Im Zweifelsfall tun es die Rampe und das eher schöne denn sprechende Bild – vor allem im dritten Akt, wenn die Regisseurin den James-Dean-Verschnitt Edgardo in seinem amerikanischen Straßenkreuzer ganz bildlich vor die Wand fahren lässt. Die Personenführung bleibt schematisch; die Idee des Anfangs, Vorgeschichte, Unterbewusstes in die Erzählung einzuflechten, wird nicht fortgeführt. Und bei Lucias berühmter Wahnsinns-Arie herrscht auf der Bühne eine Hilflosigkeit, die darin gipfelt, dass sich die Titelheldin zwischenzeitlich schlicht vor ein Mikrofon stellt und dort im Glitzerkleidchen Koloraturen absondert wie ein Revuegirl.
Dabei ist Diana Damrau eine passende Besetzung für diese so oft missverstandene und durch viele Veränderungen verschandelte Partie: Die Sopranistin hat eine farbreiche, zur dramatischen Attacke fähige Stimme, gerade in ihrer ersten Arie gestaltet sie ihre Gesangslinien so fein, als sei jeder Ton ein Individuum, und leise Stellen haben Zauber und leuchtende Substanz. Im Laufe des Abends stellen sich allerdings auch blasse Momente ein, mancher laute Spitzenton knallt übermäßig heraus. Pavol Breslik ist als Edgardo mit seinem beweglichen, hellen und gesunden Tenor eine reine Freude (nicht nur) für die Ohren. Der Rest ist Konjunktiv: Was hätte diese Oper für ein Erlebnis werden können!