Anton Hofreiter kam als „Kandidatenkandidat“ nach Müllheim. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete, der von 2011 bis 2013 Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung war, will als Spitzenkandidat in den Bundestagswahlkampf ziehen. Jetzt hatte ihn Grünen-Landtagsabgeordnete Bärbl Mielich zu einer Tour durchs Ländle eingeladen. Von Dorothee Philipp Müllheim. Im Markgräflerland besuchte er die Demeter-Gärtnerei Piluweri in Hügelheim sowie den Demeter-Hof mit Wein und Obstbau Brenneisen in Laufen. Im Müllheimer Gasthaus „Kreuz“ stellte er sich in einer „mitgliederinternen Gesprächsrunde“ auch den Fragen der Presse. Mit Hofreiter bewerben sich Katrin Göring-Eckardt, Cem Özdemir und Robert Habeck um die Spitzenkandidatur, die bei den Grünen traditionsgemäß doppelt besetzt sein wird. Vor dem Hintergrund von Hofreiters Ambitionen, möglicherweise bei der nächsten Bundesregierung mitzumischen, kamen sehr schnell bundespolitische und geopolitische Themen zur Sprache. Einig war man sich in der Runde, dass die Gesetzgebung die kleineren bäuerlichen Betriebe stärken müsse, wenn man den gegenwärtigen Zustand von Monopolstrukturen ändern will: Es sei zwar viel Steuergeld im Topf, doch ein Viertel davon gehe derzeit an die drei bis vier größten Erzeugerbetriebe in Deutschland, sagte Hofreiter. Seine Skepsis gegenüber CETA und TTIP brachte er auf die Formel: So lange nicht geklärt ist, wie Dinge der Daseinsvorsorge wie beispielsweise die Wasserversorgung vor den materiellen Interessen von Großkonzernen geschützt werden können, halte er die Verträge für falsch. Hofreiter ist einer von den Grünen, die sich für Information und Aufklärung statt Bevormundung stark machen. Dabei hat er, wie auch sein Parteikollege Özdemir, keine Berührungsängste mit der Autoindustrie. Man müsse diese „schieben und locken“, dass sie keine wichtigen Entwicklungen verschläft. Dass Tesla mit seinen Elektrofahrzeugen die Autoindustrie in existenzielle Ängste stürzen kann, habe doch niemand gedacht. „Zerstrittene Regierung wirkt fatal auf Bürger“ Wie sieht es mit einer schwarz-grünen Koalition auf Bundesebene aus" Da kommt Hofreiter in Fahrt: Das sei derzeit keine Option, weil die C-Parteien ja untereinander uneins seien. Eine zerstrittene Regierung wirke fatal auf die Wähler. Er nennt auch den Verursacher: „Seehofers Aktionen haben zum Aufstieg der AfD beigetragen“, sagt er. Chancen hätten die Grünen eher mit Rot-Rot-Grün, seine Wunschkoalition ist Rot-Grün, was aber eher unwahrscheinlich sei. Reines Machtstreben liegt Hofreiter fern: „Ich will schon gerne, dass Grün in der nächsten Legislaturperiode wieder mitregiert, aber nicht um jeden Preis“. Für ihn seien die wichtigsten anstehenden Aufgaben die Rettung unserer Lebensgrundlagen, die Verteidigung der offenen Gesellschaft und eine Stärkung der EU. Dass Deutschland vor einem Jahr so viele Flüchtlinge ins Land gelassen hat, hält er für richtig: „Die Menschen waren ja schon unterwegs, es drohte eine humanitäre Katastrophe“. Doch der Königsweg sei, den Geflüchteten in ordentlichen Camps Nahrung und Schulbildung anzubieten und sie kontingentweise auf sicheren Schiffen nach Europa zu holen. Dann würden keine Familien auseinandergerissen und die Schlepper-Mafia ausgetrocknet. Das Erstarken der AfD sieht Hofreiter differenziert: Nicht alle Wähler seien Rechtsextreme. Viele von ihnen gehörten zum „konservativen Bürgertum“, andere seien kulturell und sozial „abgehängt“, um die müsse man sich kümmern. Beim Eindämmen des Rechtsextremismus helfe vor allem Prävention bei den Jüngeren und Repression bei den Älteren. Hofreiter wünscht sich, dass sich die demokratischen Parteien deutlicher profilieren. Eine große Koalition bedeute Stillstand und trage zur weiteren Stärkung der AfD bei.