Schopfheim Strom für 65 Haushalte

Markgräfler Tagblatt
Sind seit bald einem Jahr stolze Besitzer eines Wasserkraftwerks in Gersbach-Lochmühle: Simon Gerwig (links) und Jürgen Müller. Foto: Karl-Heinz Rümmele Foto: Markgräfler Tagblatt

Tag der offenen Tür: Zwei Männer haben in Eigenregie ein Wasserkraftwerk gebaut

Jürgen Müller und Simon Gerwig sind stolze Wasserkraftwerksbesitzer in Gersbach-Lochmühle.

Schopfheim-Gersbach (mrue). Die jungen Männer hatten schon unabhängig voneinander Erfahrungen mit kleineren Wasserkraftwerken gesammelt, die sie in Eigenregie erworben und realisiert hatten. Simon Gerwig besitzt in Häg-Ehrsberg ein aktives Wasserkraftwerk mit 13 KW im Bereich Häger-Mühle und Jürgen Müller eines mit 30 KW in Todtmoos-Au. Nachdem ihnen der Versuch mit den kleineren Varianten gelungen ist, entstand bei den beiden die Idee, etwas Größeres zu planen. Durch Zufall wurde beiden ein altes Sägewerk in Gersbach-Lochmühle angeboten.

Dieses Angebot nahmen die beiden an. Es mussten Grundstücke erworben und die Nutzungsrechte für Stromkabel, Rohre und Überfahrtsrechte eingetragen werden. Danach begann für beide Betreiber die Umsetzung für ihr großes Projekt, das in Eigenregie entstehen sollte. Es wurden diverse Baumaschinen angeschafft, und im April 2016 legten die beiden los. Dass man beim Bau eines Wasserkraftwerks Eingriffe in Natur und Umwelt nicht verhindern kann, mussten sie erfahren: Vom Bachlauf her bis ins Turbinenhaus mit 27 Meter Gefälle wurden 235 Meter Rohre aus Glasfaser verstärktem Polyesterharz mit einem Durchmesser von 450 Millimeter verlegt.

Angefangen hatten Müller und Gerwig mit den Ausgrabungsarbeiten des Turbinenhauses. Dem folgte das Betonieren der Bodenplatten und des Auslaufkanals. Die Schallung der Wände und das Betonieren hierfür folgte. Als die Wände standen, wurden die Turbine sowie der Generator eingebaut. Die Erbauer entschieden sich für eine zweizellige Unterlecher-Durchstromturbine. Sie nutzen im Wesentlichen den natürlichen Wasserkreislauf, wodurch mechanische Energie gewonnen wird. Durch die Drehbewegung der Welle werde der Generator betrieben, der den elektrischen Strom erzeugt, so die beiden Kraftwerksbesitzer, die beide bei Endress + Hauser, Jürgen Müller beim Messe- und Exponatebau im Logistikcenter in Weil, und Simon Gerwig als Entwickler in der Abteilung „TPE (F&E Plattform Elektronik)“ in Maulburg, arbeiten.

Auch wenn sie nicht immer vor Ort sind, können die beiden Tüftler über ihre Handys jederzeit die ganze Anlage steuern und durch die Software von Endress + Hauser alle Werte und Verläufe überwachen.

Nachdem die Turbine installiert war, kam das Dach aufs Turbinenhäuschen, und die schwierigsten Arbeiten wie das Verlegen der Rohre standen an. „Wenn ein Bach oder Fluss durch ein Stauwerk aufgestaut wird, muss das Hindernis durch eine sogenannte Fischtreppe umgangen werden. Damit haben die Fische die Chance, bei ihren Wanderungen die Wasserkraftanlage zu überwinden“, so Simon Gerwig.

Für die Verlegung der Rohre wurde auf der kompletten Länge von 235 Metern ein 1,6 Meter tiefer und ein Meter breiter Graben ausgehoben. In diesen wurden dann die Rohre, die Steuerleitung und die Stromleitung verlegt. Für diesen Bauabschnitt waren beide Erbauer nahezu täglich im Einsatz, wie sie erzählen. Es musste auch ein 50 Meter breiter Felsen durchquert werden, wozu ein großer Bagger mit Hydraulikhammer gebraucht wurde.

Ihr Wasserkraftwerk, womit sie „grünen Strom“ selber machen, konnten sie am 27. Dezember 2016 in Betrieb nehmen. „Wir haben in Gersbach eine umweltfreundliche, wirtschaftliche und unabhängige Stromversorgung geschaffen“, betonen beide.

Alles in allem setzten die beiden jungen Kraftwerksbesitzer im Baujahr 250 Tonnen Split, 160 Tonnen Schotter, 50 Tonnen Kies sowie 25 Tonnen Beton ein.

„Für uns beide hat sich das Projekt gelohnt. Wir haben 95 Prozent alles in Eigenrgeie geplant und gebaut. Vom Energiedienst bekommen wir 12,46 Cent für jede eingespeiste Kilomattstunde. Unsere Jahresleistung liegt ungefähr bei 180 000 kW, dies entspricht etwa einem jährlichen Strombedarf von 65 Haushalten. Gleichzeitig haben wir eine CO2-Ersparnis von zirka 101 Tonnen pro Jahr. In acht bis zehn Jahren werden wir die Kosten wieder reingeholt haben. Wie viel Strom erzeugt wird, hängt in erster Linie von der Wassermenge und dem Gefälle ab. Die Turbine hat eine Drehzahl von 600UpM und eine maximale Schluckwassermenge von 250l/s. Das bedeutet im Endeffekt eine installierte Leistung von 58 kW“, so die beiden Kraftwerksbesitzer.

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