Schopfheim Vietnamese bot ein Bild des Jammers

Markgräfler Tagblatt

Interplast: Ehepaar Zabel im OP in Bad Kreuznach / Zweistündige Intubation war eine Höchstleistung

Interplast-Einsatz in Rheinland-Pfalz: Das klingt überraschend, denn wenn die plastischen Chirurgen im Einsatz sind, dann meist in Entwicklungsländern. Doch Marianne und Günter Zabel standen jüngst im Diakonie-Krankenhaus in Bad Kreuznach im OP.

Schopfheim/Bad Kreuznach. Es war ein schwieriger Ablauf, den das Team zu bewältigen hatte: Patient war ein 22-jähriger Vietnamese aus Hue, den die Zabels bei ihrem Einsatz im Frühjahr erstmals zu Gesicht bekommen hatten. Qui Hai war schrecklich entstellt. Er hat keine Schulbildung und wurde aufgrund seines Aussehens ausgegrenzt. „Er war unter einem Jahr alt, als er schwere Verbrennungen erlitt“, berichteten der plastische Chirurg Günter Zabel und OP-Schwester Marianne Zabel gestern bei einem Pressegespräch. Möglicherweise ergoss sich heiße Suppe über sein Gesicht und den Oberkörper.

Obwohl die Verbrennung fast 22 Jahre zurückliegt, boten die grotesken Vernarbungen ein Bild des Jammers. Das Kleinkind blieb ohne medizinische Versorgung. „Es ist ein Wunder, dass er überlebt hat“, so Günter Zabel über den jungen Mann. Erstaunlicherweise, so stellten die Ärzte fest, war die Halswirbelsäule kerzengerade auch unter den Narben mitgewachsen, nur die Brustwirbelsäule und rechte Schulter waren vollkommen schief. Seine Augenlider konnte der Vietnamese nicht schließen. Als sich der Patient dem Interplast-Team in Vietnam vorstellte, war klar, dass er dort während des Einsatz nicht operiert werden konnte. Eine Oberärztin des Bad Kreuznacher Krankenhauses kümmerte sich darum, dass der 22-Jährige einen Flug nach Deutschland antreten konnte. Sie sammelte Spenden, organisierte das Visum.

Ende Juli machten sich Marianne und Günter Zabel auf den Weg nach Bad Kreuznach, um den Mann zu operieren. Das Team mit dem Interplast-Chef Bad Kreuznach, André Borsche, löste die extremen Vernarbungen. Hierbei wurde eine riesige Wundfläche erzeugt, die nur schrittweise mit eigener Haut bedeckt werden konnte. Augenlider, Nase und Lippen wurden mit Haut vom Oberarm und Bauch gedeckt. Der rechte Arm wurde mit einem Schwenklappen aufgerichtet.

Eine besondere Herausforderung aber war die Intubation. Der Patient musste dabei wach sein. Eine Vietnamesin, die noch nie in einem OP gestanden hatte, war als Dolmetscherin dabei und hielt sich tapfer. „Andere wären umgefallen“, meint Zabel. Zwei Stunden dauerte der endoskopische Vorgang, der sanft und einfühlsam vorgenommen wurde, „eine Höchstleistung von Patient, Dolmetscherin und Anästhesist“, so Chirurg Günter Zabel.

Für den Patienten, der aus einem Bergdorf stammt, war es überhaupt eine Leistung, den Flug nach Deutschland anzutreten und hier in einen völlig fremden Kulturkreis mit einer fremden Sprache einzutreten, berichtete Marianne Zabel. Doch die vietnamesische Gemeinde in Bad Kreuznach leiste fantastische Arbeit. Immer sei jemand bei dem Patienten. Sogar Vietnamesen von weiter weg helfen; der Überwindung der größten Hürde, der Sprache, wird so auf herausragende Weise nachgekommen. „Die Hilfsbereitschaft für den Landsmann ist riesengroß.“

Noch ein Vierteljahr muss der Patient, der noch zwei weitere Male operiert wurde, in Deutschland bleiben, eine Reha ist geplant. Derzeit ist der Zustand des Mannes aber kritisch. Denn wie sich herausstellte, ist der Vietnamese mit dem gefürchteten MRSA-Keim infiziert. Nun hoffen alle, dass der Mann nach allem, was er schon hinter sich hat in seinem Leben, auch dies überwinden wird. Für den Helferkreis soll jedenfalls zum Abschied ein vietnamesisches Fest steigen.

Nach dem Einsatz in Bad Kreuznach stehen indes für Zabels weitere Einsätze an, dann wieder im Ausland. Außerdem hält Günter Zabel ehrenamtlich Sprechstunden für Flüchtlinge ab.

Interplast Germany, Sektion Schopfheim

Sparkasse Schopfheim-Zell Kto: 3197779,

BLZ: 68351557; IBAN: DE85 683515570003197779.

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