Sich das einzugestehen, dass man Hilfe braucht, ist nicht immer einfach. Das weiß Monika Hubler (69), nur zu gut, die einen Gesprächskreis für Angehörige von Demenzkranken leitet. Sie will mit ihrem Engagement den Betroffenen helfen, den ersten Schritt zu machen. Von Kiara Oßwald Weil am Rhein. Menschen, die für einen Demenzkranken sorgen, werden oft von Ängsten und Zweifeln gequält. Die 69-Jährige weiß, wie belastend solch eine Verantwortung sein kann: Sie selbst übernahm viele Jahre die Betreuung ihrer Mutter, die an Demenz litt. Ihre Erfahrungen und Ratschläge gibt sie an die Teilnehmer des Gesprächskreises weiter. „Viele haben ihre Angehörigen zu Hause. Die Fragen, die sie sich alltäglich stellen müssen, übersteigen oft das erträgliche Maß“, erläutert Monika Hubler. 38 Jahre arbeitete die medizinische Analytikerin im Universitätsspital Basel. Seit drei Jahren bietet sie ihren Gesprächskreis bei der Caritas Demenzberatung in Lörrach an. Seit rund zwei Jahren nun auch im Pflegeheim Markgräflerland in Weil am Rhein. Jeden ersten Mittwoch im Monat treffen sich die Angehörigen von 15 bis 16.30 Uhr. Aufgrund des Bedarfs auch unter Berufstätigen hat Monika Hubler die regulären Zeiten erweitert. „Das ist ein fließender Übergang: wer nach dem Treffen noch bleiben will, der bleibt einfach“, sagt sie. Nach Monika Hublers Erfahrungen ist ein Gesprächskreis von sechs bis acht Leuten ideal. „So kann jeder mal zum Zuge kommen, und es ist genug Zeit, auf alle Probleme einzugehen“, sagt sie. Limitieren will sie die Treffen jedoch nicht. So kam es auch schon vor, dass ein Treffen aus zwölf Teilnehmern bestand. Keine An- und Abmeldung erforderlich Für den kostenlosen Gesprächskreis ist weder eine An- noch Abmeldung erforderlich. Eine regelmäßige Teilnahme an den Treffen ist keine Pflicht. Vordringliche Probleme der Teilnehmer werden gleich zu Anfang besprochen. Für den Fall, dass keiner der Angehörigen ein konkretes Problem hat, macht Monika Hubler selbst Themenvorschläge: Zukunftsangst und die Akzeptanz der Krankheit, aber vor allem auch Schuldgefühle werden im Gesprächskreis ausführlich diskutiert. „Die Demenzkranken sind sehr sensibel und spüren Stimmungsschwankungen anderer Menschen sehr stark“, erklärt Monika Hubler. Durch die Angst, die Erkrankten ungerecht zu behandeln, plagt viele der Angehörigen ein schlechtes Gewissen. Freundlichkeit und Wohlwollen entwickeln Trotz ihrer traditionellen christlichen Erziehung ist Monika Hubler seit 1998 eine praktizierende Buddhistin und lebt nach dem Kausalitätsprinzip. Der Buddhismus habe ihr geholfen, Geduld und Dankbarkeit zu fördern. Diese Aspekte will sie auch in die Treffen des Gesprächskreises mit einbeziehen: Die „Liebende-Güte-Meditation“, am Ende jedes Treffens soll den Angehörigen helfen, „bedingungslose Freundlichkeit und Wohlwollen“ zu entwickeln. Aus beiden Gruppen erhielt diese Übung bislang sehr viele positive Rückmeldungen, auch wünschen dies die Teilnehmer. Die meisten Angehörigen, die zu den Treffen kommen, sind zwischen 40 und 50 Jahre alt und betreuen, wie Monika Hubler einst selbst, einen Elternteil. Doch auch Angehörige über 60, deren Partner an Demenz leiden, nehmen an den Gesprächskreisen teil. „Da gibt es natürlich auch große emotionale Unterschiede“, erklärt Monika Hubler. Doch nicht nur die Beziehungen zwischen Angehörigen und Erkrankten variieren; die Krankheit befindet sich auch in verschiedenen Phasen. Bei einigen ist die Krankheit erst im Anfangsstadium, bei anderen hingegen bereits im Endstadium. Die verschiedenen Fälle bilden einen äußerst wichtigen Faktor für den Gesprächskreis. „Jeder kann einen ganz wesentlichen Beitrag zur Gruppensituation leisten“, erläutert die Leiterin des Gesprächskreises. Die Teilnehmer können sich untereinander austauschen und unterstützen. „Die Gruppe kann helfen, Probleme zu relativieren, und gibt den Angehörigen die Möglichkeit, über ihre eigenen Ängste zu reden“, sagt Monika Hubler. Ihr sei wichtig, dass den Angehörigen klar werde, dass auch sie noch ein eigenes Leben haben. Der erste Schritt ist der Schwerste „Es gibt ein großes Hilfsangebot für Demenzkranke und ihre Angehörigen. Viele der betroffenen Menschen haben jedoch Mühe, sich so zu öffnen und sich einzugestehen, dass sie Hilfe brauchen“, erläutert Monika Hubler. Sie weiß: der erste Schritt ist meist auch der schwerste.