Schönau Das Ziel war eine gute Infrastruktur

Markgräfler Tagblatt
24 Jahre lang lenkte Berthold Klingele die Geschicke der Gemeinde Wieden. Foto: Archiv Foto: Markgräfler Tagblatt

InterviewBerthold Klingele gibt nach 24 Jahren das Amt als Bürgermeister von Wieden ab

Wieden. Am heutigen Dienstag geht in Wieden eine Ära zu Ende. Nach 24 Jahren als Bürgermeister übergibt Berthold Klingele die Amtsgeschäfte an seine Nachfolgerin Annette Franz. Zum Ende seiner drei Amtsperioden hat sich unser Redakteur Peter Schwendele mit dem scheidenden Bürgermeister unterhalten.

Herr Klingele, ist auch ein wenig Wehmut dabei, wenn sie heute Abend aus dem Amt des Bürgermeisters scheiden?

Ja, ein bisschen Wehmut klingt schon mit. 24 Jahre war man Tag für Tag für die Gemeinde da. Alles drehte sich um die Belange der Gemeinde. Ständig war man mit den Gedanken bei den Gemeindeangelegenheiten. Was mich jetzt froh stimmt, ist dass mit Annette Franz eine Nachfolgerin gewählt wurde, die mit Zuversicht und Optimismus die Zukunft der Gemeinde Wieden in die Hand nehmen wird.

Was hat Sie seinerzeit motiviert, für das Amt zu kandidieren?

Ich war schon immer an der Kommunalpolitik interessiert. So war ich vor meiner Zeit als Bürgermeister schon Mitglied des Gemeinderats und habe die Pläne und Projekte der Gemeinde mitbekommen.

Und jetzt ziehen Sie sich zurück. Aus Amtsmüdigkeit, weil Sie Ihre Ziele erreicht haben oder aus anderen Gründen?

Ich denke, 24 Jahre sind genug. Ich habe auch gespürt, dass man sich im Laufe der Zeit auch gesundheitlich und mental etwas verschleißt. Wenn die Ideen nicht mehr so sprudeln, muss man neuen Köpfen den Vorrang geben. Wenn man bedenkt, dass ich in den vergangenen 24 Jahren nie mehr als fünf Tage am Stück im Urlaub war, so ist es nun an der Zeit, etwas nachzuholen. Da es ja ein Ehrenamt war, werde ich weiterhin dem GVV Schönau als Verwaltungsangestellter zur Verfügung stehen.

Welche Marksteine sehen Sie, wenn Sie auf die vergangenen 24 Jahre zurückblicken?

Mit dem Ausbau des Gemeindezentrums mit neuem Kindergarten, Kulturraum, Vereinsräumen, Küchen- und Toilettentrakt konnte Mitte der 90er Jahre eine erhebliche Verbesserung für die Dorfgemeinschaft erreicht werden. Die Trinkwasserversorgung konnte auf den neuesten Stand gebracht werden. Auch im Bereich der Abwasserentsorgung konnte in unserem topographisch schwierigen Gebiet ein 99,9-prozentiger Anschlussgrad erreicht werden. Ein Anschlussgrad, der in einigen städtischen Gebieten noch nicht erreicht ist. Seit Jahren haben wir schon ein Nahwärme-Verbundnetz; Schule, Kindergarten, Halle, Rathaus und Feuerwehrhaus, das heißt sämtliche öffentlichen Gebäude, werden mittels regenerativer Energie (heimisches Holz) beheizt. Mein Hauptaugenmerk lag immer auf einer möglichst guten Infrastruktur, denn eine gute Infrastruktur bedeutet Lebensqualität. Ein Bürgermeister ist dazu da, in erster Linie für die Infrastruktur seiner Gemeinde zu sorgen, das heißt die in der Gemeindeordnung festgeschriebenen Pflichtaufgaben einer Gemeinde versuchen zu erfüllen, bevor man freiwilligen Aufgaben, die zwar wünschenswert wären, nachhängt.

Gibt es persönliche Erlebnisse während Ihrer Amtszeit, die besonders prägend für Sie waren?

Oh ja, da gibt es viele. Zum ersten möchte ich die Festivitäten zur 650-Jahr-Feier der Gemeinde im Jahr 1992 nennen. Bei diesem Fest und bei vielen nachfolgenden Festen wurde mir vor Augen geführt, was die Bürger meiner Gemeinde zu leisten im Stande sind. Ob dies auf kulturellem, sportlichen oder sonstigem Gebiet ist, die Wiedener sind für ihre Vielseitigkeit und Festfreude bekannt. So waren der Welt- und Europameistertitel unserer Melanie Behringer im Frauenfußball und die Weltmeistertitel unserer Tauzieher immer wieder freudige Anlässe tolle Feste zu feiern. Ebenso die Wettbewerbe „Unser Dorf hat Zukunft“ auf Kreis-, Bezirks- und Landesebene, jeweils mit der Goldmedaille bedacht, der Bundeswettbewerb „Hauptstadt der Biodiversität“ und ganz besonders der internationale Wettbewerb „Entente Florale Europe“ mit dem Erreichen der Silbermedaille waren ganz herausragende Ereignisse und Erlebnisse. Die Preisübergabe in Bristol/England war ein unvergessliches Ereignis. Wunderschön waren die Reisen in unsere Partnergemeinde Haelen/Buggenum. Hier konnten wir die Gastfreundschaft der Niederländer erfahren. Genauso konnten aber auch die niederländischen Gäste die Gastfreundschaft bei uns genießen. Sehr traurig bin ich über den Tod unseres Partnerschaftsmentors Lau van Bilsen, der im August verstorben ist. Er war es, der immer wieder die jetzt über 25 Jahre dauernde Partnerschaft der Gemeinden in Ehren gehalten hat.

Wie bewerten Sie den aktuellen Status der Gemeinde Wieden?

Den würde ich als gut bezeichnen. Die Gemeinde ist für die Zukunft gut aufgestellt. Mit dem Industriebetrieb Sensopart, den weiteren Gewerbebetrieben sind doch beachtliche Arbeitsplätze vor Ort. Eines meiner großen Anliegen war die Schaffung eines neuen, kleinen Baugebiets, das in drei Jahren durch einheimische Bürger bebaut werden konnte. Ebenfalls wurde mit dem Bau eines Gemeinschaftsziegenstalls eine neue Perspektive für die Landschaftspflege geschaffen.

Welche Perspektiven sehen Sie für die Zukunft und wo, glauben Sie, wird die Entwicklung für kleine Orte wie Wieden hingehen?

Die Perspektiven für die Gemeinde Wieden sind, so meine ich, gut. Wenn die Landespolitik weiter den ländlichen Raum in einem gewissen Maße fördert, sehe ich keine Schwierigkeiten auf uns zukommen. Ein ganz kluger Schachzug unserer Vorgänger war die Gründung eines GVV in den 70-er Jahren des letzten Jahrhunderts. Die Gemeinden erhielten so ihre politische Selbstständigkeit, wobei gewisse Verwaltungsaufgaben auf die Kernverwaltung übertragen wurden. Diese Selbstständigkeit der Gemeinden weckt die Eigeninitiativen seiner Einwohner ganz besonders. Der GVV Schönau mit seinen neun Gemeinden kann sich im Vergleich zu den anderen Verwaltungsräumen im oberen und mittleren Wiesental durchaus sehen lassen. Große Hoffnungen darf man auch auf das geplante Biosphärengebiet setzen.

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