Schopfheim „Der Austausch darf nicht leiden“

Markgräfler Tagblatt

Brexit: Wie Schopfheimer Firmen und das THG den Abschied Großbritanniens aus der EU bewerten

Von Werner Müller

Die Briten sagen der EU also tatsächlich goodbye. Der Ausgang des Brexit-Referendums treibt in Schopfheim nicht nur den Verantwortlichen in den großen, meist stark exportorientierten Firmen die Sorgenfalten auf die Stirn, wie gestern eine Umfrage unserer Zeitung ergab.

Schopfheim . „Ich habe gerade eben wegen dieses Themas eine Besprechung mit Jaguar/Landrover in England gehabt“, berichtete Uwe Horschig, Geschäftsführer von Oerlikon Balzers. Das Unternehmen ist Weltmarktführer bei der Beschichtung von großen Umformungswerkzeugen vor allem für die Automobilindustrie.

Die Verantwortlichen bei Jaguar beurteilten die Lage „noch ganz entspannt“, so Horschig. Der Grund: In den nächsten zwei Jahren ändere sich erst einmal gar nichts und wie sich die Beziehungen zwischen EU und Großbritannien dann gestalten, sei derzeit noch gar nicht abzusehen. Im Übrigen hätten die Jaguar-Leute sogar die leise Hoffnung, dass sich der Brexit doch noch rückgängige machen lässt.

Für sein Unternehmen rechnet Uwe Horschig in allernächster Zukunft denn auch noch nicht mit gravierenden Folgen. „Zunächst wird es keine Einschränkungen geben“, glaubt er. Und ob sich die Einfuhr- und Zollvorschriften nach Vollzug des Austritts tatsächlich arg verschlechtern, sei abzuwarten.

Für Oerlikon hängt einiges von weiteren guten Wirtschaftsbeziehungen mit Großbritannien ab, denn das Inselreich spielt laut Horschig im Export eine wichtige Rolle. Zumal dort die Automobilindustrie, obwohl schon längst nicht mehr in britischer Hand, dank ausländischen Investoren einen regelrechten Aufschwung erlebt und kräftig in ihre Produktionsstätten investiert. „Das läuft momentan richtig gut“, so Horschig in der Hoffnung auf weitere Aufträge aus Great Britain.

Auch für Gardner Denver ist das Königreich jenseits des Ärmelkanals ein „großer Markt“, wie Pressesprecher Martin Bittner bestätigt. Der Konzern habe dort mehrere Produktionsstätten, darunter auch ein paar sehr große. Welche Auswirkungen der Brexit tatsächlich nach sich zieht, könne er derzeit aber nicht sagen. Er persönlich halte den Austritt Großbritanniens indes „schlecht für Europa“.

„Mit Angst“ verfolgt THG-Direktor Wolfgang Stocker die aktuelle Entwicklung. Er sehe die Gefahr, dass jetzt auch andere Länder in diesen EU-Austrittssog geraten könnten. Einen Bruch mit Großbritannien könne sich niemand wünschen, obwohl die Insel schon bisher immer wieder „europaferne“ Entscheidungen getroffen habe.

Vor allem der „kulturelle und zwischenmenschliche Austausch“ dürfe unter der Brexit-Entscheidung nicht leiden. Das hofft der Stocker nicht zuletzt auch mit Blick auf die Partnerschaft des THG mit der Broxbourne School in England, die seit nunmehr 45 Jahren besteht.

Die Aufrechterhaltung dieser Partnerschaft sei bisher schon „eher mühselig“ gewesen, schlicht weil das Interesse an der deutschen Sprache in England „nicht sehr groß“ sei, so Stocker. Er befürchtet, dass sich der Austausch in Zukunft gerade für die englischen Schüler noch unattraktiver gestaltet, wenn die dortige Wirtschaft in Schwierigkeiten geraten und das Pfund gegenüber dem Euro noch mehr an Wert verlieren sollte. Dann, so die Befürchtung des THG-Direktors, könnten sich manche Familien in Broxbourne einen Schüleraustausch mit Schopfheim nicht mehr leisten.

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading