Von Jürgen Scharf Schopfheim. Elf Stunden einregistriert hat Christoph Bornheimer die beiden Orgeln in der Stadtkirche vor seinem Extrakonzert zum Reger-Jahr 2016. Allein das sagt schon einiges über den Aufwand, den man beim Spielen von Max Regers Orgelwerken betreiben muss. In Regers Großwerken gibt es in jedem Takt Registerwechsel. Aber auch sonst hat der 28-jährige Gastorganist beim Abschlusskonzert des Schopfheimer Orgelsommers alles aufwändige Stücke aus der Romantik im Repertoire. Es war also kein reines Reger-Programm, daneben waren Wagner, Schumann und Mendelssohn zu hören. Für diese Romantiker braucht man orchestrales Denken. Und das bringt der Organist und Musiktheoretiker Bornheimer in einer eigenen Transkription von Wagners an sich schon orgelgerechtem „Meistersinger“-Vorspiel mit. Er hat es nach der Partitur für Orgel solo „rekomponiert“ und eröffnet damit sein Recital festlich. Das Interpretationsideal für die romantische Epoche ist ja, dass es so detailliert wie möglich klingen und jede Nuance hörbar sein soll. Mendelssohn klingt an jeder Orgel gut, überall; er ist universell, die Stücke sind nicht zu lang, aber doch schwierig zu spielen. Das trifft besonders auf den letzten Satz der ersten Mendelssohn-Sonate zu. Da muss man dran bleiben, gerade wenn das Rezitativ in die Toccata übergeht, und deshalb versuchen die meisten Organisten hier den Kontrast aufzuregistrieren. Der dynamisch und hochvirtuos agierende Konzertorganist spielt konturenstark, mit fließenden Übergängen und gibt dem Werk einen Zug. Das fällt ebenso in den Reger-Stücken auf, auch wenn er nur einen Teil von Regers Orgelschaffen vorstellt: das Benedictus aus den zwölf Stücken op. 59 und Unbekannteres. Das hing wohl damit zusammen, dass am Sonntagabend Kirchenmusiker vom Landesverband zugegen waren, und der ehrgeizige Organist diesem Fachpublikum nicht die bekannten Stücke vorsetzen wollte. Dass auch die eher unbekanntere Choralfantasie „Straf mich nicht in deinem Zorne“ eine sinfonische Dichtung auf der Orgel ist, machte die begrüßenswerte Visualisierung des Choraltextes auf Leinwand anschaulich und „anhörlich“. Da war ablesbar, wie Reger den Text „vertont“ und zum Drama macht. Der junge Orgelvirtuose hat ja mit den Schopfheimer Instrumenten gute Klangwerkzeuge zur Hand, die Regers Expressivität aufbauen können, und er nutzt deren Ressourcen. Mit seinem intelligenten, sicheren und virtuosen Spiel und den sorgfältigen, differenzierten Registrierungen sorgt er für Tempo- und Dynamikkontraste – bis hin zur typisch Regerschen überzogenen Schlusssteigerung des fast unspielbaren vierfachen Forte. Dank überlegter Gliederung und seiner überlegenen Spieltechnik kann Christoph Bornheimer am Spieltisch der Chororgel so Regers großformatige Choralfantasie klanglich perfekt inszenieren. Sicher der künstlerische Höhepunkt der diesjährigen Schopfheimer Orgelsommer-Reihe!