Schopfheim „Unschlagbar für den Klimaschutz“

Markgräfler Tagblatt

Fachtagung zur Windkraft lockt Referenten und Fachleute von weither ins Feuerwehrgerätehaus

Von Werner Müller

Schopfheim. „Windkraft ist unschlagbar für den Klimaschutz“. Rhetorische Paukenschläge wie dieser von Michael Herr vom Umweltministerium waren nicht gerade die Regel bei der Fachtagung für Windkraft. Die eine oder andere klar formulierte These konnten die Teilnehmer am Ende eines langen Tages aber doch mit nach Hause nehmen.

Für Aufsehen zum Beispiel sorgte Björn Staiger vom baden-württembergischen Umweltministerium . Er stellte die Ergebnisse einer neuen Untersuchung seines Hauses zum Thema „Infraschall“ vor und zog ein unmissverständliches Fazit: „Schädliche Einwirkungen durch Infraschall von Windrädern sind nicht zu erwarten“ (siehe gesonderten Artikel).

Der Einladung der Stadt zur Fachtagung „Die Naturlandschaft des Südschwarzwaldes als Standort für Windenergieanlagen“,waren rund 50 Teilnehmer in Feuerwehrgerätehaus gefolgt, darunter Bauamtsleiter aus dem Norschwarzwald, aber auch Stadt- und Gemeinderäte aus der Region. Sie nutzten die Gelegenheit, von Fachleuten Informationen aus erster Hand über rechtliche, landschaftsplanerische, ökologische und gesundheitlich Aspekte der Windkraft zu erhalten.

Bürgermeister Christof Nitz zeigte sich denn auch erfreut über ein „volles Haus“. Mit so vielen Teilnehmern habe die Stadt gar nicht gerechnt. Er bedankte sich bei Beigeordnetem Hirschner, der nicht nur die Idee zur Tagung hatte, sondern diese „von A bis Z“ auch selbst organisierte.

„Windkraftanlagen werden unsere Landschaft verändern“, machte Hirschner in seiner Einleitung deutlich. Die Frage sei, ob dies zu recht geschehe und mit welchen Folgen. Der Rathausjurist bedauerte, dass die Windkraftgegner aus Gersbach ihre Teilnahme an der Tagung abgesagt hätten.

„Eine nachhaltige Energiewende ist nötig“, betonte Michael Herr, Referatsleiter Windenergieanlagen im Umweltministerium in seinem Grußwort. Baden-Württemberg wolle bis 2020 den Anteil der Windenergie von derzeit einem auf zehn Prozent steigern – „ein enormer Zuwachs“, wie er einräumte. Windkraft habe viele Vorteile und sei für den Klimaschutz unschlagbar, meinte er und räumte zugleich ein, dass sie auch Nachteile berge, unter anderem die Veränderung des Landschaftsbildes. Herr: „Darauf müssen wir uns aber ein Stück einlassen“. Der Ministerialbeamte warnte zugleich vor „Horrorszenarien“, wie sie in Zusammenhang mit Schattenwurf und Infraschall leider gang und gäbe seien.

Heimatforscher Werner Störk legte dar, dass sich die Landschaft im Südschwarzwald im Lauf der Geschichte ständig verändert habe, sei es durch natürliche, sei es durch menschliche Einflüsse. So hätten beispielsweise „waldfressende“ Gewebe wie Bergbau, Landwirtschaft, Schanzenbau

Vom Schandfleck zum Wahrzeichen

oder Waldglasproduktion die Landschaft zu der geformt, wie sie sich heute präsentiere. Durch Windräder sei ein erneuter Wandel des Landschaftsbildes zu erwarten.

Über die aktuelle Rechtssprechung zu Planungs-und Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen referierte Willy Spannowsky, Professor an der TU Kaiserslautern und Richter am Oberlandesgericht Zweibrücken.

Mit der Frage der „Mediation“ als Instrument zur Bürgerbeteiligung befasste sich Beigeordneter Ruthard Hirschner. Seiner Meinung nach sollte Mediation, bauplanungsrechtlich jederzeit möglich, in der Bauleitplanung bereits zu einem frühen Zeitpunkt zum Einsatz kommen. Sie sei geeignet, Transparenz und Kontrolle in das Verfahren zu bringen.

Tobias Tusch, Geschäftsführer von EWS, skizzierte die Möglichkeiten der wirtschaftlichen Beteiligung von Bürgern an Windenergieanlagen. Im Gersbacher Fall hätten die Investoren angeboten, bis zu drei der fünf geplanten Anlagen am Rohrenkopf in Bürgerhände zu übergaben. Dies gelte bis zu drei Jahren nach der Inbetriebnahme. Tusch sprach von einem „fairen Angebot“, weil das wirtschaftliche Risiko bis dabin auf jeden Fall abschätzbar sei und bereits „die ersten Erlöse“ fließen.

Mit den Einflüssen von Windrädern aufs Landschaftsbild setzte sich Michael Koch, Professor und Landschaftsplaner aus Stuttgart, auseinander. Allgemeingültige Kriterien dafür gebe es nicht, betonte er. Jede Landschaft habe eine eigene Charakteristik, insofern könne es ein allgemeines Bewertungsmodell nicht geben. Er verwies auch darauf, das „jede Infrastrukturmaßnahme“ ein Landschaftsbild verändere.

Koch plädierte beim Bau von Windrädern für eine detaillierte „Sichtbarkeitsanalyse“, die einen Umkreis von bis zu drei Kilometern umfasse und in verschiedenen Entfernungen erfolgen müsse. Dieses Verfahren sei viel aussagekräftiger, als sich beispielsweise immer nur auf die Höhe der Anlagen zu versteifen. Nur mit einem breit angelegten Sichtbarkeitsverfahren lasse sich eine „Diskussion versachlichen“, betonte Koch.

Er nannte in diesem Zusammenhang ein augenfälliges Beispiel: Beim Bau im Jahr 1956 habe der Stuttgarter Fernsehturm noch als „Verschandelung der Landschaft“ gegolten. Mittlerweile sei er das Wahrzeichen der Landeshauptstadt.

Bei der abschließenden Podiumsdiskussion, die Andreas Hofmeister, Akademischer Direktor an der TU Kaiserslautern moderierte, bedauerte Christof Nitz, dass nicht mehr der Regionalverband, sondern die einzelnen Kommunen für die Windkraftplanung zuständig seien. In seinen Augen wäre eine „großräumige Herangehensweise“ sinnvoller.

Christian Walter, Ortsvorsteher von Gersbach, stieß ins selbe Horn und gab zu Protokoll, die Bürger in Gersbach hätten Angst vor einer Umzingelung durch Windräder. Bei allen umwelt- und artenschutzrechtlichen Abwägungen komme ihnen zudem „der Faktor Mensch“ zu kurz

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