Todtnau Junge Wilde, alte Legenden

Markgräfler Tagblatt
Peter Bichsel (rechts) mit Gerwig Epkes Foto: Veronika Zettler Foto: Markgräfler Tagblatt

Literatur Bichsel und Co.: Hochkarätige Gäste in Todtnauberg

Veronika Zettler

Todtnauberg. Mit ihren teils von weither mitgebrachten Lieblingsausgaben standen vor dem Büchertisch etliche Schlange. Dahinter saß Peter Bichsel und signierte jedes Buch und jedes Bändchen sorgsam und geduldig.

Sie sind ein Höhepunkt im literarischen Jahr, die Todtnauberger Literaturtage. „Die Veranstaltung hat sich etabliert“, freute sich Hans Gelpcke am Samstag im voll besetzten Kurhaus. Zusammen mit dem Autor Hansjörg Schneider („Hunkeler“) und Iris Boch vom Hotel Engel organisierte er zum elften Mal das „Lesen auf dem Berg“.

Einmal mehr war der Einladung von Hansjörg Schneider eine illustre Autorenschaft gefolgt, junge Wilde, große Namen, alte Legenden. Minusgrade und Glatteis hielten das Publikum nicht davon ab, auf den verschneiten Berg zu reisen. Im Gegenteil. Viele blieben gleich übers Wochenende, checkten ein im Engel, wo auch die Autoren residierten und für ein Pläuschchen zur Verfügung standen.

Literatur, Lagerfeuerund Glühwein

Hansjörg Schneider hatte die Literaturtage am Freitag traditionell eröffnet, diesmal mit Auszügen aus seinem neuen Roman „Hunkelers Geheimnis“. Es folgten die Lesung von Jenny Erpenbeck am Abend und zwei weiteren am Samstagvormittag: Nora Gomringer (Bachmann-Preis 2015) las mit Schlagzeugbegleitung im Stübenwasenliftstüble vor rund 90 Zuhörern. Der an Leukämie erkrankte Autor Claude Cueni musste die im Hotel Herrihof vorgesehene Veranstaltung aus gesundheitlichen Gründen absagen. Kurzfristig sprang für ihn der Autor Christian Haller ein, er war (ebenso wie Autor Urs Zürcher) eigentlich als Gast zugegen.

Bei der Mittagslesung von Alex Capus auf dem eisigen Radschert wärmten sich rund 150 Zuhörer an Literatur, Lagerfeuer und Glühwein – manche in umgekehrter Reihenfolge.

Am Samstag Abend eine weitere Sternstunde: Peter Bichsel im Kurhaus. Der 80-jährige zigfach preisgekrönte Meister der Kurz- und Kürzestgeschichte begeisterte mit anregenden und anrührenden, lustigen und traurigen, durchdachten, warmherzigen und nicht zuletzt erkenntnisreichen Geschichten.

Altersweisheit? Diesen Begriff mag er nicht, wie er eingangs im Gespräch mit Gerwig Epkes (SWR) sagte. Ein alter Mann könne nicht erfahren sein, befand er: „Erfahren und erleben, das ist das Privileg der Jugend“. Auch vom Beobachten hält der Schweizer wenig, dies sei „Schauen mit Vorurteilen“ und somit eine Sache für Polizisten, Soldaten und schlechte Heimatautoren. Wenn ihn jemand frage, warum er schreibe, antworte er: „Du hast Recht. Man könnte es lassen“.

Frage man ihn, weshalb er nur kurze Geschichten produziere, entgegne er: „Es macht jeder, was er kann“. Ein Schwimmer sei nunmal ein Schwimmer und kein Diskuswerfer. Ohnehin blieben die meisten Schriftsteller „schmale Talente“. Einige wenige aber, Kafka nannte er als Beispiel, seien auf ihrer schmalen Spur brillant. Mit Geschichten wie der wunderbaren vom Simmentaler Stier ließ Bichsel an seiner eigenen Brillanz keinen Zweifel.

Umfrage

Heizung

Der Ausbau des Fernwärmenetzes im Landkreis Lörrach nimmt Fahrt auf. Würden Sie, falls möglich, Ihr Haus an das Netz anschließen lassen?

Ergebnis anzeigen
loading