Schopfheim Heißer Walküren-Ritt mit Groove

Markgräfler Tagblatt
Richard Wagner aus jazziger Sicht: Helmut Lörscher am Piano und Bassist Bernd Heitzler in Aktion im gut besuchten Krafft-Areal. Foto: Jürgen Scharf Foto: Markgräfler Tagblatt

Krafft-Areal: Lörschner-Trio mit Wagner-Reflexionen in der „Klassik“-Reihe in Fahrnau

Die höheren Weihen bekam das Helmut Lörscher-Trio im vergangenen Jahr, als es mit „Tristanesque – Reflections in Jazz“ im Rahmen der Bayreuther Museumsnacht im Richard-Wagner-Museum auf dem Grünen Hügel zu Gast war.

Von Jürgen Scharf

Schopfheim-Fahrnau . Jetzt kam das Jazztrio um den Freiburger Pianisten Helmut Lörscher mit den Wagner-Reflexionen zu „Klassik im Krafft-Areal“.

Das Wagner-Programm passt gut in diese Reihe, obwohl es kein Jazz goes Classic-Crossover ist, sondern eine spielerische Aneignung des Materials: Wagner aus Sicht des modernen Jazz. Lörscher und seine exquisiten Mitspieler Bernd Heitzler (Bass) und Harald Rüschenbaum (Drums), seit vielen Jahren eingeschworene Triopartner, um nicht zu sagen eine Idealbesetzung, reflektieren bekannte Themen, sogenannte Leitmotive aus dem gesamtem Opernschaffen des Bayreuther Meisters.

Diese eignen sich bestens als Vorlage für Improvisationen. Etwa der berühmte Tristan-Akkord, der im 19. Jahrhundert ein revolutionäres harmonisches Ereignis war und die Tür ins 20. Jahrhundert weit aufgestoßen hat. Lörscher adaptiert den „Tristan“, nimmt Versatzstücke und Zitate (auch aus dem Liebesduett), eignet sich die Melodien an, bricht die musikalischen Ideen aufs Jazzidiom herunter und verarbeitet sie im Stil des zeitgenössischen Jazz.

Auftakt war das Vorspiel der Walküre („Wes Herd dies auch sei, hier muss ich rasten“), eigentlich eine aufregende Jagd im Orchestergraben, die hier unter dem Titel „Haunted“ abläuft. Durch die neuen Jazz-Adaptionen des „Fliegenden Holländers“ weht cool der Wind und das dynamisch flexible Jazz-Klaviertrio lässt es sich nicht entgehen, den Matrosenchor („Steuermann, lass die Wacht“) mit einer frischen Brise Bebop zu verbinden.

Ein Stück des ersten Sets war dem großen Jazz-Saxophonisten John Coltrane zu dessen 50. Todestag gewidmet. Und da Richard Wagner ja auch ein einzigartiger Neuerer war, verbindet Lörscher Motive der Meistersinger-Ouvertüre mit der Harmonielehre des Jazz und dem Giganten Coltrane.

Die Auseinandersetzung mit Werken klassischer Komponisten hat im Jazz ja längst Tradition. Während man es von Bach gewohnt ist, überrascht, wie jazztypisch Wagners Leitmotive klingen, wenn sie mit Verschiebungen bei Harmonie und Rhythmus für den Swing hergerichtet werden.

Den meisten Wiedererkennungswert bei dieser „Hitparade“ aus Wagner-Oper in jazzigen Varianten hatte der heiße (Walküren-)Ritt mit afrokubanischem Groove.

Beim zweiten Set greift Bassist Bernd Heitzler bei einem sehr exponierten Solo-Feature über „Lohengrin“ zur E-Gitarre. Beckmesser - der Name ist Programm - verjazzen sie dreigroschenopermäßig als „Beck the knife“ in Form einer Ballade.

Im „Rheingold in sieben Minuten“ stellt Lörscher nicht nur die wichtigsten Leitmotive (Rheintöchter, Alberich, Wotan, Walhall) vor und bringt den Blues in den Rhein, sondern gibt auch mit witzigen Erklärungen (Feuergott Loge als Investmentbanker in grauer Vorzeit) Nachhilfe beim Gesamtkunstwerk „Ring des Nibelungen“ .

Das Wagnis „Wagner ohne Worte“ glückte. Waren doch diese freien und notierten Improvisationen über Wagnersche Originalthemen im Stile eines intimen Kammerjazz parodistisch und swingend. Wie stets im Finale, ließ die obligatorische Solo-Zugabe von Helmut Lörscher über spontan vom Publikum zugerufene Themen nicht auf sich warten. Egal, was dieser versierte Pianist spielt, er kann es einfach!

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