Von Jürgen Scharf
Junge Perkussionisten um Olaf Tzschoppe begiestern mit vielfältigen Klangwerkzeugen in der Rheinfelder Christuskirche
Von Jürgen Scharf
Rheinfelden. Eine riesige Schlagwerkbatterie an Becken, Trommel, Tomtom, Tamtam, Marimbafon, bis zu Klangschalen und Glockenspiel: Die Musik für Schlagzeug erzeugt beim Konzert „Red & blue“ des Bremer Schlagzeugensembles mit Kompositionen aus Isfahan, Seoul und Freiburg verschiedene Klangwelten und Schlagzeugfarben – von meditativ bis eruptiv, von sphärischen Klängen bis Trommelstafetten.
Die Kompositionen, die einen Tag zuvor uraufgeführt wurden, stehen für die Emanzipation des Schlagzeugs und seine Bedeutung heute. In Anwesenheit von vier Komponisten wurde die gestisch spannende Aufführung in der Rheinfelder Christuskirche zu einer demonstrativen Vorführung von Schlageffekten. Die hervorragenden jungen Perkussionisten der Schlagzeugklasse von Olaf Tzschoppe (Hochschule der Künste Bremen) nehmen immer neue Positionen ein, um bestimmte Raumklang-Wirkungen zu erzielen; auch der Dirigent zieht dauernd mit um.
Zum Einsatz kommen Klangwerkzeuge wie Schlägel und Bogen; verschiedene Anschlagsarten, Tremoli von weich bis immer härter, Paukenwirbel, Beckenschläge und peitschend knallende Attacken decken den großen Dynamikbereich ab. Nicht nur Streicher, auch Schlagzeuger nehmen Bögen zur Hand, streichen damit über zischende und „singende“ Becken wie in „Red and blue“ (1999) für sechs Schlagzeuger von Johannes Schöllhorn, wo die sich ändernden Schwingungen spezielle Vibrationen mit raffinierten Klangwirkungen hervorbringen.
Roland Breitenfeld – er hat die Gesamtleitung inne – verteilt in seinem literarisch inspirierten Stück „Aus Federn rinnen weiße Tinten…“ vier Schlagzeuger in der Kirche, um Raumklang oder frontalen Sound zu erreichen. Im Studio aufgenommene Zuspielbänder werden mit Klängen von Marimba und Becken verschmolzen, die mit viel Klangregie in der Balance gehalten werden müssen. Die Elektronik steuert Breitenfeld selber, deshalb hat er die Hände immer am Regler.
In die moderne europäische Schlagzeugmusik fügt sich der Iraner Mehran Sherkat Naderi bruchlos ein. Der 28-jährige, der selber noch in Bremen studiert, arbeitet in dem Auftragswerk des Ensembles auch mit Raumklang: vier Schlagzeuger werden in vier Positionen verteilt. Eine ganz andere Klangfarbe bringt die junge Südkoreanerin Heeyeon Jin ein. Bei ihrem Stück verlässt man den Raumklang. Das Instrumentarium ist relativ reduziert, die Schlagzeug-Behandlung femininer, intimer, subtiler, hat mehr Zwischentöne und Klangschattierungen. Jin führt die Stimme ein, die Spieler zischen Konsonanten und flüstern „Sag“.
Starke rhythmische Energie setzt Olaf Tzschoppe in „Kolongala Kupanuliwa“ frei. Das Wort ist afrikanischen Ursprungs, der Titel ein Spiel mit dem Klang des Wortes, bei dem es dem Komponisten mehr um die Lautmalerei geht. Tzschoppe, Mitglied des weltbekannten Solistenensembles „Les Percussions de Strasbourg“, bewegt mächtige Klangmassen. Die Mischung aus ritueller Konzentration und gewaltigen Klangeruptionen fasziniert und überträgt ihre Spannung direkt auf den Zuhörer.