Von Jasmin Soltani Weil am Rhein. „Ich war immer der Ansicht, dass es diese Urkunde in mehrfacher Ausfertigung gibt“, sagt Theo Hartmann von dem leicht vergilbten Papier, das nun eingerahmt und hinter Glas auf dem Tisch liegt. Doch es ist das Original und möglicherweise ein Unikat: Die Urkunde über die bedingungslose Kapitulation der Stadt Weil am Rhein vom 23. April 1945, wenige Tage von der Kapitulation der deutschen Wehrmacht, die den Zweiten Weltkrieg in Europa beendete. Theo Hartmann hat die Urkunde, die von seinem Vater Peter Hartmann und Eugen Schneider unterschrieben und dem einrückenden französischen Truppen überreicht wurde, nun der Stadt vermacht. „Im Namen der Stadt Weil am Rhein haben wir die Ehre, Ihnen mitzuteilen, dass wir mit der Garantie für Recht und Ordnung bereit sind, bedingungslos zur kapitulieren“ – so lautet der Text, den der Weiler Eugen Schneider und Peter Hartmann, der als Kriegsversehrter von der Front zurückgekehrt war, offenbar mit Hilfe der Sekretärin Lilli Scharf  in wohlformuliertem Französisch verfasst, mit dem offiziellen Stempel der Stadtgemeinde Weil am Rhein versehen und als kommissarische Bürgermeister unterzeichnet hatten, ohne dabei allerdings ein Amt inne zu haben. Zufällig ist der Statiker und Weiler Alt-Stadtrat Theo Hartmann nicht auf das Papier gestoßen. Es gehört zu einem ganzen Satz von Schriftstücken, Tagebüchern und chronologischen Aufzeichnungen seines Vaters, der 1945 von der französischen Besatzungsmacht als stellvertretender Bürgermeister eingesetzt wurde und von 1946 bis 1957 Bürgermeister von Weil am Rhein war – eine Zeit, an die sich Theo Hartmann noch gut erinnern kann. Als der heute 77-Jährige das geerbte Material mal wieder durchblätterte und mit dem inzwischen pensionierten Stadtarchivar Bruno Rabus darüber sprach, stellte sich heraus, dass das Archiv diese historischen Zeugnisse nicht besitzt. Weder die Kapitulationsurkunde noch die zwölf DIN A-4–Seiten über den täglichen Lauf der Dinge in den ersten Tagen unter französischer Besatzung nach der Weiler Kapitulation (siehe weiteren Bericht). Der Entschluss von Theo Hartmann war denn auch schnell gefasst: „So etwas gehört ins Stadtarchiv“, betonte er gestern bei der offiziellen Übergabe der Urkunde an Oberbürgermeister Wolfgang Dietz und Archivarin Annika Debatin. Dietz dankte denn auch für die Übergabe der historisch wertvollen Dokumente, zeugen sie doch von „einer besonderen Zivilcourage in äußerst schwieriger Situation“. Denn die mutigen Männer, die dem Wahnsinn des Krieges ein Ende setzen wollten – ähnliche Beispiele hatte es mancherorts gegeben –, mussten nicht nur die heranrückenden Truppen fürchten, sondern auch, von eigenen Mitbürgern bei den Nazischergen denunziert zu werden. Mit weißer Fahne den Truppen entgegen Wie ein Lauffeuer soll sich denn auch die Meldung in der Stadt verbreitet haben, dass „der Schneider Geni und der Hartmann Peter an der zerstörten Friedensbrücke stehen und mit weißer Fahne den anrückenden französischen Truppen zuwinken“, erinnerte sich Theo Hartmann noch an einige weitere „couragierte Episoden“. Er selbst, damals siebeneinhalb Jahre alt, habe in der Traubengasse beobachtet, wie die französischen Soldaten im Velo-Korso nach Alt-Weil einrückten. Dramatischer hatte es der damals neunjährige Rolf Rhein aus Alt-Weil beobachtet: In englischen Panzern hätten die französischen Soldaten vor dem Alten Rathaus „alles ins Visier genommen, was sich bewegte“. Mit den meisten französischen Kommandanten sei sein Vater später aber gut zurecht gekommen, ergänzte Hartmann.