800 Lieder und Arien hat er auswendig in petto

Von Walter Bronner

Weil am Rhein . Sein Gesangs-Repertoire reicht vom schlichten Volkslied bis zur Bravourarie des italienischen Belcanto und zu seinen besten Zeiten war Dieter Schnerring ohne weiteres fähig, rund 800 Titel auswendig vorzutragen.

Am morgigen Sonntag begeht der in aller Welt bekannte Tenor seinen 80. Geburtstag. „Das ist kein Verdienst, sondern eine Gnade“, meint der erst vor wenigen Tagen in eine neue Wohnung an der Lörracher Hangstraße umgezogene Jubilar. Dort wird er den Geburtstag jedoch nicht feiern, sondern zusammen mit seiner Lebenspartnerin Antonia Rosskopf nahe Padua im geliebten Italien, das quasi seine zweite Heimat ist. Und mehr als jedes andere Liedgut hat er das italienische verinnerlicht und auch dortigem Publikum schon vorgetragen. Das hielt es zwar für völlig „impossibile“, dass ein „Tedesco“ neapolitanische Gesänge artgerecht zu interpretieren vermag, musste sich jedoch eines Besseren belehren lassen.

An der Wiege wurde dem in Weil am Rhein aufgewachsenen Jubilar freilich nicht gesungen, dass ihm einmal eine ungewöhnliche Belcantisten-Karriere beschieden sein würde, obgleich er schon als Kind eine schöne Stimme hatte und die Solosänger von Chorkonzerten geradezu anhimmelte.

Fotograf im „ersten Leben“

Im „ersten Leben“ jedoch erlernte er den Beruf des Reprofotografen und war später als Mode- und Industriefotograf recht erfolgreich.

Erst als Mitzwanziger und nach einer gescheiterten Ehe folgte er dem Rat guter Freunde, seine geschmeidige Tenorstimme professionell ausbilden zu lassen. Das Talent dazu bestätigten ihm renommierte Kammersänger in Freiburg und Frankfurt, denen er vorsingen durfte, ebenso die damals schon weltberühmte gleichaltrige Operndiva Grace Bumbry. Die Zeit der Ausbildung danach bei renommierten Sängern und Gesangslehrern hauptsächlich in Basel und Freiburg war extrem hart und erforderte eiserne Disziplin.

Doch dann gab es auch schon erste Engagements und Erfolge, darunter Studioaufnahmen mit dem Ensemble des populären Dirigenten Emmerich Smola im Südwest-Rundfunk und eine Verpflichtung zu acht Konzerten während einer Luxuskreuzfahrt auf einem Traumschiff rund um den Globus.

Konzert bei Jubiläum in den USA

Dort hörte ihn ein amerikanischer Industrieller, der ihn in die USA einlud, um sein Firmenjubiläum mit einem Konzert zu verschönern. „Es war eine Riesenveranstaltung mit viel Prominenz“, erinnert sich Schnerring.

Daraus ergaben sich weitere Konzertverpflichtungen und einen Wohnungswechsel von Freiburg nach Kalifornien für fast drei Jahre. Mittlerweile kamen die ersten Tonträger von ihm auf den Markt und seither erweiterte sich die Schnerring-Discografie auf gut ein Dutzend LPs und dreimal so viele CDs.

Live zu hören war Dieter Schnerring in all den Jahren zudem auf zahllosen Konzertpodien dieser Welt zwischen Los Angeles und Hongkong. Und er sang auch in Lörrach oder Weil. Dort gab er im Juni 2012 sein fulminantes Abschiedskonzert. Und bevor er da seinem faszinierten Publikum „leise servus“ sang, entfaltete er noch einmal alle Brillanz seines kraftvollen und geschmeidigen Belcantos mit den schönsten jener gefälligen „Ohrwürmer“, mit denen er während vier Jahrzehnten unzähligen Menschen Momente musikalischen Hochgenusses bereitete.

  Anlässlich seines 80. Geburtstags würdigt SWR4 den Jubilar morgen von 16 bis 18 Uhr mit einem Radio-Porträt.