Rheinfelden Kultivierter Jazzabend

Die Oberbadische
Bach meets Jazz: Inspiriert von Jazzpiano-Legenden spielte der Vibraphonist Andrei Pushkarev seine „Bach Vibrations“ in Rheinfelden/Schweiz. Foto: Jürgen Scharf Foto: Die Oberbadische

„Klassik-Sterne“: Andrei Pushkarev im Musiksaal der Kurbrunnenanlage

Von Jürgen Scharf

Rheinfelden/Schweiz. Das Projekt „Bach Vibrations“ hat Andrei Pushkarev, einer der großen Jazzvibraphonisten in der Nachfolge von Lionel Hampton bis Gary Burton, zum ersten Mal 2004 beim Festival „Les Muséiques“ in Basel vorgestellt und bald danach auf CD herausgebracht. Mit den Jazz-Improvisationen auf dem Vibraphon zu 15 zweistimmigen Bach-Inventionen folgte Pushkarev einer Anregung Gidon Kremers, in dessen Kammerorchester „Kremerata Baltica“ er Perkussionist ist.

Die Bach-Variationen sind inspiriert von Jazzlegenden, berühmten Pianostars, die stilbildend im Jazz waren, wie Bill Evans oder Erroll Garner. Fast jede der Inventionen ist einem anderen großen Jazzpianisten gewidmet. Der Jazzpiano-Pionier Evans, der swingende Tastenstar Oscar Peterson und der melodiebetonte Chick Corea sind gleich doppelt vertreten. Pushkarev versteht es effektvoll, etwa im klassischen Stil von Corea oder im perkussiven eines Herbie Hancock zu rhythmisieren.

Immer neue rhythmische Kontrapunkte

So ging es am Sonntag in der Reihe der „Klassik-Sterne“ im Musiksaal der Kurbrunnenanlage bei diesem kultivierten Jazzabend mit luftigem Vibraphonspiel und angenehmer musikalischer Grenzüberschreitung „im Stil von...“ durch die Jazzpiano-Geschichte anhand von J.S. Bachs „Erfindungen“. Diese werden jeweils in einem anderen Improvisationsstil wiederbelebt und die melodischen Linien in immer neuen rhythmischen Kontrapunkten beleuchtet. Wobei die persönlichen Eigenschaften der verschiedenen Jazzpianisten bei dem phänomenalen Spiel mit Stilformen mit einfließen.

Etwa in der fünften, von Scott Joplin inspirierten Invention, wo der „Entertainer“-Ragtime durchklingt, während in der 14. unverhohlen Tasten-Guru Dave Brubeck mit seinem legendären „Take Five“ spricht. Referenzen an den phänomenalen Latin-Jazzpianisten Michel Camilo (Nr.10) und an „Play Bach“-Koryphäe Jacques Loussier (Nr. 14), der mit seinen Bach-Interpretationen Jazzgeschichte geschrieben hat, eröffnen weitere neue Perspektiven. In der 15. Invention schließlich, in der sich Pushkarev noch immer ganz leichthändig zwischen Swing, Bop und Klassik bewegt, gibt es den typischen George Shearing-Sound.

Das Spiel des ukrainische Vibraphonisten mit swingenden Eingebungen, seine melodische Erfindungsgabe und sein ausgeprägtes Formbewusstsein sind ebenso faszinierend wie der spielerische Umgang mit den Vorlagen und den Stilen. Pushkarevs fantastische Technik und eine starke Unabhängigkeit der Hände beim Spiel mit den vier Schlägeln, mit denen er virtuos aus einem sehr großen rhythmischen Pool schöpft, lässt die Kühle des Instruments ganz vergessen.

Mit seinen feinsinnigen bis groovenden Improvisationen unterhält der versierte Vibraphonist das Publikum einen Abend lang allein und sorgt für ganz entspanntes Zuhören. Zwar hört man weniger den Bach-Aspekt als den Jazz-Aspekt - aber diese Huldigung an die Jazzinterpreten, die sich auch mit klassischer Musik beschäftigt haben, ist doch eine schöne und legitime Möglichkeit und eine zeitgemäße Art, mit dem großen Jazz-Inspirator umzugehen. Zumal Andrei Pushkarev Bach frisch und neu interpretiert und wortwörtlich zum „Vibrieren“ bringt.

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