Schopfheim „Gewisse Verantwortung schon da“

Markgräfler Tagblatt
Derzeit Chef im Rathaus: Bürgermeister-Stellvertreter Thomas Gsell. Foto: Werner Müller Foto: Markgräfler Tagblatt

Bürgermeister: Thomas Gsell vertritt Christof Nitz drei Wochen lang – „mit allen Rechten und Pflichten“

Von Werner Müller

Kein Machtvakuum im Rathaus: Der Bürgermeister ist zwar im Urlaub und der Beigeordnete im Ruhestand. Führungslos ist die Stadt trotzdem nicht – Thomas Gsell sei Dank. Der SPD-Stadtrat lenkt drei Ferienwochen lang offiziell als Bürgermeister die Geschicke der Markgrafenstadt.

Schopfheim. „Alles im Griff – Post erledigt, Tageszeitungen gelesen“, meldet er an diesem Dienstagmorgen Vollzug. Die amtlichen Schreiben (Auftragsvergaben, Bescheide über Ordnungswidrigkeiten, Planungsaufträge), die er in einer Vorlagemappe auf dem Schreibtisch liegen hat, sind ebenfalls schon unterschrieben. „Der Betrieb muss ja auch in Abwesenheit des Bürgermeister weitergehen“, so das amtierende Stadtoberhaupt, das sich von den Rathausmitarbeitern im Übrigen „sehr gut aufgenommen“ fühlt.

Seit der Kommunalwahl 2014, als Gsell mit über 5000 Stimmen zum Stimmenkönig avancierte, fungiert er als erster ehrenamtlicher Stellvertreter von Bürgermeister Christof Nitz. Seitdem musste er auch schon ein paarmal für ihn einspringen, bei Vereins- oder anderen Anlässen zum Beispiel. „Doch das war eher sporadisch“, so Gsell. Denn bis Ende Juli gab es mit Ruthard Hirschner ja noch einen hauptamtlichen Bürgermeister-Stellvertreter im Rathaus, der die Geschäfte nahtlos weiterführen konnte.

Doch seitdem der Rathausjurist in den Ruhestand gewechselt hat, kommt auf die ehrenamtlichen Bürgermeister-Stellvertreter mehr Arbeit zu – neben Thomas Gsell sind dies Marianne Zabel von der CDU und Ernes Barnet von den Grünen.

Insofern ist „jetzt die Situation ganz anders“. Zum ersten Mal muss Gsell den Bürgermeister über einen längeren Zeitraum vertreten. Dazu gab es ein Übergabegespräch mit Amtsinhaber Christof Nitz, anschließend nahm Gsell auch an der rathausinternen Führungsrunde teil, um sich von den drei Fachbereichsleitern auf den aktuellen Stand bringen zu lassen.

Seither waltet er als Bürgermeister „mit allen Rechten und Pflichten“ seines Amtes und ist dabei „voll zeichnungsberechtigt“. Vereinbarungsgemäß nimmt er einmal in der Woche (jeweils am Dienstag von 9 bis 12 Uhr) im Rathaus seine Bürostunden wahr. Darüber hinaus steht der SPD-Stadtrat auf Abruf bereit, sollte etwas Unvorhergesehenes passieren. Das kann Thomas Gsell gut einrichten, weil er derzeit Urlaub hat. Außerdem hat der freigestellte Personalrat bei der Polizei seinen ehrenamtlichen Einsatz mit dem Arbeitgeber abgesprochen.

Schon von Berufs wegen bereitet ihm deshalb der Verwaltungsablauf keine Probleme: „Eine Behörde gleicht der anderen, das Rathaus ist deshalb für mich keine andere Welt“, so Gsell.

Dass ihm in den drei Wochen auf dem Chefsessel im Rathaus die Dinge über den Kopf wachsen könnten, befürchtet er nicht. Zum einen geht es in den Sommerferien ohnehin etwas ruhiger zu. Zum anderen sind die drei Fachbereichsleiter nach der rathausinternen Strukturreform ziemlich selbstständig.

Dennoch: „Am Schluss läuft alles über den Tisch des Bürgermeisters“, so der Stellvertreter, insofern sei eine „gewisse Verantwortung schon da“. Sollten wider Erwarten aber doch dramatische Ereignisse passieren, wird Thomas Gsell natürlich Bürgermeister Christof Nitz davon in Kenntnis setzen.

Dessen Abwesenheit zu nutzen, um persönliche Vorstellung zu verwirklichen und die Weichen der Stadtpolitik in eine ganz neue Richtung zu stellen (Reizwort: Fußgängerzone), kommt für den Stellvertreter nicht in Frage.

Zum einen kenne er als Stadtrat ja die grundsätzliche Ausrichtung der Kommunalpolitik. „Und zudem gilt eine gewisse Loyalität, unabhängig von der eigenen Meinung oder der Fraktionszugehörigkeit“, so der amtierende Bürgermeister.

Thomas Gsell ist seit 2104 erster ehrenamtlicher Stellvertreter von Bürgermeister Christof Nitz. Bei der Kommunalwahl in jenem Jahr holte er auf der SPD-Liste 5002 Stimmen – so viele wie kein anderer Kandidat.

Gsell (parteilos) ist seit 2004 im Gemeinderat. Bei der Bürgermeisterwahl 2010 trat er gegen Amtsinhaber Christof Nitz an, musste sich im zweiten Wahlgang aber geschlagen geben. Der Polizeihauptkommissar ist freigestellter Personalrat bei der Polizeidirektion Freiburg.

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