Schopfheim Harmonie zwischen den Welten

Markgräfler Tagblatt
Musikalische Brückenschläge sind zwar nichts Neues, klingen bei Masaa aber trotzdem fantastisch. Foto: Veronika Zettler Foto: Markgräfler Tagblatt

Konzert: Das deutsch-libanesische Quartett Masaa spielte in der Fahrnauer Kirche St. Agathe

Von Veronika Zettler

Schopfheim-Fahrnau. Nach Auftritten bei der Kulturbörse in Freiburg und im Basler Bird‘s Eye kamen sie am Freitag nach Fahrnau. Das Quartett „Masaa“ beschenkte die rund 120 Zuhörer beim 52. Konzert von Akustik in Agathen mit ungewöhnlicher Musik.

Derlei hört man nicht alle Tage. Das Publikum lauscht konzentriert, mancher mit geschlossenen Augen. Sänger Rabih Lahoud bedankt sich: „Schön, dass so viele Leute zuhören, auch wenn man selbst nicht weiß, was man sagen will“. Zum Glück habe er drei Musiker, die ihm, wenn er mal nicht weiterwisse, musikalisch auf die Sprünge helfen, ihn mit ein paar Tonfolgen fragen: „Möchtest Du vielleicht hierhin?“

Mit dieser Beschreibung hat der aus dem Libanon stammende Vokalkünstler schon viel gesagt zum musikalischen Konzept von Masaa. „Improesie“ nennen sie es. Weil der Sänger in arabischer Sprache zur und über der Musik lyrisch improvisiert und die Musiker umgekehrt zum Gesang. So reichen sie sich verschiedene Motive, weben ein dichtes Erzählwerk und inspirieren sich gegenseitig zu immer neuen Varianten einer Geschichte. Ein aufmerksamer Blick, ein einladender Ton, und vier Erzählstränge werden einer. Der Zuhörer staunt. So geht das also auch.

Masaa, das sind Marcus Rust (Trompete und Flügelhorn), Clemens Christian Poetzsch (Klavier), der Schlagzeuger und Perkussionist Demian Kappenstein sowie der Sänger Rabih Lahoud. Vier Könner und zugleich vier Suchende, Weltoffene und Weitgereiste, die aus dem Dialog zwischen Stilrichtungen des Jazz, levantinischen und anderen Musiktraditionen eine eigene emotionsgeladene Sprache entwickeln. Zwei CDs haben sie bereits eingespielt, aber live sind sie noch besser: Demian Kappenstein, Schlagzeuger, Klangbastler und Geräuschkünstler, der ein ganzes Sammelsurium von Schrotteilen, Spielzeug und Kuriositäten (Noppenfolie!) dabeihat, um das Schlagwerk zu bearbeiten. Clemens Pötzsch, der übrigens vor kurzem Stücke von Rammstein für deren neues Album „Klavier“ arrangierte und einspielte, sich ansonsten aber als hinreißend sensibler Pianist zeigt. Dann Marcus Rust, der den Gesang mal mit dem Flügelhorn, mal mit gestopfter Trompete in bebopartigen Sequenzen kontrapunktiert. Schließlich Rabih Lahoud, der Gesangskünstler, der seine schillernde Stimme in alle Himmelsrichtungen auslotet und damit für Gänsehaut sorgt. Zart, wehmütig oder in weit ausholender Klage.

Für die des Arabischen Unkundigen (also fast alle im Publikum) gibt Lahoud immer mal wieder Kostproben seiner Dichtung: „Es gibt eine Ruhe in Deinen Kriegen /Wer hat Dein Herz zu Stein gemacht? /Wer hat vergessen, Dich zu besuchen?“. Das könnte man in anderem Kontext kitschig oder diffus finden, aber zu den Klängen von Masaa entfaltet es seinen Zauber: „Mein Herz, vergiss mich nicht und träume weiter“.

Ein bisschen Philosophie ist manchmal nicht schlecht, sagt Lahoud zwischen zwei Stücken. Also, versuchen wir’s: Musik ist eine Sprache zur Beschreibung der Welt. In der aufgeheizten Debatte dieser Tage klingt die Musik von Masaa wie eine Beweisführung. Dafür, dass es sich selbstverständlich lohnt, anderen Kulturen mit Neugier, Offenheit und Freude zu begegnen.

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