Maulburg „Ein Präsident, der keiner von uns ist“

Markgräfler Tagblatt
Gastredner Lars Halter, FW-Vorsitzende Heidrun Seidensticker und Fraktionssprecher Christof Schwald. Foto: Hans-Jürgen Hege Foto: Markgräfler Tagblatt

Neujahrsempfang: USA-Experte Lars Halter zu Gast bei Maulburgs Freien Wählern

„Hin und her gerissen zwischen Hoffnung und Grauen“ blickt Christof Schwald ins ferne Amerika. Gerade deshalb freute sich der Freie Wähler-Fraktionssprecher, dass den Neujahrsempfang mit Lars Halter ein Journalist bereicherte, dessen Kompetenz in Sachen USA niemand anzweifle.

Maulburg. Schließlich könne Halter „mit drei Weltstädten in Verbindung gebracht werden: Mit New York, wo er einem großen Publikum in Presse und Fernsehen bekannt wurde, mit Berlin, wo er inzwischen lebt und arbeitet und mit Maulburg, wo seine journalistische Arbeit begann“, schmunzelte Schwald, der wie das übrige Publikum gespannt war auf Antworten zur Frage, wie es ein „dummer, selbstverliebter Donald Trump“ auch nur in die Nähe des Weißen Hauses schaffen konnte.

Undemokratisches Wahlsystem

Halter schrieb den Umstand dem „undemokratischen Wahlsystem“ in der „vermeintlich größten Demokratie der Welt“ zu. Stimmen werden nach dem Prinzip „The winner takes it all“ vergeben, was heißt: Selbst bei knappen Wahlergebnissen von 49 zu 51 Prozent gehen alle Stimmen des jeweiligen Staates an den siegreichen Kandidaten. Und: Kleine Staaten haben gemessen an der Bevölkerung mehr Wahlmänner als große Staaten. So habe etwa die Stimme eines Wählers in Montana dreieinhalb Mal so viel Gewicht wie die Stimme eines Wählers in Kalifornien. „Gäbe es diese Ungerechtigkeiten nicht, dann würde am Freitag Hillary Clinton vereidigt“, machte Lars Halter deutlich.

Nun muss die Welt in den nächsten vier Jahren mit einem Präsidenten auskommen, „der keiner von uns ist und nicht so denkt wie wir.“ Er habe sich geoutet als Populist und Rassist, sei nicht besonders klug, kenne die Welt nicht und die Welt interessiere ihn auch nicht sonderlich.

Trump interessiert sich nur für sich selbst

Deshalb, so Halter, halte er es auch nicht mit Christof Schwalds Hoffen und Grauen. „Ich tendiere stark zum Grauen“, gab er zu und wies auf seine persönlichen Begegnungen mit Trump hin, die ihn in seiner Auffassung bestätigten, es handle sich um einen Menschen, der sich nur für sich selbst interessiere und der Spekulationen über seine Arbeit als Regierungschef in alle Richtungen erlaube.

Recht gibt Lars Halter denen, die von einer Protestwahl in den USA sprechen, die vom Zwei-Parteien-System begünstigt wurde. In Deutschland, sollte man meinen, kann so etwas nicht passieren. „Hier fallen radikale Ideen durch, weil sie im Mehrparteien-System von anderen nicht mitgetragen werden“, sagte Halter und streute gleich darauf Zweifel: „Wir beobachten, wie etwa die AfD immer mehr Zuspruch findet“, sagte er. Es sei allerdings nur die halbe Wahrheit, diesen Zuspruch der Flüchtlingskrise zuzuschreiben: „Ein großer Teil der AfD-Wähler sind Menschen, die sich von den etablierten Parteien im Stich gelassen fühlen.“

Parteien fehlt der Kontakt zur Bevölkerung

Und denen gab Lars Halter teilweise recht: „Die Parteien haben in vielen Fällen den Kontakt zur Bevölkerung verloren“, sagte er und belegte das mit einigen aktuellen Beispielen. Es sei, so Halter, „auch in der Lokalpolitik höchste Zeit, ein Umfeld zu schaffen, in dem die Bürger sich sicher und wohl fühlen.“ Eine Koalition, die sich monatelang streitet, ob durch Video-Überwachung die Privatsphäre von Menschen verletzt wird, verstärke den Eindruck, dass die Politik „von denen da oben“ weltfremd sei und Ängste nicht ernst genommen werden.

Für Lars Halter steht fest: „Ein gewisses Sicherheitsgefühl und eine gewisse Grundzufriedenheit der Bürger sind das einzige, was Protestwähler verhindern kann. Sonst sind die Menschen irgendwann so verzweifelt, dass sie Hilfe suchen bei denen, die sie eben anbieten, auch wenn die dann nicht mehr für eine demokratische Grundordnung stehen.“

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