Steinen Zeitkapsel geborgen

Markgräfler Tagblatt

Kriegerdenkmal in Steinen geöffnet

Ein Buch, vermutlich Hitlers „Mein Kampf“, eine Flasche Wein und einen Klumpen Papier beinhaltete die verrostete Metallschatulle, die am Montagmorgen beim Kriegerdenkmal neben der Petruskirche geborgen wurde.

Steinen. Als die Gemeinde Steinen den Lokalhistoriker Hansjörg Noe beauftragte, die Geschichte Steinens im Nationalsozialismus aufzuarbeiten, ahnte niemand, welche Auswirkungen dies haben würde. In seinem im Frühjahr 2014 veröffentlichten Buch „Hingeschaut - Steinen im Nationalsozialismus“ fand sich auch ein Passus über „Das neue Kriegerdenkmal“.

Die evangelische Petrusgemeinde war bestürzt darüber, was die Aufarbeitung des dunklen Kapitels der Ortsgeschichte ans Tageslicht brachte: In einer im Sockel des Denkmals eingelassenen Schatulle soll sich neben einer Rede Hitlers auch dessen Buch „Mein Kampf“ befinden. Der Ältestenkreis hatte daraufhin im Juni 2014 beschlossen, dass die Petrusgemeinde an keiner Gedenkfeier mehr mitwirken werde, die eine Kranzniederlegung oder eine ähnliche Symbolhandlung am Kriegerdenkmal in seiner jetzigen Form beinhaltet; er forderte eine Beseitigung des Sandsteinquaders.

Die Denkmalbehörde gab jedoch zu verstehen, dass das Kulturdenkmal nicht einfach zerstört werden könne. An einem runden Tisch einigten sich Vertreter der Petrusgemeinde, der Gemeinde Steinen und der Denkmalbehörde, dass lediglich die Zeitkapsel unter dem Steinquader geborgen und dem Dreiländermuseum in Lörrach übergeben werden soll.

Steinmetz Michael Krückels stellte sich dieser Herausforderung. Ein Kran hatte am Montagmorgen den sechs Tonnen schweren Steinquader angehoben. Die Bergung der Zeitkapsel ging schneller als erwartet. Zwei Männer schoben den Betondeckel beiseite und hoben die Schatulle. Markus Moehring, dem Leiter des Dreiländermuseum Lörrach, blieb es vorbehalten, die angerostete Schatulle zu öffnen. Dabei zeigte sich, dass deren Inhalt die Zeit nicht unbeschadet überstanden hatte. Feuchtigkeit war eingedrungen und hatte aus Dokumenten einen Klumpen Papier gemacht. Daneben fand sich ein ebenfalls durchfeuchtetes Buch, vermutlich Hitlers „Mein Kampf“, und zur Überraschung aller eine Flasche Wein.

Laut Hansjörg Noe sollten sich in dem am 21. Mai 1936 eingeweihten Ehrenmal neben Hitlers „Mein Kampf“ Hans Zöberleins „Der Glaube an Deutschland“, die Rede des Führers im Reichstag am 21. Mai 1933, verschiedene Ausgaben des Völkischen Beobachters, Berichte und Verzeichnisse der NSDAP Steinens, ein namentliches Verzeichnis der Gemeindeverwaltung sowie weitere Schriftstücke befinden.

Laut Markus Moehring werden sich im Dreiländermuseum Experten der Dokumente annehmen, sie trocknen und konservieren. Das werde Zeit brauchen, so der Museumsleiter. Noch offen ist die Kostenfrage. Moehring will sich um Zuschüsse kümmern. Für Markus Moehring war die Denkmalurne zu entfernen und das Kriegerdenkmal zu erhalten der richtige Weg. Schließlich stehe das Ensemble nach wie vor unter Denkmalschutz.

„Wir müssen mit der Vergangenheit leben“, sagte Hansjörg Noe, der eine erläuternde Tafel zum Kriegerdenkmal an prominenter Stelle empfahl. Noe zeigte sich nach dem Öffnen der Schatulle erleichtert, dass sich seine Recherchen für das Buch „Hingeschaut - Steinen im Nationalsozialismus“ - als richtig erwiesen haben.

Nach deren Bergung hatte Bürgermeister Gunther Braun die Metallkiste offiziell dem Dreiländermuseum übergeben. Braun sagte, dass der Volkstrauertag dieses Jahr noch einmal auf dem Friedhof gefeiert werde. Für Pfarrer Dirk Kellner markiert die Bergung der Zeitkapsel das Ende eines mehr als zwei Jahre dauernden Prozesses.

Die Öffnung des Kriegerdenkmals erfolgte im Beisein zahlreicher Zuschauer, darunter Gemeinderäte, sowie der Feuerwehr und der Polizei.

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