Todtnau „Man fühlt sich hier abgehängt“

Markgräfler Tagblatt
Annette Widmann-Mauz (links) mit Armin Schuster und Christa Bernauer. Foto: Ulrike Jäger Foto: Markgräfler Tagblatt

Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz diskutiert in Todtnau über die Reform der Notfallversorgung

Todtnau (jä). Auf Einladung der CDU Todtnau setzten sich kürzlich Bundestagsabgeordneter Armin Schuster und Annette Widmann-Mauz, Staatssekretärin im Gesundheitsministerium, mit Vertretern der örtlichen Politik und Ärzteschaft im Gesundheitszentrum an einen Tisch.

Nach einem Rundgang durch die Praxisräume erklärte Widmann-Mauz, die ihre familiären Wurzeln in Zell hat, dass sich in Bezug auf die Niederlassung von Ärzten in den letzten Jahren neue Möglichkeiten eröffnet hätten.

Dr. Thomas Honeck resümierte kurz seine Anstrengungen und die zahlreichen Diskussionen mit der Kassenärztlichen Vereinigung, um das Gesundheitszentrum in Todtnau (GZT) aufbauen zu können. Die Bevölkerungsdichte, die als Maßstab für die Versorgung gilt, habe die fachärztliche Versorgung in Todtnau nicht zugelassen, doch sei eine Region wie diese hier ohne Unfallversorgung undenkbar, betonte er. „Die Leute sollten nicht dafür bestraft werden, dass sie auf dem Land leben“, so Honeck.

Die Neuordnung der Notfallversorgung habe er sich so nicht gewünscht.Die Fahrt in die beiden Notfallpraxen im Krankenhaus Schopfheim oder im Krankenhaus Lörrach seien zu weit. „In unserem Gesundheitszentrum ist die Unfallversorgung vergleichbar mit der in einem kleinen Krankenhaus“, sagte der Mediziner. In seinen Augen war es eine Fehlentscheidung, die Notfallpraxen an die Kliniken in Lörrach und Schopfheim anzugliedern.

„Man fühlt sich hier abgehängt“, sagte auch Christa Bernauer, Vorsitzende des CDU-Ortsvereins Todtnau, die wusste, dass Patienten dann eben die Notfallnummer 112 anrufen, damit sie schneller versorgt würden.

Dass die Notfallpraxen bewusst von den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) in Krankenhäuser integriert wurden, erklärte Dr. Udo Schulte, Bezirksbeirat der KV Südbaden. Es sei zwar richtig, dass das GZT wie ein kleines Krankenhaus sei, doch sei dieses nicht rund um die Uhr personell besetzt, wie dies bei den anderen Krankenhäusern der Fall ist.

Annette Widmann-Mauz betonte, dass der Gesetzgeber nicht vorgeschrieben habe, dass die Notfallpraxen in Krankenhäusern sein müssten, worauf Schulte konterte, dass dies eine Kostenfrage sei. Die KV bezahlten in den Häusern nicht für Räumlichkeiten, Reinigung, medizinische Geräte, da diese sowieso vorhanden seien. An den Krankenhäusern stünden die Räume am Wochenende leer, dies sei mit ein Grund, warum die Krankenhäuser von dieser Regelung profitierten.

Dass dadurch jedoch auch ein neues Phänomen auftritt, nämlich dass Patienten, die gar kein Notfall sind, am Wochenende ins Krankenhaus kommen, um hier ohne wochenlange Wartezeit auf einen Facharzt zu treffen, davon berichtete Dr. Martin Honeck. Oder sie rufen den Notarzt und werden mit dem Krankenwagen in die Klinik gebracht, wie er mehrfach von Klinikärzten gehört habe. Sowohl die Klinik als auch der Rettungsdienst beklagten diese neue Situation, sagte er. Er forderte, dass jeder Bürger in einer gewissen Zeit eine Notfallpraxis erreichen können müsste.

Fritz G. Ramsayer, Gesundheitsdezernent im Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald, warf in den Raum, dass die Bevölkerungsdichte als Maßstab für die ärztliche Versorgung überdacht werden müsste. Armin Rösner von der KV Freiburg erklärte, dass eine Evaluierung der neuen Notfallversorgung laufe und es sein könne, dass Entscheidungen revidiert würden.

Bürgermeister Andreas Wießner fragte, ob die Zunahme der Kosten durch die steigende Nutzung der Rettungswagen und Notärzte in die Analyse einfließen würde. Rösner verneinte dies.

Dass der „Landarzt“ in vielen Augen weniger wert sei, sei bereits im Studium festzustellen, erklärte Martin Honeck. Er gab Annette Widmann-Mauz die Bitte mit auf den Weg nach Berlin, dass beim Facharzt für Allgemeinmedizin Ausnahmeregelungen bei der Abrechnung möglich sein müssten. Die Hausarzt/Facharzt-Trennung müsse aufgeweicht werden, dann gewinne der Beruf des Landarztes wieder an Attraktivität.

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