Schliengen Aus Dornröschenschlaf geweckt

Weiler Zeitung
Ein Schmuckstück: Der Rosengarten von Bürgeln im Juni Fotos: Dorothee Philipp Foto: Weiler Zeitung

Ehrenamt: Schlossgärtner lassen Außenanlagen von Bürgeln in altem Glanz erstrahlen / Seit zehn Jahren aktiv

Von Dorothee Philipp

Richard Sichler würde den Schlossgärtnern vermutlich die Füße küssen, wenn er noch könnte: Der Grandsegnieur, der in den 1920er Jahren Schloss Bürgeln mit viel Geld und einem exzellenten Stilgefühl zu einem wirklichen Schloss gemacht hat, hat damals auf dem felsigen und hügeligen Gelände auch den Park anlegen lassen.

Schliengen-Obereggenen. Eine schwere Bürde an Verantwortung, für die Nachkommen, wenn man bedenkt, dass der Wald ringsum nichts anderes im Sinn hat, als die freien Flächen wieder zu besiedeln.

Dass der Schlosspark von Bürgeln jetzt wieder in seinem alten Glanz erstrahlt und viele Teile davon dem Wildwuchs entrissen wurden, ging nicht von heute auf morgen. Zehn Jahre ist es her, seit sich eine kleine zähe Initiative an Männern, zumeist im Ruhestand, zusammengefunden hat, die statt der Freizeitkleidung Blaumann, Gummistiefel und Arbeitshandschuhe anzogen und das buchstäblich im Dornröschenschlaf schlummernde Juwel Stück für Stück wieder aufgeweckt haben.

Friedrich Kuhn und der pensionierte Landarzt Ulrich Cochius sind im heute zehnköpfigen Gärtnerteam noch Leute der ersten Stunde. Bei einem Partnerschaftstreffen mit Franzosen sei er erstmals wieder nach Bürgeln gekommen, berichtet Kuhn. Seit Kindertagen hatte er das Schlossareal nicht mehr betreten, obwohl er in Tannenkirch aufgewachsen ist und in Auggen lebt. „Hinterm Schloss war das reinste Chaos“, erinnert sich Kuhn. Der Tannenwald stand bis zu den Mauern der Ostterrasse, die Hainbuchenhecken, die weiter hinten den Garten in verschiedene Räume gegliedert hatten, waren 15 Meter hoch. Alles war zugewachsen und schattig. Ob das etwas für ein ehrenamtliches Projekt wäre, hatte Schliengens Bürgermeister Werner Bundschuh gefragt, der auch Vorsitzender des Bürgelnbundes ist, also des Vereins, der als Besitzer des Schlosses eingetragen ist.

Das ist jetzt zehn Jahre her. Manche Gärtner gingen, neue kamen. Bis zum heutigen Tag wurden gut und gern 18 000 Arbeitsstunden in die Rekultivierung des Parks gesteckt, rechnet Kuhn vor.

Sehr bald gliederte sich die Gärtnertruppe in zwei „Spezialeinheiten“: Die einen kümmerten sich um Hege und Pflege der Pflanzenwelt, die anderen um bröselige Treppen und Mauern. Hier boten vielfach auch Handwerker aus der Region ihre Hilfe an, wie ein Dachdeckerunternehmen, das bei der Sanierung der Gartenterrasse half, die Sichler über den Wirtschaftsgebäuden zum nordöstlichen Schlosshof angelegt hatte.

Den Tannenwald hat der Förster fachgerecht ausgelichtet und vom Schloss weg gedrängt, so dass man jetzt auch wieder den Blauengipfel sehen kann. Vieles machen die Gärtner-Handwerker jedoch ganz in Eigenregie, wie beispielsweise eine über hundert Meter lange Abdeckung der Schlossmauer hinter dem Gleichensteinsaal mit gesägten Platten aus Jurakalk. Anderthalb Jahre hat das gedauert.

Auch die Grube für den Aufzug, der jetzt vom nordöstlichen Schlosshof zum Gleichensteinflügel hinaufführt, haben die Schlossgärtner ausgehoben. Derzeit sind die über hundert Jahre alten Treppen vom Rosengarten zur östlichen Terrasse in Arbeit, der Mörtel ist herausgebröselt, Pflanzenwurzeln arbeiten im Untergrund. „Eine haben wir schon fertig, drei stehen noch aus“, berichtet Dieter Penner vom „Bautrupp“. Man rechne mit einem Jahr Arbeit für eine Treppe.

Die kleine, etwas abgelegene Rasenfläche auf der Nordseite des Schlosses ist auch wieder in den Blick der Gärtner gerückt: Eine Besucherin habe gemeint, das sei ein herrlicher Platz für Yoga und Meditation, das habe man gerne aufgegriffen. Die Buchenhecke ist jetzt akkurat gestutzt und umrahmt den Gartenraum wie eine lebende Wand, das runde Beet in der Mitte ist mit neuen Rosen bepflanzt: „Gebrüder Grimm“ heißt die orange-gelbe Märchenrose.

Doch nun ist es elf Uhr, Zeit für das Vesper, ein wichtiges Ritual der Gärtnertruppe. „Das Vesper liegt seit acht Jahren auf meinen schmalen Schultern“, jammert Eike Sparwald, ein weiterer pensionierter Arzt, der sich dem Gärtnern verschrieben hat. Was er da so mitbringt, scheint den Geschmack der andern zu treffen, denn bislang bestand kein Bedarf, ihn als Proviantmeister abzulösen. „Bavaria Blu und Weinbergkäse müssen immer dabei sein, aber wir leben hier nicht nur vegetarisch“, zwinkert er und zieht die groben Handschuhe aus. Der Rest der roten Dahlien, die er gerade entlang einer Buchsrabatte eingepflanzt hat, kann warten bis nach dem Vesper.

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