Schönau „Wichtigste Zeugen der Schönauer Geschichte“

Markgräfler Tagblatt

Bis zu 600 Jahre alter „Urkundenschatz“ wird Öffentlichkeit vorgestellt / Eine Erfolgsgeschichte der Schatzhebung

Schönau (mm). Bis zurück ins Mittelalter reicht ein „Urkundenschatz“, der jetzt vom Keller des Schönauer Rathauses an die Öffentlichkeit gelangte. Die wissenschaftliche Präsentation der Dokumente fand am Freitagabend im Schönauer Heimatmuseum „Klösterle“ statt.

Die Urkunden, die im Keller des Rathauses aufbewahrt worden waren, sind in der Zwischenzeit von Historikern begutachtet worden. Das Ergebnis: Die Dokumente stammen aus der Zeit zwischen 1391 und dem 18. Jahrhundert.

Die Erfolgsgeschichte der Schatzhebung begann damit, dass sich Stadtarchivar Eberhard Böhler neulich gemeinsam mit Hobbyhistorikern des Fördervereins „Klösterle“ einen Überblick über die Bestände des Rathauskellers verschaffte. Eberhard Böhler hatte am Freitagabend, zur feierlichen Präsentation, eine Urkunde aus dem Fundus im Original mitgebracht, damit die zahlreichen Zuhörer eines der Dokumente selbst in Augenschein nehmen konnten. Alle anderen Urkunden müssen auf Anweisung von Fachleuten unter Verschluss bleiben, da die historischen Schriftstücke durch Luftfeuchtigkeit und Tageslicht Schaden nehmen könnten.

Die von Böhler gezeigte Urkunde ist ein Vertrag aus dem Jahr 1557, der die Nutzung des Allmendwaldes im oberen Wiesental regelte. Wie die übrigen kostbaren Urkunden durfte auch diese nur mit Handschuhen angefasst werden, da auch Handschweiß die Dokumente verfärben würde, betonte Oliver Uthe, Kreisarchivar im Landratsamt Lörrach.

Der Kreisarchivar sprach im Klösterle von einem „Urkundenschatz“, der im Rathauskeller lagerte. Als wäre der Begriff „Schatz“ nicht Sensation genug, unterstrich Oliver Uthe den historischen Moment im Klösterle: „Das hier ist auch für mich kein Alltagsgeschäft“, schwelgte der erfahrene Historiker, „diese Urkunden sind die wichtigsten Zeugen der Schönauer Geschichte“. Und noch mehr: „Es gibt keine vergleichbar wertvollen Unterlagen hier in der Region“, bewertete der Kreisarchivar den Fund.

Weshalb wählte Uthe diese Worte, weshalb sind diese Urkunden derart bedeutsam? „Sie sind älter als alle Schönauer Häuser und Gebäude“, sagte der Kreisarchivar, außerdem „werfen sie ein Licht auf die Zeit des Mittelalters – die Lebenswelt, die Rechtshändel, Kriegskosten, Privilegien und so weiter“, bilanzierte Oliver Uthe beim Überblicken der Dokumente. Da Kirchenbücher erst ab dem Jahr 1639 vorhanden seien, würden die Schönauer Dokumente darüber hinaus nun auch Auskünfte für familiengeschichtliche Nachforschungen über die Zeit davor geben, malte der Historiker aus.

Komplex und vielfältig seien die Inhalte der Urkunden, erzählte Oliver Uthe weiter. Neben juristischen Verträgen und politischen Abmachungen (geschlossen meist zwischen der Herrschaft im Kloster Sankt Blasien und der Genossenschaft der Talbewohner), gehe es in den Schriftstücken „meistens um Geld“, so Uthe. „Die Urkunden betreffen Abgaben, Steuern, die Zustimmung zu Immobilien- und Zinsgeschäften und Allmende-Nutzen“, bilanzierte der Kreisarchivar.

Was jetzt aus den Originaldokumenten wird, ist noch offen. Bürgermeister Peter Schelshorn erläuterte, dass der Urkundenbestand als Leihgabe an das Generallandesarchiv nach Karlsruhe gehen könnte, dies habe ihm der Kreisarchivar wegen der professionellen Aufbewahrung vorgeschlagen. Die Entscheidung darüber müsse aber der Gemeinderat treffen, so Schelshorn. Auch ein Verbleib in Schönau sei unter gewissen Umständen denkbar.

Der Freiburger Historiker Rüdiger Hitz, der am Freitag auf der Präsentation ebenfalls referierte, hatte die Urkunden im Auftrag von Stadtverwaltung und auf Vorschlag des Kreisarchivars intensiv unter die Lupe genommen. Er hat die Dokumente in weiten Teilen digitalisiert (etwa zu zwei Dritteln des Gesamtbestands), damit die Schriftstücke für die Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, da die Originale ja unter Verschluss bleiben müssen. Außerdem hat Hitz erste Transkriptionen vorgenommen, um die Inhalte bewerten zu können.

Für die restliche Digitalisierung und den Großteil der Transkription (Übertragung des Inhalts in verständliches Deutsch) sucht der Schönauer Förderverein Klösterle nun Freiwillige. Der Verein der Heimathistoriker habe ab jetzt die Koordinierung des Projekts übernommen, schilderte die Vorsitzende Christine Stiegeler. Die Finanzierung etwa der wissenschaftlichen Unterstützung sei jedoch noch nicht gesichert, so Stiegeler.

u Wer bei der Transkription mithelfen möchte, kann sich gerne bei Christine Stiegeler melden, unter Tel. 07673/888435 oder per E-Mail an christine.stiegeler@107inet.de.

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