Schopfheim Windkraft: Rotmilan brütet was aus

Markgräfler Tagblatt
Die Windräder am Rohrenkopf (unser Bild) und am Glaserkopf befinden sich laut einem neuen Gutachten doch in Schutzzonen für Rotmilane. Luftbild: Erich Meyer Foto: Markgräfler Tagblatt

Dichtezentren: Neues Gutachten widerspricht amtlichen Zählungen / Vier Horste in den Schutzzonen

Ein Punkt für die Windkraftgegner: Rund um Rohrenkopf und Glaserkopf nisten offenbar doch mehr Rotmilane, als Planer und Genehmigungsbehörden bisher wahr haben wollten.

Schopfheim-Gersbach . Mehr noch: Es gibt „plausible“ Anhaltspunkte dafür, dass sich die jeweils fünf Windkraftanlagen auf Schopfheimer und auf Hasler Gemarkung in einem so genannten „Dichtezentrum“ befinden, in denen die Raubvögel, die wegen möglicher Kollisionen mit den Windrädern gefährdet sind, besonderen Schutz genießen.

Zu diesem Ergebnis kommt jetzt zumindest ein Gutachten, das die Windkraftgegner um ihren Vorsitzenden Wolfgang Ühlin in Auftrag gegeben haben und das seit Anfang dieser Wochen auch dem Landratsamt Lörrach vorliegt.

Von einem „Dichtezentrum“ ist in naturschutzrechtlicher Hinsicht die Rede, wenn in einem Radius von 3,3 Kilometer um eine Windenergieanlage (WEA) mindestens vier (brütende) Revierpaare des Rotmilans vorkommen. Die von den Winkraftgegnern beauftragten Gutachter weisen darauf hin, dass das Land Baden-Württemberg „eine besonders hohe Verantwortung“ für den Rotmilan trägt, weil hier etwa 17 Prozent des deutschen und zehn Prozent des Weltbestandes brüten.

Bei ihren Felderfassungen vor Ort machten die Gutachter denn auch erstaunliche Entdeckungen. Am Rohrenkopf orteten sie mit Sicherheit drei Horste im Umkreis von 3,3 Kilometer, in denen Rotmilanmilane brüteten. Einen vierten Horst innerhalb dieser Bannmeile entdeckten sie am Ortsrand von Gersbach, allerdings erst nach Ende der Brutzeit Ende Juli. Anlässlich einer Baumbesteigung und einer Nestkontrolle stellten sie Federn und Lumpen im Nest sicher. Dies lässt „brutzeitliche Aktivitäten“ in den Jahren vor 2016 nach Einschätzung der Biologen zumindest „plausibel“ erscheinen. Mit diesem Horst Nummer vier läge der Windpark Rohrenkopf in einem Dichtezentrum, weshalb die Gutachter empfehlen, das Nest im Brutzeitraum des Jahres 2017 noch einmal unter die Lupe zu nehmen.

Der besagte Horst mit der Nummer vier spielt indes nicht nur für den Windpark am Rohrenkopf das Zünglein an der Waage, sondern auch für den Windpark am Glaserkopf.

Denn er liegt auch dort im 3,3-Kilometer-Radius und wäre ebenfalls die vierte Brutstätte, weil die Biologen noch drei weitere Nester entdeckten, in denen der Rotmilan in diesem Jahr „sicher gebrütet hat“.

Zwar zählen die Gutachter dabei einen Horst mit, der 50 Meter außerhalb der 3,3-Kilometer-Zone liegt. Sie halten dieses Vorgehen wegen „potenzieller Messungenauigkeiten“ und eventuellen Verschiebungen von WEA-Standorten während der künftigen Planungs- und Bauphase jedoch für zulässig.

Die Gutachter betonen, dass das Konzept der Dichtezentren zum Zeitpunkt der Genehmigung für den Windpak Rohrenkopf zwar schon bekannt gewesen sei, jedoch nicht bei den vorangegangenen artenschutzrechtlichen Voruntersuchungen. Offensichtlich hätten die Genehmigungsbehörden deswegen die einschlägigen Bewertungshinweise der Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg (LUBW) „nicht beachtetet bzw. eingefordert“. Beim Windpark am Glaserkopf habe man das Vorhandensein von Dichtezentren indes „nach Aktenlage geprüft und ausgeschlossen“.

Das Gutachten ist durchaus Wasser auf die Mühlen der Windkraftgegner. Sie hatten von Anfang an auf die Rotmilan-Problematik hingewiesen, auf eigene Faust gezählt und die offiziellen Zahlen bezweifelt, waren dabei aber sowohl bei Behörden als auch bei Gericht auf taube Ohren gestoßen (wir berichteten).

Das Landratsamt hat seit Anfang dieser Woche Kenntnis von dem „nachgereichten“ Gutachten. Für eine abschließende Bewertung sei es jedoch noch zu früh, betont der zuständige Fachbereichsleiter Umwelt, Georg Lutz. Eine „eindeutige Beweislage“ gehe auf den ersten Blick daraus allerdings nicht hervor, erklärte er. Man unterziehe die Expertise einer „internen Prüfung“ und warte das Urteil der Fachleute ab.

Selbst für den Fall, dass beide Windparks in einem Dichtezentrum liegen, erwartet Lutz zumindest im Falle der bereits im Bau befindlichen Anlagen am Rohrenkopf „kaum Konsequenzen“. Allerdings wäre dann die Milan-Situation zu beobachten und zu klären, inwiefern die WEA dieselbe beeinflussen. Sollten Milane zu Tode kommen, müsste man reagieren und die Anlagen zum Beispiel zeitweise abschalten. Anders sieht es beim Glaserkopf aus. Da könnte das Milan-Gutachten durchaus Einfluss haben auf das laufende Genehmigungsverfahren.

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