Rheinfelden Mit dynamischer Bandbreite

Die Oberbadische
Jung, aber schon renommiert: Das Casal Quartett gastierte in Schloss Beuggen. Foto: Jürgen Scharf Foto: Die Oberbadische

Deutsch-schweizerisches Casal Quartett bei den Beuggener Schlosskonzerten

Von Jürgen Scharf

Beuggen. Es hätte wirklich sehr gut in die Zeit des Bagnato-Saals von Schloss Beuggen gepasst, das Datum 1768, die Drucklegung der sieben Streichquartette des „Mannheimers“ Franz Xaver Richter. Und es wäre die historisch perfekt passende Zugabe beim jüngsten Schlosskonzert gewesen. Doch das Casal Quartett hatte die Noten nicht dabei, wie Bratscher Markus Fleck dem Publikum verriet.

Es hätte auch zum ersten Werk des Programms, dem Haydn-Streichquartett, gepasst, denn seit die Casals ihre CD mit dem Titel „Genesis“ und den Richter-Quartetten herausgebracht haben, weiß man nicht mehr so recht: Wer war zuerst da? Bislang gilt ja Haydn als der Gattungserfinder des Streichquartetts (zusammen mit Boccherini). Aber wer hat eigentlich das Patent auf die Streichquartette?

Dieser spannenden Frage geht das deutsch-schweizerische Casal Quartett nach, wenn es die Ursprünge dieser Gattung zurückverfolgt. Beim jüngsten Beuggener Schlosskonzert war das am Rhein zwischen Waldshut und Schaffhausen beheimatete Ensemble jetzt aufgrund Babypause der Primgeigerin in der aktuellen Besetzung mit Felix Froschhammer an der ersten Violine zu hören. Rachel Späth (zweite Geige), Markus Fleck (Bratsche) und Andreas Fleck (Cello) bilden weiterhin den Kern.

Ein Wechsel in Quartetten ist meist kritisch. Hier nicht. Froschhammer platziert sich mit seiner dunklen, vollblütig klingenden Violine und seinem Temperament bestens dazwischen, und das Zusammenspiel wirkt harmonisch und frisch wie in der früheren Stammbesetzung.

Das hörte man schon zu Beginn, denn die neue Formation ist auf die Haydnsche Kunst sehr gut eingestellt. Gleich fällt die enorme dynamische Bandbreite auf; ein positiver Eindruck, der sich bis zum Schluss fortsetzt.

Dank Flecks prägnanter Einführung in Haydns Streichquartett G-Dur op.33,5 ließ sich der nette Beiname des Werks „How do you do?“ (Wie geht’s dir) beim Erscheinen des Motivs sofort erkennen. Überhaupt: Jede Phrase haben die vier Spieler detailliert durchgearbeitet. Ihr Haydn klingt bis ins witzige Variationenfinale inspiriert, temperamentvoll, kontrastreich. Und natürlich Haydngemäß humorvoll und überraschend. Vielleicht auch dank der geradezu raffinierten Einfühlung der Casal-Leute in diese klanglichen Verführungen.

Haydns Originalität war also beim Casal Quartett in besten Händen. Fleck & Co wissen, wie man mit diesem Ausdrucksmusiker umzugehen hat. Und da das Stück nur knappe 20 Minuten dauert, hätte nichts gegen ein weiteres Haydn-Quartett im ersten Teil gesprochen.

Doch passend zu dem Einstieg mit diesem Werk aus der Reihe der „Russischen Quartette“ war nach der langen Pause der Abstecher zum Russen Tschaikowsky. Müßig zu sagen, dass die jungen engagierten Musiker auch bei dessen erstem Streichquartett einen vehementen, leidenschaftlichen, nervigen Zugriff an den Tag legen: Große Intensität und Expressivität an allen vier Pulten.

Man musste nur die Accelerandi im ersten Satz hören, den feurigen Temperamentsausbruch des Primarius im Scherzo oder das mit großer Emphase gespielte Finale, um zu wissen, dass sich die Casals auf profilierte Themeneinsätze verstehen.

Im kantablen Andante – bis heute wegen seiner Melodik einer der populärsten Sätze von Tschaikowsky – war es ein superbes Klangereignis, wie die Violine von Froschhammer zu Pizzicatibässen klingt. Nach diesem wundervollen Tschaikowsky gab es eine Zugabe, wenn auch nicht F. X. Richter, sondern eine schöne Sarabande des russischen Komponisten Felix Blumenfeld.

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