Rheinfelden „Frühlingsausritt in des Teufels Hintern“

Die Oberbadische

Kabarett: Satiriker Andreas Thiel tischt beim Auftritt in Rheinfelden eine subtile Art von Humor auf

Rheinfelden. Hoppla, was war das denn? Kaum muss die Kabarettreihe in Rheinfelden wegen des aktuellen Umbaus des Bürgersaals auf den Campus umziehen, wechselt auch das Genre: von Kabarett zu Satire.

Humor ist ja bekanntlich, wenn man trotzdem lacht. Bei jenem Protagonisten des Abends, dem perfekt Hochdeutsch sprechenden Berner Andreas Thiel, müsste es aber heißen: Humor ist, wenn man richtig lacht. Das Gegenteil von Humor ist für den 45-Jährigen nicht Ernsthaftigkeit, sondern Empörung. Und als Satiriker, jene vom Aussterben bedrohte Art, für die Thiel sich ebenfalls hält, gelte es zu überlegen, was man sagt.

Nicht von ungefähr hat der Berner in den vergangenen zwei Jahren viel Kritik einstecken müssen über seine Äußerungen zum Islam, zum Koran und zum Propheten Mohamed. Er dachte sogar über ein Ende seiner Bühnenkarriere nach. Beim Auftritt in Rheinfelden gibt er sich etwas zahmer, lässt Einiges aus, denn auch er als Satiriker weiß nur zu gut: „Als Satiriker bewegst du dich weit oberhalb der Gürtellinie, da wird die Luft dünn. Bewegst du dich unterhalb, gibt’s oft dicke Luft.“ Geradezu mit Wollust schießt er mit scharfen Pointen, frei nach dem Motto: „Schießt ein Terrorist und trifft, kannst du nicht mehr lachen, trifft ein Satiriker, hast du nichts zu lachen.“

Da stand er also, mit seinem perfekt hochfrisierten Irokesen-Kamm, einem Glas Champagner in der Hand und einem süffisanten Lächeln im Gesicht: Thiel war bei seinem Auftritt im Campus eigentlich nichts anzumerken von den schwierigen Zeiten, die er durchmacht. Er erklärt in seinem Bühnenprogramm „Der Humor“, was überhaupt noch lustig ist. Humorlosigkeit ist für Thiel die Schwester der Intoleranz und die Tante des Rassismus.

Fürwahr, kaum ein Schweizer Satiriker polarisiert wie er – von den einen bejubelt, von den anderen gehasst.

Humorlosigkeit ist die Schwester der Intoleranz

In seinem neusten Kabarettprogramm forscht er nach Wurzel und Wirkung von dem, was uns zum Lachen bringt. Denn in Zeiten, in welchen Komiker unter Polizeischutz das Publikum zum Lachen bringen, wird es für ihn lustig. Tatsächlich stellt sich aber die Frage, wie lustig Andreas Thiel ist. Wenn er mit seinem ausgeprägten Bühnendeutsch über Einsteins Relativitätstheorie, über Politiker als Minderheit, die glaubt, die Mehrheit zu vertreten, die Äquivalenz von Energie und Wasser oder von Bäumen als Ansammlung von Licht referiert, so ist das zumindest eigenwillig. Aber lustig?

Thiel platziert Pointen wie: „In einem Wald steht nur Licht rum. Aber es bewegt sich nicht, deshalb ist es dunkel“, das Publikum lacht artig. Doch Begeisterung? Na ja, dafür sind seine Themen zu wenig volksnah, seine Seitenhiebe zu subtil, seine Sätze zu zäh und sprunghaft.

Überhaupt: Von polemisch über bizarr bis hin zu grotesk: In diesem Spektrum bewegt sich, was Thiel in seinem Bühnenprogramm auftischt. „Ein Frühlingausritt in des Teufels Hintern“, nennt er es selbst verniedlichend. Bisweilen ist’s aber schwere Kost, getränkt von Sarkasmus, Sadismus, Zynismus und weit hergeholter Satire, die es da zu verdauen gilt. Als „freien Denker und eleganten Sprachvirtuosen“ rühmten ihn die Juroren vor zwei Jahren, der „die Toleranzgrenzen seines Publikums ganz bewusst und mit gezielt scharfen inhaltlichen Provokationen auslotet“.

Keine Frage: Wer bei Thiel unbeschwert drauflos lachen wollte, war fehl am Platz. Der Abend war vielmehr eine Art Gratwanderung mit der immer wieder gestellten Frage: Soll, darf man lachen, oder ist kräftiges Schlucken oder betroffenes Schweigen angebracht? Und so mancher Lacher blieb auch im Halse stecken.

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