Weil am Rhein Die Liebe in schwierigen Zeiten

Weiler Zeitung
Urs Faes (r.) und Volker Habermaier in der Stadtbibliothek . Foto: Buch Foto: Weiler Zeitung

Urs Faes fesselt in der Stadtbibliothek 40 begeisterte Zuhörer

Weil am Rhein (db). Die Lesung des Schweizer Schriftstellers Urs Faes hat rund 40 Zuhörer in die Weiler Stadtbibliothek gelockt: Faes’ Buch ist im vergangenen Jahr erschienen, heißt „Sommer in Brandenburg“ und spielt in der Gegend von Trebbin, der Partnerstadt von Weil am Rhein. Der Abend wurde in Zusammenarbeit mit dem Verein zur Förderung und Pflege der Städtepartnerschaften organisiert und von Volker Habermaier moderiert.

Neben ausgewählten Textstellen, die Urs Faes aus seinem Roman vorlas, erläuterte er im Gespräch dessen Hintergründe und Entstehungsgeschichte. Der Roman, der auf wahren Begebenheiten basiert, handelt von zwei jungen Menschen, die sich im Sommer 1938 auf einem jüdischen Landgut – dem Jagdschlösschen Ahrensdorf nahe Berlin – kennen und lieben lernen: Ron aus Hamburg und Lissy aus Wien. Auf dem Landgut bereiten sich 80 Jugendliche auf ihre Ausreise nach Palästina vor, um dort in einem Kibbuz zu arbeiten.

Die Hachschara-Stätte Landwerk Ahrensdorf, in der heutigen Großgemeinde Nuthe-Urstromtal gelegen, bestand von 1936 bis 1941. Als Lehr- und Ausbildungsgut für Jugendliche von 14 bis 17 Jahren wurde es von der jüdischen Reichsvertretung, Abteilung Berufsbildung und Berufsumschichtung, finanziert und vom jüdischen Pfadfinderbund Makkabi Hazair organisiert.

Begegnungsstätte

Unter dem nationalsozialistischen Regime war es der jüdischen Bevölkerung verboten, eine Berufsausbildung zu absolvieren. Im Sommer 1941 wurden die noch nicht ausgereisten Jugendlichen in die Hachschara Sammelstätten Neuenburg bei Fürstenwalde oder Paderborn verlegt. Von dort aus begann 1943 die Deportation in die Konzentrationslager Auschwitz, Buchenwald und Theresienstadt. Heute wird das Landwerk Ahrensdorf als Begegnungsstätte geführt und von einem Förderverein mit Mitgliedern aus Israel, Deutschland, USA und Schweden unterstützt.

Wegweisende Wendungen hatte Faes für die Lesung ausgewählt: Den Anfang und die erste Begegnung der Protagonisten, die ab der Reichskristallnacht bedrohte Idylle im Landwerk, die Ungewissheit, wer ein Einreisezertifikat für das seit 1920 unter britischem Mandat stehende Palästina erhält, und schließlich den Abschied.

„Eine der Grundfragen im Buch ist, ob ein Liebespaar zusammen ausreisen, oder ob nur einer gehen darf”, erklärte der Autor, der sich mit vielen Zeitzeugen unterhalten hat, den Roman aber nicht als ein solches Zeugnis verstanden wissen will: „Es ist kein Geschichtsbuch, sondern Literatur. Ich bin kein Zeitzeuge und habe nicht das Recht, mir die Geschichte anzueignen.” Im Roman gehe es bewusst nicht um die politische Gesamtsituation, sondern vielmehr um den Blick auf die Menschen, und wie es ihnen ergangen sei, um Sehnsüchte, Ängste, Sorgen und Hoffnungen. Lissy geht, Ron bleibt.

Durch ein Foto des historischen Liebespaars Rolf Baruch und Lucie Hahn war Urs Faes auf die Geschichte aufmerksam geworden und recherchierte viele Jahre. „Ich erzähle die Geschichte von jungen Menschen, die in schwierigen Zeiten eine Liebe wagen und versuchen, den Alltag zu leben. Das hat mich gepackt und fasziniert.”

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