Schopfheim „Entsetzen“ über kurzfristige Umsiedlung

Markgräfler Tagblatt
Der Landkreis räumt die Notunterkunft für Flüchtlinge im Markus-Pflüger-Heim. Die 32 Bewohner sollen am Montag nach Kandern umziehen. Archivfoto: Werner Müller Foto: Markgräfler Tagblatt

Notunterkunft: Landratsamt will 32 Flüchtlinge aus Wiechs nach Kandern verlegen / Helferkreis empört 

Von Werner Müller

Schopfheim . Ein Aufschrei von „Schopfheim hilft“: „Sämtliche Bewohner der Flüchtlingsunterkunft in Wiechs und die Helfer sind entsetzt über die drohende Umsiedlung nach Kandern“. So steht es in einer Petition, die der Helferkreis jetzt an Landrätin Marion Dammann richtet. Diese hält die Verlegung indes für „zumutbar“.

Hintergrund ist die Entscheidung des Landratsamtes, die 32 im Markus-Pflüger-Heim untergebrachten Flüchtlinge (davon 13 Kinder und Jugendliche) Anfang nächster Woche in die Gemeinschaftsunterkunft nach Kandern umzusiedeln.

Der Helferkreis fühlt sich diesbezüglich „hintergangen“. Er habe von diesen Plänen eher zufällig durch Presseberichte aus Kandern erfahren, vom Landratsamt direkt jedenfalls nicht, so Robert Thömmes vom Kommunikationsteam.

Abgesehen davon sehen die Aktiven von „Schopfheim hilft“ die Entscheidung auch inhaltlich sehr kritisch. „Unsere Integrationsbemühungen waren zum größten Teil sehr erfolgreich und ein Umzug nach Kandern wäre ein großer Rückschlag für alle Beteiligten“, heißt es im Schreiben an die Landrätin.

Ein Umzug sollte „auf keinen Fall“ vor den Sommerferien erfolgen, allein schon um den Kindern zu ermöglichen, ihr erstes Schuljahr normal abzuschließen, so Thömmes. Der Helferkreis habe für die Familien in Schopfheim bereits Wohnungen gesucht und „einige schon gefunden“.

Zwar habe es Kritik an den Umständen der Unterbringung im Pflegeheim gegeben, so der Helferkreis. Diese hätten sich in erster Linie auf das Essen bezogen. Doch mittlerweile gebe es „inoffizielle Lösungen“, heißt es.

Der Helferkreis appelliert deshalb an das Landratsamt, die Entscheidung noch einmal zu überdenken und den sofortigen Umzug zu stoppen. Im Übrigen hätten die 32 Flüchtlinge aus Wiechs auch noch Platz in der neuen Gemeinschaftsunterkunft in Fahrnau. „Keiner will nach Kandern“, so Robert Thömmes.

Allzu große Hoffnungen auf einen Sinneswandel im Landratsamt sollte sich der Helferkreis indes nicht machen. „Nach eingehender Prüfung halte ich eine Umverteilung nach Kandern für angemessen und zumutbar“, teilt Landrätin Marion Dammann dem Helferkreis mit. Ihre Pressesprecherin Junia Folk bedauert allerdings, dass „Schopfheim hilft“ nicht direkt und nicht frühzeitig in die Umzugspläne eingeweiht wurde. Dies sei ein „Versäumnis“, räumt sie ein.

Im Übrigen warnt die Pressesprecherin aber vor einer „Dramatisierung“. Wie die Landrätin erinnert sie vielmehr daran, dass das Markus-Pflüger-Heim von Anfang an nur als „vorübergehende Notunterkunft“ gedacht gewesen sei.

Dass die Flüchtlinge dort nicht selbst für sich kochen konnten, sondern aus der Heimküche verpflegt wurden, sei „keine ideale Lösung“ gewesen und habe zu Unzufriedenheit geführt. Diese „Konflikte“ hätten sich zugespitzt. So sei das ausgegebene Essen „im Außenbereich weiträumig verstreut“ worden und habe zu Rattenbefall geführt, erklärt die Landrätin weiter. Der nachträgliche Einbau einer Küche sei nicht möglich, ein Küchencontainer wirtschaftlich nicht vertretbar.

Dass die Menschen sich unterdessen mit provisorischen Lösungen (elektrische Kochplatten) selbst versorgen, stelle ein „erhebliches Sicherheitsrisiko“ dar, heißt es in der Erklärung der Landrätin weiter.

Aus all diesen Gründen habe das Landratsamt „kurzfristig entschieden“, die Notunterkunft in Wiechs aufzulösen und die Flüchtlinge nach Kandern umzusiedeln, die unter anderem über eine eigene Küche verfüge.

Grundsätzlich sei zu beachten, dass die Flüchtlinge sich nach wie vor im Status der „vorläufigen Unterbringung“ befänden und keinen Anspruch auf eine bestimmte Gemeinschaftsunterkunft hätten.

Auch die Sorgen hinsichtlich der Kinder und Jugendlichen will das Landratsamt so nicht gelten lassen. Keines der sechs Kinder unter sechs Jahren habe bisher den Kindergarten besucht. Vom Schulwechsel seien nur fünf Kinder betroffen, die zum Teil erst seit Februar am Unterricht teilnähmen. Somit sei auch ein Schulwechsel „zumutbar“, so die Landrätin.

Sie weist abschließend darauf hin, dass jedem Flüchtling laut gesetzlicher Vorgabe sieben Quadratmeter Wohn-und Schlaffläche zur Verfügung stehen sollten. Aufgrund des bisherigen Andrangs seien es jedoch nicht mehr als 4,5 Quadratmeter gewesen. Der Landkreis wolle aufgrund der sinkenden Flüchtlingszahlen in seinen Unterkünften jetzt nach und nach auf sieben Quadratmeter umstellen. Deshalb wäre eine Verlegung der 32 Flüchtlinge von Wiechs nach Fahrnau „kontraproduktiv“.

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