Schopfheim Der Star des Roggenbachsaals

Markgräfler Tagblatt

Tafelklavier: Stadt, Museum und Pianist Van Hellemont geben dem historischen Instrument eine Plattform

Grundtönig oder eher singend flirrend? Wie klingt eigentlich das Tafelklavier im städtischen Museum? Wer das wissen will, kann ein Konzert mit dem historischen Instrument besuchen oder - seit neuestem - die website www.mim-schopfheim.de.

Schopfheim. Die Stadt Schopfheim und das städtische Museum haben einen großen Coup gelandet: Mit dem Musiker und Spezialisten für historische Tasteninstrumente, Ludovic Van Hellemont, wurde ein Partner gefunden, der künftig regelmäßig innerhalb der Reihe „Musik im Museum“ (MiM) das historische Instrument spielt und es erläutert. Musikliebhaber und solche, die es werden wollen, haben schon jetzt Gelegenheit, Original-Konzertmitschnitte auf der neuen Internetseite mitzuhören.

Dies teilten Hauptamtsleiter Jürgen Sänger und Museumsleiterin Ulla K. Schmid gestern bei einem Pressegespräch mit. Jürgen Sänger dankte Ulla Schmid, die über den Musikschullehrer und Klarinettisten Peter Geisler aus Schopfheim den Kontakt zu dem in Basel lebenden Ludovic Hellemont hatte herstellen können.

Einst hatte der frühere Schopfheimer Kulturbeauftragte Michael Herrmann auf dem Tafelklavier gespielt. Das herausragende Instrument bildet den offiziellen musikalischen Mittelpunkt des Roggenbachzimmers im städtischen Museum, zugleich Trauzimmer der Markgrafenstadt.

Ulla Schmid will das Tafelklavier nicht als reines Anschauungsobjekt oder museales Möbelstück betrachten, sondern das Instrument zum Leben erwecken. Musik im städtischen Museum habe seit Jahren eine leise, aber von einem interessierten Publikum beachtete aufmerksame Tradition, sagte Ulla Schmid. „Es herrscht großes Interesse an weiteren Aktionen.“

Meister seines Fachs

Mit Ludovic Van Hellemont, der im April 2016 sein erstes Konzert auf dem Tafelklavier in Schopfheim gab, haben Museum und Stadt einen Meister seines Fachs gefunden, der nun die künstlerische Leitung der Konzertreihe übernimmt und auch die neue Internetseite erstellt hat.

Das historische Tafelklavier habe nun eine Plattform gefunden, sagte Van Hellemont. „Ziel ist die Schaffung eines treuen Publikums.“

Denn mit dem historischen Tafelklavier von 1799 verfügt die Stadt über einen außergewöhnlichen, nahezu einzigartigen Besitz. Sein Erbauer hat, soweit bekannt, lediglich drei Exemplare dieser Art hergestellt. Eines davon gehörte Anna Kym-Krafft, Ehrenbürgerin von Schopfheim.

Über eine testamentarische Schenkung aus dem Jahr 1942 gelangte das Instrument nach dem Tod seiner Besitzerin 1944 im Jahr 1956 in den Besitz der Stadt, ausgehändigt von Anna Kym-Kraffts Tochter Elisabeth Kym. Seither schmückt es das Museum. Von 1991 bis 1994 war es von Klavierbaumeister Thomas Strecker restauriert worden, nachdem der Resonanzkörper gerissen war.

Und wie spielt sich das historische Tafelklavier? Auf jeden Fall ganz anders als heutige Klaviere. „Was den Klang angeht, so hat es nicht so viel Resonanz wie ein moderner Flügel“, erläuterte Ludovic Van Hellemont. Man müsse das historische Instrument stilistisch ganz anders spielen, damit es singe. Wobei das Tafelklavier eigentlich spreche anstatt zu singen, wie der Pianist betonte.

„Das ist eine ganze Welt“

Dadurch, dass das Tafelklavier viel weniger Gewicht habe als ein Flügel, lasse es sich viel leichter spielen. Genau darin besteht aber auch die Schwierigkeit. „Man muss das Spiel viel mehr unter Kontrolle haben, weil man Fehler eher hört. Das Spiel ist viel exponierter“, so Ludovic Van Hellemont. Bei einem modernen Klavier könne man Patzer für die Hörer besser „verstecken“.

Viele erhaltene Tafelklaviere gebe es heute nicht mehr. Das in Hausen sei für Konzerte nicht bespielbar. Umso wichtiger ist die Würdigung dieses Instruments für die Stadt. Für Ludovic Van Hellemont ist die Entdeckung historischer Instrumente vergleichbar mit der Entdeckung eines neuen Universums. „Das ist eine ganze Welt.“

Das historische Instrument wurde 1799 von Johann Jacob Brosy in Basel erbaut. Möglicherweise hat Brosy bei der Orgelbauerfamilie Silbermann das Handwerk erlernt. Das Tafelklavier mit dem typischen rechteckigen Gehäuse verfügt über einen Tonumfang von fünf Oktaven. Die Saiten laufen horizontal und quer zur Tastatur. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts waren Tafelklaviere bekannt und beliebt, bevor sie den senkrecht bespannten Klavieren Platz machten.

Der 1985 in Belgien geborene Musiker Ludovic Van Hellemont hat an der Schola Cantorum Basiliensis studiert, wo er auch zu komponieren begann. Zuvor diplomierte er im Fach Klavier in Brüssel und Basel. Neben dem klassisch-romantischen Repertoire gilt sein großes Engagement der Aufführung Neuer Musik. Er ist als Solist, Kammermusiker und Korrepetitor in aller Welt unterwegs. Zudem unterrichtet er eine Klavierklasse an der Alten Kantonsschule in Aarau. Er ist am Hammerflügel ausgebildet, spielt Clavichord und Cembalo. Er gastiert auch mit Tatjana Touliankina am Tafelklavier, die auch schon in Schopfheim auftrat.

Schopfheim (ma). Das erste Konzert der Reihe findet am Sonntag, 15. Januar, um 11 Uhr statt. Ludovic Van Hellemont spielt auf dem Tafelklavier als Begleitveranstaltung zur Sonderausstellung „Schöner, grüner Wald“ passende Kompositionen.

Das besondere Hörerlebnis wird von dem belgischen Tenor Nicolas Bauchau vervollständigt, der im zweiten Teil des Konzerts während des Singens nicht stehen, sondern neben dem Pianisten sitzen wird, so wie es auch bei Konzerten in der Schubert-Zeit praktiziert wurde.

Die Konzertreihe wird im Juni und Oktober fortgesetzt. Sie soll ein Ort der Begegnung sein, im Foyer wird ein Apéro stattfinden. Gespielt werden Werke aus „100 Jahren Musik“ - also ausschließlich Stücke aus der Zeit, in der Tafelklaviere hergestellt wurden, und früher. Auf jeden Fall „nicht später als Mozart“, wie Pianist Ludovic Van Hellemont erläuterte.

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