Lokführergewerkschaft Beamtenbund könnte GDL den Geldhahn zudrehen

Markus Grabitz
Vorerst keine Streiks mehr bei der Bahn bis 2. November. Das hat die Lokführergewerkschaft GDL am Freitag bekannt gegeben Foto: dpa

GDL-Chef Claus Weselsky will unbedingt auch für das Bordpersonal bei der Bahn Tarifverhandlungen führen. Bis zum 2. November soll es erst einmal keine weiteren Streiks bei der Bahn geben.

Berlin - Noch ist nicht absehbar, dass der Chef der kleinen Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, seine Strategie ändert. Gestern hat er zunächst einmal nur erklärt, dass bis 2. November nicht gestreikt wird. Er will aber weiterhin unbedingt erreichen, dass seine Gewerkschaft nicht nur für die Lokführer einen neuen Tarifvertrag abschließen darf. Er erhebt auch den Anspruch, für das restliche Bordpersonal zu verhandeln – also Zugbegleiter und anderes Personal. Um die eigentliche Forderung fünf Prozent mehr Lohn und zwei Stunde weniger Wochenarbeit geht es bei dem Konflikt ja erst in zweiter Linie.

Beobachter gehen davon aus, dass er mindestens bis Anfang Dezember immer ein mal wieder seine Truppen mobilisieren und den Personen- und Güterverkehr auf der Schiene lahm legen wird. Am 3. Dezember will sich nämlich, so ist zu hören, Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) ihr Gesetz zur Tarifeinheit im Bundeskabinett beschließen lassen. Vermutlich will Weselsky abwarten, wie dieses Gesetz ausfällt, bevor er sich im Konflikt mit dem Staatsunternehmen Bahn bewegt.

Für dieses Mal wird das Gesetz zwar keine direkten Auswirkungen mehr haben. Es dürften noch Monate vergehen, bis es in Kraft tritt. Aber bei der nächsten Tarifauseinandersetzung bei der Bahn wäre es für die GDL fatal, wenn Andrea Nahles ihre Ankündigung wahr machte und dafür sorgte, dass nur noch die größere Gewerkschaft in einem Betrieb die Verhandlungen führen darf. Denn dann wäre die GDL aus dem Rennen, Weselsky dürfte dann vermutlich gar nicht mehr zum Streik aufrufen – die GDL hat deutlich weniger Mitglieder bei der Bahn als die konkurrierende Eisenbahner- und Verkehrsgewerkschaft EVG.

Na, das sind ja prima Aussichten für alle Bahnkunden: Streikgefahr bei der Bahn bis in die Adventszeit hinein. Aber auch für die GDL-Strategen rund um Weselsky könnte die Zeit lang werden. Dies hängt davon ab, wie gut seine Streikkasse gefüllt ist.

Seine GDL hat 34 000 Mitglieder. Die Lokführergewerkschaft entscheidet, wie hoch das Streikgeld ist, das sie den Kollegen, die im Ausstand sind, zahlt. Die GDL bekommt aber möglicherweise noch Geld aus anderer Quelle für die streikenden Bahnmitarbeiter hinzu. Die GDL ist nämlich eine von 43 Mitgliedsgewerkschaften im Beamtenbund. Und die Statuten des Beamtenbundes sehen vor, dass die Dachorganisation ihren Einzelgewerkschaften bei Streiks finanziell unter die Arme greift. Der mächtige Dachverband Beamtenbund mit seinen 1,2 Millionen Mitgliedern zahlt für jeden Streikenden der Mitgliedsgewerkschaft einen Zuschuss von höchstens 50 Euro am Tag. Klar: Für die vergleichsweise kleine Lokführergewerkschaft ist diese Unterstützung ein Segen.Nur: Daraus entstehen Abhängigkeiten.

Aufhorchen lässt, dass der Vorsitzende des Beamtenbundes, Klaus Dauderstädt, kürzlich Weselsky via Süddeutsche Zeitung erinnerte, dass der Geldhahn der Dachgewerkschaft auch abgedreht werden könnte: „Da kann es keinen Automatismus geben“. Nach den Regeln des Beamtenbundes werde „jeder Antrag zunächst geprüft“.

Weselsky weiß auch, dass er die Geduld der anderen 42 Mitgliedsgewerkschaften im Beamtenbund nicht überstrapazieren darf. Sie müssen nämlich Geld in die „Kriegskasse“ des Beamtenbundes nachschießen, wenn diese auszutrocknen droht. Noch herrscht beim Beamtenbund eine Wagenburgmentalität. Kein Chef einer Mitgliedsgewerkschaft wagt sich mit öffentlicher Kritik an Weselskys Streikstrategie vor. Dies könnte sich aber ändern, je länger der Streik dauert und je teurer er für den Beamtenbund wird.

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