Mit einer Pistole des Typs Ceska CZ 83, Kaliber 7,65 mm Browning, wurden neun der zehn Menschen erschossen, die der NSU ermordet haben soll. Auch Abdurrahim Özüdogru, dem in seiner Änderungsschneiderei in der Nürnberger Südstadt am 13. Juni 2001 zwei Kugeln aus einer Ceska 83 in den Kopf gefeuert wurden. Bis heute ist mysteriös, wie die Waffe überhaupt in die Hände der Betreiber des rechten Szeneladens "Madley" in Jena gekommen ist. Carsten S. soll dort auf Anweisung von Ralf Wohlleben die Pistole gekauft haben, von denen etliche auch an Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR geliefert wurden.
Carsten S. Erinnerung ist eigentlich gut. Plastisch. Wer mit ihm 1997 im Bus nach München gefahren ist, um gegen die Wehrmachtsausstellung zu demonstrieren - S. zählt Namen von Kameraden und Mitschülern auf. Wenn es aber um die konkrete Übergabe der Waffe geht, wenn es ganz konkret um seine Kontakte zu den drei mutmaßlichen NSU-Terroristen geht, um die Aufträge geht, die er für die "Drei" erledigt hat, will S. nur "Bilder im Kopf" haben, "innere Erinnerungen" oder eben auch ein "Café". Viele Dialoge mit dem Neonazi Timo Brandt oder auch Ralf Wohlleben rezitiert er hingegen geradezu.
Die Fragen von Wohllebens Verteidiger beantwortet er nicht - obwohl er diesen mit seinen bisherigen Aussagen massiv belastet hatte. S., der ab 2001 aus der rechten Szene ausgestiegen sein will, stellt Bedingungen. Sein Anwalt Jacob Hösl teilt dem Staatsschutzsenat mit, sein Mandant habe entschieden, dass er Fragen von Wohllebens Verteidigern erst beantworte, wenn auch dieser umfassend ausgesagt habe. "Wir hätten auch eine Menge Fragen", sagt Wohllebens Verteidiger Olaf Klemke. "Ich mach' mich hier nicht nackig und er schweigt", kontert S., von dessen umfangreicher Aussage sich die Bundesanwälte vor allem erhofft starke Indizien erhofften, die zu einer Verurteilung der Hauptangeklagten Beate Zschäpe führen.
Bei den vier Anklägern der Bundesanwaltschaft bleibt ein ungutes Gefühl nach der Aussage ihres vermeintlichen Kronzeugen zurück. Zschäpe hat er entlastet, Wohlleben sehr stark belastet. Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof Jochen Weingarten resümiert offen, was Richter Götzel lediglich andeutete: dass "deutliche Zweifel daran bestünden, ob S. tatsächlich alles Wissen offenbart hat". In Carsten S. Kopf ist viel drin: Aufregung, Sätze und sogar ein ganzes Café.