Schopfheim Immer mehr Kinder in Krisen

Markgräfler Tagblatt

Verwaltungsausschuss: Gremium ist angesichts des steigenden Bedarfs für Aufstockung der Schulsozialarbeit

Sozialarbeit an Schulen ist heute unverzichtbar: Als wichtige niederschwellige Hilfe und Präventivmaßnahme wird sie von Kommunen und Schulen gleichermaßen geschätzt.

Von Petra Martin

Schopfheim. Auch von der Stadt Schopfheim: Sie wird den Stellenumfang für die Schulsozialarbeit an der Friedrich-Ebert-Schule und am Theodor-Heuss-Gymnasium (THG) vom 1. Januar 2018 an erhöhen.

Der Verwaltungsausschuss gab jedenfalls schon mal einstimmig grünes Licht für die Mehrausgabe, die sich ab 2018 auf rund 21 300 Euro pro Jahr beläuft. Entsprechend soll der Vertrag mit dem Diakonischen Werk, das das Team der Schulsozialarbeiter stellt, angepasst werden: Beide Schulen sollen je eine halbe Stelle mehr zugesprochen bekommen.

Katharina Hummelbrumm, Sozialarbeiterin an der Friedrich-Ebert-Schule, machte bei der Sitzung des Ausschusses deutlich, weshalb eine Erhöhung der Stellenanteile dringend vonnöten ist: gestiegene Schülerzahl, Zunahme psychosozialer Krisen und Notlagen bei Schülern und deren Familien, unzureichende personelle und finanzielle Ressourcen externer Kooperationspartner (lange Wartezeiten bei Beratungsstellen, Kinderpsychologen überfüllt), Wegfall einer Berufsorientierung und -vorbereitung, viele Inklusionsschüler. Zudem gehörten seit dem Schuljahr 2015/ 16 viele Flüchtlingskinder, aber auch andere Kinder von Migranten, bei denen Übersetzer benötigt werden, zu den Hilfesuchenden.

Friedensstifter wichtig

Als sehr wichtig hätten sich die Friedensstifter entpuppt. Diese Ausbildung (in Zusammenarbeit mit Lena Zachäus) habe für viele positive Rückmeldungen gesorgt. In den vergangenen fünf Jahren seien 50 Friedensstifter ausgebildet worden, die das Erlernte selbst an andere Schüler weitergäben. Insgesamt habe etwa ein Drittel der Schüler der Friedrich-Ebert-Schule das Angebot der Sozialarbeiter wahrgenommen, berichtete Katharina Hummelbrumm. Von diesen 135 Schülern seien 60 an Beratungsstellen weitergeleitet worden, und es seien 62 Elterngespräche geführt worden. Hier sei man an die Kapazitätsgrenze geraten. „Wir hoffen auf eine weitere Stelle, denn die präventive Arbeit trägt Früchte“, sagte die Schulsozialarbeiterin.

Am THG betreute Schulsozialarbeiterin Kerstin Galinski etwa 150 Schüler im vergangenen Schuljahr. Viele Kinder betrachteten die Schule als ihren Wohnraum, gingen ungern nach Hause und wollten nicht erwachsen werden. „Schule ist viel mehr als früher“, bilanzierte Kerstin Galinski. Das was zu Hause nicht geleistet werde - Grenzen setzen, Orientierung bieten - müsse in der Schule vermittelt werden, wobei das THG über sehr engagierte Lehrkräfte verfüge.

Etabliert ist die Schulsozialarbeit mittlerweile auch in der Max-Metzger-Schule; je jünger die Schüler, desto größer der Bedarf, stellte in diesem Zusammenhang auch der Verwaltungsausschuss fest. Sozialarbeiterin Tanja Hübschmann-Randebrock, seit 1. April 2015 mit einem Stellenumfang von 50 Prozent an der Grundschule im Einsatz, berichtete, dass die Schüler vor allem Fragen zum Schulalltag hätten. Gleich ob Konflikte, Kummer, Sorgen, Nöte oder Ärgernisse, bei Grundschülern bestehe ein starker Schutzauftrag. Die Zusammenarbeit mit den Lehrerinnen und der Ganztagsbetreuung sei eng. Es gebe zwei Nachmittagsangebote und Elternaustausch. In Planung seien Elternabende zu bestimmten Themen.

Bürgermeister Nitz sagte angesichts dieser Entwicklungen, es sei klar, dass mehr Manpower benötigt werde; allerdings müssten die finanziellen Rahmenbedingungen für die Stadt stimmen. Es sei zu beobachten, dass immer mehr Eltern den Erziehungsauftrag an die Schulen übertragen und selbst immer weniger Eigenverantwortung zeigen. „Das ist bedauerlich.“

Kai Horschig (Freie Wähler) machte deutlich, dass Bedarf an Sozialarbeit auch an anderen Schulen herrsche. Theresa Klein (SPD) erkundigte sich nach der derzeitigen Berufsberatung an der Ebert-Schule. Die werde noch durch einen Berater mehrmals im Jahr gewährleistet, doch ausreichend sei das nicht, machte Rektorin Claudia Brenzinger deutlich.

Katharina Hummelbrumm ergänzte die Äußerungen des Bürgermeisters: Viele Eltern wollten heute beste Freunde ihrer Kinder sein und setzten keine Grenzen. Die Streitkultur fehle. Ein großes Problem sei das Mobbing im Internet, da heute schon jeder Grundschüler dort Sachen über einen anderen Menschen verbreiten könne, ohne demjenigen in die Augen schauen zu müssen. Man müsse deshalb früh bei den Verhaltensweisen der Kinder beginnen.

SPD-Fraktionsvorsitzender Artur Cremans betonte, das Geld der Stadt sei angesichts

Streitkultur fehlt

gelingender Präventionsarbeit gut angelegt.

Ernes Barnet (Grüne) machte deutlich, dass Schulsozialarbeit eigentlich Elternarbeit sei. Es müsste Sanktionen für Eltern geben, die die Zusammenarbeit verweigern und sich abschotten.

Heidi Malnati (CDU) sagte, die Investition in den höheren Stellenumfang müsse sein.

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