josefshauses könnten ohne weiteres weiterbeschäftigt werden, nur die Betreuungsform müsse sich nach Ansicht des Behindertenbeauftragten ändern. Auch andere Strukturen will Hüppe aufbrechen. Aktuell müssten für behinderte Kinder in klassischen Kindergärten die Beiträge von den Eltern entrichtet und der Fahrdienst selbst bewerkstelligt werden (Stichwort: Jugendhilfe). Anders sei es, wenn die Kinder in einen Förderkindergarten gehen. Hier werde der Fahrdienst übernommen und auch Beiträgen fielen nicht an: "Die Eltern kriegen nur Eingliederungshilfe, wenn sie bereit sind, ihre Kinder auszugliedern." Das müsse sich ändern. Nicht nur der integrative Unterricht koste, sondern auch das bisherige System, so der Behindertenbeauftragten. Auch würden Sprachprobleme nicht vermindert, wenn Sprachbehinderte unter sich bleiben. "Wir brauchen die Regel- und Sonderpädagogen, doch sie müssen zusammenarbeiten", setzt Hüppe auf die integrative Beschulung. Für das Berufsleben gelte es, die Möglichkeiten, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, zu bieten. "Ich möchte, dass die Menschen tatsächlich ein Wahlrecht haben." Steuerliche Anreize für Arbeitgeber nannte Hüppe als Baustein.