Schopfheim „Auf Augenhöhe diskutieren“

Markgräfler Tagblatt

Windkraft: Dezent Zivil legt Studie vor / Mehr Infos, aber wenig Einflussmöglichkeiten

Bessere Information für die Bürger und trotzdem keinen Einfluss aufs Ergebnis: Auf diesen Nenner lässt sich der Effekt von „Dezent Zivil“ bei den Planungs- und Genehmigungsverfahren für die Windparks in Gersbach und Hasel bringen.

Schopfheim. Konrad Götz, einer der Mitarbeiter des Forschungsprojektes, stellte jüngst im Gemeinderat in geraffter Form die Ergebnisse der Studie vor, die mittlerweile in einem gut 300 Seiten starken Buch dokumentiert ist (siehe Infokasten). Nach seinen Worten hat das bundesweite Projekt rund 800 000 Euro gekostet

Bei dem Forschungsvorhaben sei es darum gegangen, Verbesserungsvorschläge für die Planungsverfahren von dezentralen Energieanlagen herauszuarbeiten, so Götz. Die Sozialforscher sollten die Verfahren um „neue Elemente“ ergänzen, die es ermöglichen, die Bevölkerung „frühzeitig und in verständlicher Form“ in die oft komplexen Verfahren einzubinden und somit zu einer „fairen Austragung“ der Konflikte beizutragen.

Um solche Bausteine in der Praxis zu testen, habe sich Dezent Zivil vor zwei Jahre in die schon laufenden Verfahren in Gersbach und Hasel eingeschaltet, so Götz. Aufgabe dabei sei es explizit nicht gewesen, als Mediator die Konflikte zu beheben.

Zu den besagten Bausteinen zähle unter anderem eine Umfeldanalyse samt Bestimmung des Eskalationsgrades zwischen Bürgern und Behörden. Weitere wichtige Elemente seien die Etablierung einer „Bürgervertrauensperson“ sowie die Information über „laienverständliche“ Unterlagen. Dazu zählen laut Götz vor allem optische und akustische Simulationen und Projektionen (Sicht- und Hörbilder) sowie die Bürgerbeteiligung in Kleingruppenformaten (statt in Großveranstaltungen). Götz: „Wichtig ist, auf Augenhöhe zu diskutieren.“

Diese Formate seien vor allem in Gersbach gut angekommen. Dezent Zivil schlage zudem die Einrichtung einer „Zentralen Stelle“ in den Bundesländern vor, die für eine faire und professionelle Kommunikation sorgen.

Wie die Schopfheimer insgesamt und speziell die Gersbacher die Windkraft an sich und die Arbeit von Dezent Zivil beurteilten, schilderte Götz anhand der Ergebnisse von zwei Telefonumfragen, bei der im Abstand von einem Jahr (Januar 2015 - Januar 2016) jeweils 500 Befragte zu Wort kamen.

Dass Bürger auf die Planungen Einfluss nehmen können, hielten bei der ersten Befragung immerhin noch 62 Prozent der Schopfheimer für möglich, bei der zweiten Runde nur noch 41 Prozent. In Gersbach glaubten von Anfang an nur 37 Prozent an die Chance einer Einflussnahme, nach einem Jahr gar nur noch 13 Prozent.

Die kritische Einschätzung der Windenergie sei im Befragungszeitraum eher zurückgegangen, so Götz, dies gelte besonders für die vermuteten Gesundheitsgefahren. In Gersbach hätten die Bürger die Gesundheitsrisiken „weitaus kritischer“ gesehen, so die Studie. Allerdings sei auch hier die Sorge vor Lärm oder Infraschall leicht zurückgegangen. Eine grundsätzliche Aussage zu Dezent Zivil laute, dass die Bürger zwar mehr Informationen erhalten hätten, dass dies das Genehmigungsverfahren aber nicht habe verändern können. Götz: „Aber immerhin: Die Konflikte kamen deutlich zur Sprache“.

Artur Cremans (SPD) wollte von Ortsvorsteher Christian Walter wissen, inwieweit Dezent Zivil den Gersbachern geholfen habe. Antwort: „Es hat schon geholfen, war aber definitv zu spät. Es war schon alles entschieden.“

Die Studie „Entscheidungen über dezentrale Energieanlagen in der Zivilgesellschaft“ ist im Internet einsehbar unter: windkraft-dialog.de

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