Regio-Kultur Schranken - im Kopf und vor der Nase

mek
Die Deutschen lieben Alfons – sein Auftritt in Lörrach ist bereits ausverkauft. Foto: zVg/Werner Foto: mek

Interview: Alfons über Chanel, das Landleben in Frankreich, Pegida und Wartezeiten an Schranken

Lörrach. Puschel-Mikro, Trainingsjacke, schlafmütziger Blick und  weicher    Akzent:  So hat sich Alfons zu Deutschlands wohl beliebtestem Franzosen entwickelt. Mit seinem fünften Bühnenprogramm „Das Geheimnis meiner Schönheit“ gastiert er am Freitag, 9. Dezember, 20 Uhr, im Lörracher Burghof. Im Vorfeld unterhielt sich Gabriele Hauger mit dem Kabarettisten – ein Gespräch zwischen Amüsement und Nachdenklichkeit.

Guten Tag Herr Alfons, äh Herr  Peterfalvi. Wie soll ich Sie denn nun ansprechen?
 Wow! Elf Uhr Null, Null –  und das Telefon klingelt. Ihr Anruf ist der  beste Beweis, dass das Klischee von der deutschen Pünktlichkeit stimmt. Jetzt aber zu Ihrer Frage: Sagen Sie ruhig Alfons, aber bitte ohne das „Herr“.

Alfons, Sie geben viel Persönliches in Ihren Programmen preis. Haben wir es nun im aktuellen 5. Programm mit dem schönen Titel „Das Geheimnis meiner Schönheit“ tatsächlich mit Schönheitstipps zu tun?
Eigentlich wollte ich  mein Programm einfach nur „Nummer 5“ nennen. Ich hasse es nämlich, mir  neue Titel zu überlegen.  Da war ich froh, kurz und schmerzlos einen Namen gefunden zu haben.  Ich hatte also schon Plakate mit „Nummer 5“ und  meinem Foto drauf  drucken lassen, da bekam ich einen Anruf von Chanel Deutschland. Eine sehr nette Dame erklärte mir, dass das ein geschützter Parfümname sei. Sie hat mir allerdings tröstend versichert: „Wir lieben dich, wir wollen dich nicht verklagen. Aber Chanel Frankreich wird das  nicht akzeptieren.“ Die Chanel-Dame verglich zudem das Chanel-Model mit mir und ergänzte  freundlicherweise: „Du bist auch schön. Aber bei dir sieht man es nicht. Da liegt die Schönheit eher im Geheimen.“ Wunderbar, oder? Schon hatte ich meinen neuen Programmtitel „Das Geheimnis meiner Schönheit“!

Zwischen belustigend und ergreifend haben Sie schon früher von Ihrer Kindheit in Paris erzählt. Nun geht es darum, dass Sie als Neunjähriger zwei Monate aufs Land in die Provence geschickt wurden. Gab es diese Episode in Ihrem Leben tatsächlich?
Klar! Und es war zunächst schrecklich!  Wir haben in Frankreich  Dörfer, da gibt es nichts! Das gibt es in Deutschland auch. Aber in Frankreich ist auch im nächsten Dorf nichts. In der ganzen Region – nichts! Drumherum –  nichts!  

Aber es gibt offensichtlich  Bauern, die sich zum Philosophen entwickeln!
Ja, wie immer: Wo man es am wenigsten vermutet, findet man  die beeindruckendsten Menschen.  Wenn man genau hinschaut, erkennt man, dass eigentlich jeder Mensch interessant ist. So ging es mir als Junge in der Provinz mit dem Bauern Augustin – und davon erzähle ich.

Erzählen Sie uns davon!
Diesen Typ habe ich am Anfang gehasst. Er hat mich geärgert. Hat extra vor meinen Augen Schweineohren gegessen, weil er gemerkt hat, dass ich das  abscheulich fand.  Er hat sich einen Spaß daraus gemacht. Ich dachte, ich halte das hier auf dem Land nicht aus. Am Schluss der Ferien wollte ich gar nicht mehr weg. Vor allem wegen Augustin. Weil  wir so wunderbare Gespräche geführt haben – und ich von ihm gelernt habe: „Werde, der du bist, und du bist schön!“

Sie werden in Lörrach auch einige Ihrer  berühmten Filme zeigen. Darin  gehen  Sie völlig ungehemmt auf die Menschen zu: in Deutschland, in der Provinz.  Woher haben Sie diese Gabe?  
Ich interessiere mich  für die Menschen, und die spüren das. Viele reden sehr gerne  mit mir und öffnen sich auch. Sie merken, dass ich nicht  auf der Jagd nach einer lustigen Aussage bin, sondern, dass  ich wirklich wissen will: Wer ist dieser Mensch? Sicherlich hilft auch die sympathisch-naive Figur des Alfons dabei.

Ich würde Sie als Menschenfreund einschätzen. Könnten Sie angesichts mancher radikaler Antworten nicht zum Misanthropen werden?
Das kann einem manchmal schon Angst machen. Ich glaube, dass der Mensch generell  zu unglaublichen Dingen fähig ist: sowohl im Positiven, als auch im Negativen. Mit der weltweit vernetzten Kommunikation haben wir wunderbare Möglichkeiten gewonnen. Aber: Was machen wir damit? Was für Auswüchse gibt es da!

Also doch ein bisschen Misanthrop?
Nun, die Antworten, die ich bei meinen Umfragen bekomme sind ein Spiegel dafür, was der Mensch ist und was er sein kann. Das macht große Hoffnung – und große Angst. Deshalb gehe ich auf die Bühne. Um das zu vermitteln.     Ich trete auf, weil ich Geschichten erzählen möchte, die vielleicht auch nachdenklich machen.
Wir haben alle schwarzen Seiten in uns. Wenn man sagt, alle die AFD wählen, sind doof, lösen wir damit  nichts. Ich  habe leider auch keine Lösung, wie man die guten Seiten stärker macht als die schlechten. Aber ich will versuchen, dass man sich darüber zumindest Gedanken macht. Mein Motto: Erst mal offenlegen, dann kann man versuchen zu heilen.   

Pegida und Le Pen: Sind Frankreich und Deutschland auf dem gleichen Weg?
Ich glaube und hoffe, dass die Deutschen deutlich vernünftiger sind als die Franzosen. Möglicherweise liegt das an ihrer Geschichte. Ich lebe in Deutschland, und ich liebe Deutschland, deshalb lebe ich hier, eine Entscheidung, die ich bewusst getroffen habe und jeden Tag aufs Neue treffe. Ich könnte jederzeit zurück in meine Heimat. Schließlich   habe ich   dort weder Schulden, noch laufende  Vaterschaftsklagen oder ähnliches...

Hat sich hierzulande  der Ton verschärft?
Ich finde, dass die deutsche Gesellschaft sehr reif ist. Auch wenn sich das mit  der Flüchtlingsproblematik  etwas relativiert hat.  Es hat mich allerdings überrascht, wie sich die Meinungen zum Teil schnell radikalisiert haben. Zum Beispiel nach den Ereignissen von Köln. Eine gesunde Debatte darüber, dass Frauen nicht angegrapscht werden dürfen, ist wichtig. Allerdings gab es  diese Diskussion  vorher nicht, obwohl Frauen beispielsweise regelmäßig beim Oktoberfest  und beim Karneval belästigt werden. Ich glaube, die Gefahr ist, dass rassistische Parolen zunehmend   akzeptiert werden.  Rassismus ist aber keine Meinung, sondern ein Delikt! Sicherlich  hat  das Internet und die Scheinanonymität dazu beigetragen, dass Menschen sich erlauben, Dinge zu  äußern, die sie sich vorher nicht getraut hätten. Ich weiß nicht, wohin das noch führt...Trotzdem denke ich, dass die Deutschen das besser im Griff haben als die Franzosen.  
 
Einer Ihrer Filme zeigt eine  Seniorenschulung  am Fahrkartenautomaten.  
So was gibt es nur in Deutschland! Eine Oma hat mich auf dieses kostenlose Angebot  der Deutschen Bahn für Rentner aufmerksam gemacht. Da musste ich natürlich unbedingt hin. Und ich habe es nicht bereut!

Fahrkartenautomaten haben wir in Lörrach ja auch viele. Und  ein Bahn-Problem: Diese  durchschneidet   die Stadt,  es gibt ewig lange Wartezeiten an den Schranken. Haben Sie einen Tipp, wie man die Wartezeit am besten nutzen sollte?
Ich habe das tatsächlich bei meinem  letzten  Auftritt in Lörrach selbst erlebt und gedacht: Jede Kröte bekommt in Deutschland einen Tunnel! Warum nicht die Lörracher? In Frankreich gäbe es das nicht! Wir hätten schon längst die Schranken abgesägt.   Beliebt in Deutschland ist es ja, sich anzuketten. Das wäre doch auch eine Idee. Man muss nur schwindelfrei sein, wenn sich die Schranken heben.   Ein weiteres Problem ist natürlich auch die Vergiftungsgefahr der Wartenden an den Schranken. Wenn es  ein VW ist, gibt es ja sogar eine Vergiftungsgarantie!  Da Ihr Deutschen aber nicht bereit seid, zu protestieren, müsst Ihr das halt hinnehmen.  Mein Vorschlag für die Wartezeit: Nützt die Zeit!  Vielleicht für die Steuererklärung? Oder Sudoku? Ein Mann und eine Frau wartend im Auto? Da kämen wir in Frankreich natürlich auf eine ganz andere Idee... 

Alfons: 9. Dezember, Burghof Lörrach: ausverkauft

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