Müllheim Viel gelernt von alten Baumeistern

dop
Norbert Glockner betreut das Ortskuratorium Müllheim der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Dessen Einzugsgebiet reicht von Freiburg bis zum Bodensee. Foto: Dorothee Philipp Foto: anl

"Tag des offenen Denkmals": Interview mit dem Müllheimer Ortskurator Norbert Glockner

Um Handwerk, Technik und Industrie dreht sich in diesem Jahr der "Tag des offenen Denkmals" am Sonntag, 13. September. Die "European Heritage Days" wurden erstmals 1991 vom Europarat propagiert und in Deutschland 1993 mit dem "Tag des offenen Denkmals" aufgegriffen. Koordiniert wird diese bundesweite Veranstaltung von einer Institution, die sich seit 30 Jahren der Erhaltung und Restauration von Denkmälern verschrieben hat und mit der Materie bestens vertraut ist: der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD). Eins der rund 80 Ortskuratorien ist in Müllheim ansässig. Dorothee Philipp sprach mit dem Müllheimer Ortskurator, dem Diplom-Ingenieur und Architekten Norbert Glockner, über aktuelle Aufgaben und langfristige Projekte.

Herr Glockner, die DSD nennt sich selbst die größte Bürgerbewegung für den Denkmalschutz in Deutschland. Wo wird sie aktiv?

Der Satzungsauftrag heißt Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit. Dafür veranstaltet die DSD unter anderem Vorträge und Ausstellungen und gibt das monatlich erscheinende Magazin "Monumente" heraus. Sie fördert die Sanierung und Restaurierung denkmalgeschützter Objekte in Privatbesitz, was für deren Eigentümer sonst oft einen finanziellen Kraftakt bedeuten würde, den man im schlimmsten Fall gar nicht unternimmt. Und sie koordiniert die Veranstaltungen zum jährlichen Tag des offenen Denkmals. Das sind bundesweit in diesem Jahr rund 7500 Einzelobjekte, die im Schnitt rund vier Millionen Besucher anlocken.

Was ist für Ihr Einzugsgebiet geplant?

Am Tag des offenen Denkmals am Sonntag, 13. September, gibt es einen Vortrag mit dem Kunsthistoriker Arno Herbener in der Müllheimer Frick-Mühle, einem erstklassigen Beispiel für das Jahresthema: Wasserkraft und Mühlentechnik. Herbener wird über Leonardo da Vinci und die Wasserkraft sprechen.

Gibt es auch Exkursionen?

Wir werden am Freitag, 11. September, eine Fahrt zu zwei Industriedenkmalen anbieten, die außerhalb von Deutschland liegen: Das 1951 erbaute und heute noch betriebene Wasserkraftwerk Birsfelden und das 1960 erbaute Schleusenbauwerk von Le Corbusier am Rhein-Rhone-Kanal bei Niffer. Letzteres ist leider in einem baulich sehr schlechten Zustand, so dass inzwischen das Betreten des Turmes aus Sicherheitsgründen untersagt ist.

Und die DSD kann hier nicht helfen?

Eine direkte Förderung mit Geldmitteln ist leider nur im Bundesgebiet möglich. Aber wir vom DSD-Ortskuratorium könnten die Sanierung organisieren.

Wie soll das gehen?

Durch meine Arbeit habe ich viele Verbindungen zu französischen Bauunternehmen und Baustoffkonzernen. Vom französischen Staat habe ich die Zulassung durch den Titel "Maître d' Oevre", das öffnet viele Türen. Ich stelle mir vor, dass wir die Großunternehmen überzeugen können, das Projekt mit Material und Manpower zu unterstützen. Die Sanierung selbst könnten wir vom Ortskuratorium organisieren. Wir haben eine große Zahl von Fachleuten in unseren Reihen, Architekten, Restauratoren, Kunsthistoriker, Stadtplaner, sogar einen ehemaligen UNO-Mitarbeiter. Die Schleuse bei Niffer ist ein einzigartiges Bauwerk und das einzige von le Corbusier, das im Elsass steht. Das wäre eine sehr lohnende Aufgabe für die nächsten Jahre.

Welche Pläne haben Sie noch?

Wir werden 2016 eine Vortragsreihe starten zum Thema energetische Sanierung von denkmalgeschützten Gebäuden.

Was ja durchaus knifflig und kostspielig sein kann...

In der Tat können die modernen Dämmtechniken bei alten Gemäuern nicht immer Positives ausrichten, vielfach schädigt man sogar dadurch das ganze Gebäude, etwa wenn Kondenswasser in die alten Mauerteile oder Balkenköpfe eindringt und nicht mehr ausdiffundieren kann. Doch es gibt inzwischen unglaublich effiziente Möglichkeiten, auch ein altes Haus warm und trocken zu halten. Und man kann von den alten Baumeistern eine Menge lernen.

Sie haben als Architekt eine ganze Anzahl von historischen Anwesen saniert und  durch neue Anbauten erweitert. Derzeit entwickeln Sie unter anderem ein Sanierungskonzept für ein großes Gebäudeensemble aus der Barockzeit mitten in Herbolzheim. Haben Ihnen die alten Baumeister noch etwas zu sagen?

Das ist ja einer der Hauptgründe, warum ich mich ehrenamtlich bei der DSD engagiere. Man trifft sozusagen über die Jahrhunderte hinweg Kollegen mit unglaublichen Fähigkeiten und Kenntnissen. Schon der Erhaltungszustand einer alten Fassade zeigt zum Beispiel, wie gut man damals gebaut hat.

Sie haben Ihr Müllheimer Büro im Obergeschoss der historischen "Villa Weber" neben der Mediathek. Wohnen Sie selbst auch in einem alten Haus?

Ich habe das Glück (lächelt). Die Basler Villa Wettstein, ein Jugendstilgebäude in der Wettsteinallee, konnte ich kaufen und sanieren. Dort befinden sich mein zweites Büro und drei Wohnungen, von denen ich mit meiner Familie eine bewohne. Das ist ein wichtiger Teil meiner Arbeit: Alt und Neu in einem stimmigen Rahmen zusammenzubringen.  

KURZINFO

Tag des offenen Denkmals 2015:

  • Freitag, 11. September, Exkursion zum Wasserkraftwerk Birsfelden und zur Schleuse bei Niffer; Abfahrt mit dem Bus um 13 Uhr am Müllheimer Bürgerhaus, Rückkehr gegen 19 Uhr; Kartenvorverkauf im Markgräfler Museum Müllheim
  • Sonntag, 13. September, 17 Uhr, Vortrag mit Arno Herbener in der Müllheimer Frick-Mühle: „Leonardo da Vinci und die Wasserkraft“
  • Weitere Infos bei DSD-Ortskurator Norbert Glockner, Tel. 07631/179 95 50 oder  E-Mail: architekt@glockner.org

Umfrage

Bettina Stark-Watzinger

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger hat sich für Zivilschutzübungen an Schulen ausgesprochen. Damit sollen Schüler besser auf den Kriegsfall, Pandemien und Naturkatastrophen vorbereitet werden. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading