Rheinfelden Wenn Mediziner zu Schriftstellern werden

Die Oberbadische

Florian Steger zu Gast bei der Reihe „Leben & Schreiben“ des Literaturhauses Basel

Von Jürgen Scharf

Rheinfelden. Was verbindet den Dramatiker und Sozialrevolutionär Georg Büchner mit dem Expressionisten Alfred Döblin, was den Wiener Modernen Arthur Schnitzler mit dem sachlich-kühlen Lyriker Gottfried Benn? Es sind alle schreibende Ärzte. Die Liste ließe sich fortsetzen bis zu zeitgenössischen Autoren wie Uwe Tellkamp („Der Turm“), einem der bekanntesten und meistgelesenen Gegenwartsliteraten.

Viele dieser Mediziner, die ein literarisches Leben geführt haben, hielt das ärztliche Tun nicht vom literarischen Schreiben ab. Zwar gibt es immer wieder Zusammenhänge zwischen Medizin und den Künsten, aber insbesondere die Literatur hat es manchen Ärzten angetan; das hat eine lange Tradition.

In einer Kooperationsveranstaltung des Literaturhauses Basel und der Klinik Schützen kam es in der Reihe „Leben und Schreiben“ im Hotel Eden in Rheinfelden/Schweiz zu einer Begegnung zwischen Literatur und Medizin. Viel geforscht über Ärzte-Literaten hat Florian Steger, Professor am Institut für Geschichte und Ethik der Medizin der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. 700 schreibende Ärzte hat er porträtiert, und dabei nach Frauen gefahndet, denn es sind wenige darunter.

Steger arbeitet an einer großen Enzyklopädie über berühmte Ärzte-Schriftsteller, deren Werke heute zum Repertoire der Weltliteratur gehören. Und so begann sein Referat mit Friedrich Schiller und Justinus Kerner, letzterer ein klassischer Ärzte-Literat und Erfinder der Klecksografie (Vorläufer des Rorschachtests).

Arthur Schnitzlers Werk ist durchtränkt von einer „verstehenden Medizin“ und bei Alfred Döblin („Berlin Alexanderplatz“) macht sich der medizinische Hintergrund im Werk bemerkbar. Der Pathologe Gottfried Benn, Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten und Militärarzt, beginnt literarisch mit einer medizinisch motivierten Lyrik nihilistischer Prägung: „Morgue“ führt in den Seziersaal und ins Leichenschauhaus.

Schwerpunktmäßig wollte Steger aber über Max Mohr sprechen, einen jüdischen Romancier und Dramatiker der Weimarer Zeit (1891-1937), zu Lebzeiten bekannter als Horvath, heute vergessen. Über 600 Briefe Mohrs hat Steger ediert und den über 700 Seiten dicken Band herausgeben.

Aus dieser Korrespondenz lernt man die Persönlichkeitsfacetten eines Freigeistes kennen, der – anders als Döblin, der eher die Schriftstellerei aufgegeben hätte – das Ärztetum als reinen Brotberuf ansah und lieber schriftstellerte. Aus dem Briefwechsel geht hervor, dass das Arztsein (Gesundheit und Krankheit) nicht so sehr sein Thema war. Mit Max Mohr ist der beredte Mediziner Florian Steger, der über Ärzte geforscht hat, auf einen guten Literaten gestoßen.

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