In unserer Sommerserie stellen Kulturschaffende aus der Region Bücher vor, die ihnen am Herzen liegen. Im dritten Teil empfiehlt Sabine Dietrich, Leiterin der Lörracher Stadtbibliothek, „Der Sommer, in dem F. Scott Fitzgerald beinahe einen Kellner zersägte“ von Emily Walton.

Regio. Was passiert, wenn F. Scott Fitzgerald, Ernest Hemingway, Dorothy Parker und Pablo Picasso ihren Sommerurlaub in einem südfranzösischen Fischerdorf verbringen? Der Champagner fließt in Strömen, Eifersucht und Neid brodeln und die wilden Partys enden immer öfter im Exzess. Ausgerechnet Fitzgerald, dem Chronisten der Goldenen Zwanziger, wird dieser Sommer zum Verhängnis.

Sommer an der Cote d’Azur: Der berühmte amerikanische Schriftsteller F. Scott Fitzgerald reist am Höhepunkt seiner Karriere im März 1926 nach Juan-les-Pins, um dort seinen neuen Roman zu schreiben. Unweit seiner Sommerresidenz haben seine Freunde, Sara und Gerald Murphy, eine kleine künstlerische Festung auf dem Cap d‘Antibes geschaffen: die Villa America.

Auf ihrem riesigen Anwesen trinken sie Cocktails mit ihren Künstlerfreunden, darunter Pablo Picasso, Dorothy Parker und Fernand Léger, veranstalten Kostümpartys, tanzen Charleston, halten Kühe und züchten Mais. Sie werden später in die Geschichte eingehen als die Erfinder der Sommersaison an der Küste.

1926 ist der letzte friedliche Sommer hier – bevor diese Gegend wirklich touristisch wird. Die Murphys sind in dieser Lebensphase Fitzgeralds engste Freunde – einige Jahre älter und fast so etwas wie „Ersatzeltern“ – und von ihm begeistert. Doch in diesem Jahr soll Scott nicht ihre ungeteilte Aufmerksamkeit bekommen: Die Murphys haben Ernest Hemingway kennengelernt und sind von ihm und vor allem von seiner Literatur beeindruckt.

Für den aufmerksamkeitshungrigen Scott ist das ein Problem, das er durch besonders extravagantes Verhalten zu lösen versucht. Am Ende des Sommers hat F. Scott Fitzgerald kein Geld und kein Manuskript - dafür eine Menge Probleme. Es kriselt in seiner Ehe, die Gesundheit seiner Frau hat sich verschlechtert und seine Freunde haben sich von ihm distanziert.

Die Journalistin und Autorin Emily Walton, 1984 in Oxford geboren, recherchierte für dieses Buch in Princeton, New York, Paris und Antibes.

Leicht und perlend, oft jedoch auch mit bedrückenden Worten

Leicht und perlend, oft jedoch auch mit bedrückenden Worten, beschreibt Emily Walton diesen einen Sommer der goldenen Zwanziger an der Cote d’Azur und lässt den Leser in das Leben von F. Scott Fitzgerald und dessen Beziehungsgeflecht zu Künstlern wie Ernest Hemingway, Pablo Picasso, Dorothy Parker und vielen anderen eintauchen. Einfühlsam und zugleich mit der notwendigen Distanz skizziert sie das Bild eines großen Schriftstellers und Mannes, der - von innerer Leere getrieben- sein privates und berufliches Glück zu zerstören droht.

Ein Buch, das die passende Balance zwischen Leichtigkeit und Schwere zu halten versteht – für alle, die sich für Südfrankreich und das Leben der Bohème in den wilden Zwanzigern interessieren und gerne mal einen Blick hinter die Fassade werfen.

„Der Sommer, in dem F. Scott Fitzgerald beinahe einen Kellner zersägte“ von Emily Walton, Braumüller Verlag, 2016

Emily Walton:
Geboren 1984 in Oxford, schloss in Wien ihre Studien in Journalismus und Germanistik ab. Sie arbeitete als Journalistin und Autorin („Mein Leben ist ein Senfglas“, 2012) für eine Vielzahl deutschsprachiger Medien, überwiegend in den Bereichen Kultur, Wissenschaft und Reise. Zuletzt hat sie eine Reihe an Reiseführern veröffentlicht, darunter „Straßburg abseits der Pfade“ (2015).