Von Dorothee Philipp Müllheim. Im zweiten Jahr des Ersten Weltkriegs wurde am 17. Oktober 1915 die Bäckerinnung Müllheim gegründet. Jetzt feierte sie ihr 100-jähriges Bestehen mit einem Festakt in der Müllheimer Martinskirche. Die musikalische Umrahmung besorgte der Chor der Bäckermeister aus Mulhouse, denn die beiden Innungen sind seit den 1970er Jahren eng befreundet dank des Engagements des Müllheimer Obermeisters Martin Magnus, der auch jetzt noch im Alter von 80 Jahren als Chormitglied jede Woche nach Mulhouse zur Probe fährt. Deutsch-französische Freundschaft Unter den volltönenden Liedbeiträgen waren auch eine französische Version von „Am Brunnen vor dem Tore“ und ein flotter elsässischer Bäckermarsch. Die Bäckerfreundschaft über die Landesgrenze hinweg zeigt sich auch in dem seit 2001 jährlich in Müllheim abgehaltenen deutsch-französischen Brotmarkt, der für die Stadt inzwischen eine touristische Attraktion geworden ist. Die Würdigung dieser einzigartigen Freundschaft auch als Beitrag zur Völkerverständigung zog sich durch alle Grußworte der zahlreichen Festredner, unter ihnen auch der CDU-Landtagsabgeordnete Patrick Rapp und Vertreter der Lieferantenszene. Obermeister Magnus Glücksfall für Innung Ein Glücksfall für die Innung ist ihr langjähriger Obermeister Martin Magnus, der das Amt schon seit 1981 innehat, davor seit 1969 stellvertretender Obermeister war und der sämtliche Obermeister seit der Gründung persönlich gekannt hat. Auch sein Vater Erich hatte dieses Amt von 1935 bis 1946 inne. In seinem Festvortrag ging Müllheims Kulturdezernent Jan Merk auf die Entwicklung des Bäckerhandwerks und seine soziale und gesellschaftliche Bedeutung ein. Dass es auch schon vor der Gründung der Innung eine starke Berufsorganisation der Bäcker in einer Zunft gab, beweist ein prächtiger Pokal aus dem Jahr 1760, aus dem bei ständischen Versammlungen der Willkommenstrunk gereicht wurde. Merk hatte das Prachtstück eigens aus seiner Vitrine im Museum geholt und zur Anschauung auf das Rednerpult gestellt. Stadt der Mühlen hatte früh Bäcker Müllheim als Stadt der Mühlen hatte nach Merk sehr früh auch Bäcker, obwohl die Technik, aus gemahlenem Korn und Wasser Brote zu backen sehr alt und in der Frühzeit meist von den Frauen am heimischen Herd praktiziert wurde. Obwohl es schon seit dem 10. Jahrhundert den Berufsstand des „Becks“ gab, hat sich nach Merk das Essen von Brot anstelle von Getreidebrei erst im späten Mittelalter auch in breiteren Bevölkerungsschichten durchgesetzt. Das Geschenk, das er mitgebracht hatte, zeigt noch eine ganz andere Facette der Ursprünge des Bäckerhandwerks: ein „Waldbrief“ aus dem Jahr 1428, der die Versorgung der Müllheimer Bäcker mit Holz aus dem Blauengebiet sicherte. 1758 soll es auch ein Kornhaus am Müllheimer Marktplatz gegeben haben, vermutlich im Anwesen des Gasthauses „Stadthaus“, das mehreren Zünften auch als Zunftstube diente. Merk überreichte das Faksimile einer Abschrift dieses Waldbriefs aus dem Jahr 1578, nachdem er die „lange und stolze Geschichte des Berufsstandes“ bis in die Gegenwart nachgezeichnet hatte. Fachkräftemangel und Discounter-Konkurrenz Landesinnungsmeister Fritz Trefzger aus Schopfheim ging auf die aktuellen Herausforderungen im Bäckerhandwerk ein. Neben dem Fachkräftemangel und der Konkurrenz der Discounter mit Fertigprodukten aus der Tiefkühltruhe sind das auch veränderte Konsumgewohnheiten, die nach einer Siebentage-Woche für frische Brötchen verlangen. Als Gratulant von der Handwerkskammer Freiburg war der stellvertretende Geschäftsführer Rainer Botsch gekommen, der das Engagement der Müllheimer Bäckerinnung und ihres Obermeisters Martin Magnus bei Brotprüfung, der Ausrichtung von prächtigen Erntedankgottesdiensten oder dem Brotmarkt lobte. „Solche Aktionen bringen das Handwerk in die Gesellschaft“, sagte Botsch. Ein Empfang mit leckeren elsässischen Spezialitäten, die die Bäckermeister aus Muhlhouse mitgebracht hatten, schloss den Festakt „standesgemäß“ ab.