Schopfheim „Stark frustriert von den Umständen“

Markgräfler Tagblatt
Verlässt nach 18 Jahren das Schopfheimer Bad: Mathias Wüst, der immer wieder auf notwendige Sanierungen aufmerksam gemacht hat.                                                                      Foto: Archiv Foto: Markgräfler Tagblatt

Freibad: Der beliebte Schopfheimer Schwimmmeister Mathias Wüst wechselt nach Rheinfelden

Doppelter Verlust fürs Schwimmbad: Betriebsleiter Mathias Wüst und die Fachangestellte für Bäderbetriebe, Elena Nüßeler, verlassen das Freibad.

Schopfheim (ma). Schwimmmeister Wüst wird zum 31. Dezember ausscheiden, Elena Nüßeler wohl Ende August. Mathias Wüst wechselt aus persönlichen Gründen nach Rheinfelden, wo er im nächsten Jahr die Betriebsleitung für die beiden von der Stadt betriebenen Bäder übernehmen wird. Elena Nüßeler wird unabhängig davon in ihre Heimat, nach Ulm, zurückkehren. Mathias Wüst ist seit 18 Jahren beim Freibad Schopfheim tätig, 1999 hatte er begonnen, seit 2002 ist er als Nachfolger von Erich Walter Betriebsleiter.

Die Badegäste sind entsetzt und fassungslos, da Wüst ein sehr beliebter Schwimmmeister ist, der sich mit Leib und Seele für die Freizeiteinrichtung im Oberfeld eingesetzt hat. Viele reagieren aber auch mit Verständnis, können die Beweggründe Wüsts nachvollziehen. Denn Wüst verlässt das Bad nicht, weil ihm die Arbeit nicht mehr zusagt, im Gegenteil.

„Ich liebe das Bad, bin hier seit meiner Kindheit und Jugend“, erläutert der Schwimmmeister. Doch die ganze Situation um das Arbeitsumfeld herum habe ihm schwer zugesetzt. Dazu gehörten viele personelle Wechsel, erschwerende Strukturen und Abläufe und auch die Störungen und Reparaturen, die ihren Höhepunkt in den Leitungsschäden im Frühjahr hatten, weswegen die Badegäste erst Wochen nach dem eigentlichen Eröffnungstermin zum Saisonauftakt erscheinen konnten. Jahrelang habe er auf die Schäden und mögliche Folgen sowie auf den vielfältigen Sanierungsbedarf hingewiesen, so Wüst. Auch der Bauausschuss sei zu Besichtigungen vor Ort gewesen. Doch getan habe sich kaum etwas oder gar nichts, bedauert Wüst die Lage.

„Mein Herz weint, ich gehe nicht gerne, aber die Umstände lassen es einfach nicht mehr weiter zu, dass ich hier zufriedenstellend arbeiten kann“, so Wüst. Er habe stets bei allen Problemen geholfen, doch ihm selbst sei Hilfe, wenn sie mal benötigt worden sei, nicht gewährt worden, so Wüst, der sich schließlich alleingelassen fühlte, auch von Seiten der Stadt. So habe es einfach nicht weitergehen können.

Der Grund für sein Ausscheiden sei nicht der jüngste Leitungsschaden gewesen, sondern der angestaute Frust über die Jahre. Er sei auf einer Frustrationsskala von eins bis zehn „bei zehn und darüber hinaus frustriert“. Seine Liebe zum Schopfheimer Bad sei nie weniger geworden, betont Wüst ausdrücklich. „Aber jeden Tag ging es mit der Situation eine Stufe runter“, bedauert der Schwimmmeister die Umstände. An seinem künftigen Arbeitsplatz in Rheinfelden seien die Strukturen anders. Dort betreibe die Stadt die Bäder, es gebe einen festen, siebenköpfigen Mitarbeiterstamm, was vieles erleichtere.

Die laufende Saison hindurch wird Wüst aber noch im Schopfheimer Freibad tätig sein und gewissenhaft wie immer seinen Dienst versehen. „Bis zum letzten Tag“, versichert Wüst, der nach Saisonende auch noch die Einwinterungsarbeiten übernimmt. Ein Nachfolger sei noch nicht in Sicht. Am Montag werde indes jemand Neues kommen, der möglicherweise Nachfolger von Elena Nüßeler werden könne.

Von Petra Martin

Erst der enorme Wasserschwund, das Eröffnungsdebakel im Schwimmbad wegen der Bruchleitungen, dann mit dem angekündigten Weggang von Betriebsleiter Mathias Wüst und seiner Mitarbeiterin der personelle Verlust. Schlimmer geht’s nimmer.

Es ist allerhöchste Zeit, dass die Stadt diese Entwicklung als das begreift, was sie ist: ein Alarmsignal. Desinteresse oder, wesentlich folgenreicher, Tatenlosigkeit kann sich die Stadt nicht länger leisten. Denn wenn es nicht gelingt, bei dieser Flutwelle an Problemen jetzt einen Wendepunkt anzusteuern, dann birgt die Situation die Gefahr, dass das Bad untergeht, sprich, im nächsten Jahr gar nicht mehr öffnen kann. Weil vielleicht wieder technische Probleme einen Strich durch die Rechnung machen oder weil die Betreiber-GmbH möglicherweise kein neues adäquates Personal bekommt. Die Probleme des Schopfheimer Bades sprechen sich wohl oder übel herum, und landauf, landab klagen die Fachangestellten für Bäderbetriebe ohnehin noch immer über schlechte Bezahlung und schwierige Arbeitszeiten.

Sie haben in der Tat keinen Gaudijob in freier Natur, wie sich das manch einer vorstellt, sondern müssen mit schwierigen Badegästen genauso zurechtkommen wie mit der Technik, die oft genug marode ist, weil die Investitionen auf sich warten lassen, und tragen Verantwortung für Menschenleben.

Die Schwimmmeister müssen vor Ort das ausbaden, was an anderer Stelle versäumt wird zu tun. Anerkennung findet sich dafür kaum.

Kurzum: Wenn sich niemand findet, der es unter diesen Umständen aushält, kontinuierlich den verantwortungsvollen Posten des Betriebsleiters zu übernehmen, drohen Konsequenzen wie die Verkürzung der Öffnungszeiten oder im allerschlimmsten Fall die Schließung. Deshalb muss die Stadt auch die Privatisierung überdenken und überprüfen, ob sie dadurch tatsächlich Geld einspart. Es sei denn, man will gar nicht, dass das Bad erhalten bleibt. Das aber wäre eine fatale Entscheidung. Eine bedrohliche dazu: Denn es können immer weniger Kinder schwimmen, weshalb es auch immer häufiger zu gefährlichen Badeunfällen kommt. Und es geht um Sport, um Familien, Berufstätige und Senioren, die sich durchs Schwimmen eine Portion Gesundheit verschaffen.

Ein Spaßbad hilft da wenig, ein gut saniertes oder neues Bad aber viel.

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