Schopfheim Ärzte-Nachwuchs kann man nicht aus dem Boden stampfen

Markgräfler Tagblatt

Betr.: Artikel „Notstand für Patienten: Ärztenetz schlägt Alarm, Ausgabe vom 16.

Betr.: Artikel „Notstand für Patienten: Ärztenetz schlägt Alarm, Ausgabe vom 16. Mai.

Bezug nehmend auch auf den Artikel „Mehr als 30 Ärzte hören auf“ und die schwieriger werdende hausärztliche Versorgung erlauben Sie mir ein paar bewusst polemische Bemerkungen: Es ist ja gut gemeint, wenn man mit einem Lehrstuhl für Allgemeinmedizin in Freiburg ab Herbst 2017 bei den Studenten den Allgemeinarztberuf schmackhafter machen will, aber wann könnte das greifen und wie die zwischenzeitlich immer größer werdenden Lücken schließen? Oder wenn man mit „Kompetenzzentrum Allgemeinmedizin“ versucht, die Niederlassung zu erleichtern, wenn viel zu wenig Anwärter da sind? Es nützt dann nichts, wenn eine Gemeinde einer anderen mit einem attraktiveren Angebot den Allgemeinarzt wegschnappt. Die Zahl der Nachfolger in den verwaisenden Praxen lässt sich so nicht vermehren. Ein Patentrezept dafür gibt es nicht.

Aber es fängt nun einmal damit an, dass man für die Zulassung zum Medizinstudium eine Eins vor dem Komma verlangt, dem Arzt dann später, übertrieben formuliert, eine Null vor dem Komma als Bezahlung anbietet, und die Zweier und Dreier vor dem Komma womöglich nachher in der Bezahlung ihm die lange Nase zeigen?

Ich weiß nicht, wie viel Spitzenverdiener dazugehören. Womöglich verdienen die Krankenkassendirektoren auch mehr, nicht zu reden von deren Spitzenvertretern, die über die Bezahlung der Ärzte entscheiden, „wer zahlt, bestimmt...“.

Mehr noch: Im Studium und noch mehr nachher in der Facharztausbildung wird der Nachwuchs auf eine technisierte Spitzenmedizin getrimmt, die er dann an der Basis nur sehr eingeschränkt, wenn überhaupt, ausüben kann, statt dessen von überbordender Bürokratie in seiner ärztlichen Kreativität erdrückt und nach Strich und Faden von den Krankenkassen gegängelt wird und immer das Damoklesschwert des Regresses (Strafzahlung für Verordnung zu vieler Medikamente oder Physiotherapie) im Nacken hat.

Ich war mit Leib und Seele Allgemeinarzt und habe mich nie über die Bezahlung beschwert oder die Privatpatienten abgezockt, kann dies aber in der heutigen Zeit nicht als Maßstab nehmen für die Attraktivität der medizinischen Basisversorgung. Solange sich nicht grundlegend etwas ändert, sind all die genannten Maßnahmen nur Augenwischerei und hilfloser Aktivismus. Nur ist es leider so, dass die Politik verschlafen hat, rechtzeitig die Weichen zu stellen, denn ärztlichen Nachwuchs kann man nicht von heute auf morgen aus dem Boden stampfen.

Nehmen Sie doch einmal die Pflichtweiterbildung von fünf Jahren und die Schwierigkeiten der Assistenzärzte, entsprechende Stellen zu finden! Viele Chefärzte wollen lieber Anwärter auf Facharztausbildung, die länger als zum Beispiel ein Jahr bleiben.

Eine Korrektur wäre die einzige kurzfristig wirksame Maßnahme. In unserer materialistischen Welt können wir nicht schöntönende idealistische Weltbilder propagieren. Auch die Bauern können heute nicht mehr von der Landidylle leben und geben auf und wandern in die Industrie ab. Ist ja auch kein Problem, da wir ja Lebensmittel importieren können und ohnehin Überproduktion haben... .

Es macht keinen Sinn, Spitzenmedizin zu betreiben, wenn eine vernünftige und attraktive Basisversorgung fehlt. Muss sie erst zusammenbrechen, bis das Wahlvolk meutert und die Politik dies wahrnimmt? Die Reparatur würde Jahre dauern vielleicht wieder mit einer ganzen Anzahl halbherziger Maßnahmen, wie gehabt!

Georg Friedrich Schröder Schopfheim, ehemals Allgemeinarzt in Maulburg

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