Weil am Rhein Dorothee Rothbrust und ihre feingliedrigen Frauenbilder

Weiler Zeitung
Dorothee Rothbrust in ihrem Atelier im Kesselhaus                                                                                                                                      Foto: Gundula Weissenrieder Foto: Weiler Zeitung

Serie: Künstler im Kesselhaus / Eine eigenwillige Weiblichkeit / Künstlerin liebt das Arbeiten mit Holz: markante Skulpturen

Weil am Rhein. Mit strahlend-offenem Blick samt einladender Geste einzutreten, bereitet Dorothee Rothbrust ein herzliches Willkommen ins Doppel-Atelier 12/13: Dem verleiht die agile Präsenz der Künstlerin, umgeben vom feinsamtigen Akazienduft und einer schieren Invasion kunstvoll gefertigter weiblich-anmutiger Figurinen, Silhouetten und Bildnissen den Atelierräumen jene Lebendigkeit, die sogleich verzaubert.

Wie verwehte Schneebahnen flocken Sägespäne über den großflächigen Boden, verdecken dessen tiefgeschürfte Struktur, die markanten Furchen wuchtiger Sägeeinsätze. Sie umrahmen langgliedrige Stelen oder kahle, noch liegende Holzstämme. Aus einem davon hat Dorothée Rothbrust bereits eine Gestalt geschält, seine sehnige Vitalität in die Figur ziehend: „Wir mögen uns sehr“, deutet die Künstlerin auf das reizvolle Werkstück, lächelnd bekennend, immer im Dialog mit ihren Arbeiten zu stehen: „Weswegen ich es auch nicht beim sich gebildeten Riss belassen will!“

Dass harte Holzarten solchen Widerstand zeigen, bestärkt die Umtriebige nur: „Das war der Moment, in dem ich das Akazienholz entdeckte – oder es mich!“

Es sei, wie vieles, auf sie zugekommen: „Kaum nach Bettingen gezogen“, erzählt sie etwa, „klopfte ein betagter Einheimischer an. Er wusste bereits um meine Malpassion und bot sich an, mich unter seine Fittiche zu nehmen. Denn seine Tessiner Frau sei, trotz jahrzehntelangem Leben hier, immer Fremde geblieben: Das sollte mir nicht passieren!“ Flugs wurde ihr der Luftschutzraum der Schule vermittelt, in dem Schnitzbank und -messer standen. Und schon brachte der nächste Nachbar alte Eichenbalken. Zuerst überrumpelt mit der Beteuerung, doch nur malen zu wollen, nahm Dorothee Rothbrust die Herausforderung an: „Es musste wohl so sein! Also eignete ich mir das Schnitzen an.“

Jene erstellten Stelen entdeckte wiederum Tonio Paßlick, Kulturamtsleiter von Weil, bei seinem Antrittsbesuch, nachdem die Vielseitige ein weiteres Atelier im Kesselhaus bezogen hatte. „Angetan davon, integrierte er meine Skulpturen sogleich in die Ausstellung ’Wasserwerke’ – und trat damit eine Lawine los!“ Gerne erinnert sich Dorothee Rothbrust an das positive Echo, es war für sie Geschenk und Wegweiser.

Fortan wechselte die schnell Arbeitende das Schnitzmesser mit Kettensäge und Schleifmaschine und fand ihr Medium: „Vielleicht erfüllt das Holz genau das, was ich anstrebe“, sinniert sie ob jener ´Lebensspuren`, die ihr den beruflichen Weg wiesen: „Wollte ich doch seit Kindheit an Schmiedin werden! Doch als Mädchen jener Zeit, das 1953 in der Eifel geboren wurde und aufwuchs, absolvierte ich die Kunsthochschule in Köln, studierte dazu Mode und arbeitete als Kunstdozentin auf Sylt.“ Dann lernte sie beim anthroposophischen Seminar in Wangen im Allgäu ihren Mann kennen. Er ist Schweizer Philosoph und Musiker. Der Liebe wegen zog dann Dorothee Rothbrust vor 24 Jahren ins Grenzgebiet und machte sich selbständig.

Ihre Stärke scheint auch den feingliedrigen Frauenbildern innezuwohnen, die im zweiten Atelierraum keck von Papierfahnen blicken und den Statuetten in satter Kunstfertigkeit schwesterlich die Hand reichen. „Alles Lotterweiber!“, greift die Künstlerin jenes aus der Heimat so positiv behaftete Synonym für starke, eigenständige Frauen auf: „Es ist auch die Geschichte meiner Tante, Mutter dreier Kinder, die jung ihren Mann verlor und sich gegen die damalige Konvention, rasch wieder zu heiraten, entschied. Sie kämpfte sich erfolgreich durch und beeindruckte mich sehr. So wollte ich auch werden!“

Seitdem fließt alles, was Rothbrust zum Themenkomplex Mensch berührt, in ihre Arbeit: Bereiche wie Freundschaft, Körperhaltungen beim Warten und der Begegnung. Meist schälen sich weibliche Figuren heraus: Die Fertigung sei dann ein Gespräch unter Freundinnen. Freundinnen, die der Künstlerin Naturbelassenheit oder kräftige Farbgebung einfordern, selbst etliche Übermalungen. Auch die typisch-edlen „Schwanenhälse“, den sprechend-markanten Blick.

„Füße wie Augen sind mir ungemein wichtig, und erstere bei Skulpturen immer beweglich, da sie uns doch in der Welt tragen und positionieren. Ihre eigene Position hat Dorothee Rothbrust längst gefunden: „Ich liebe das Arbeiten mit Holz, seine Härte, den Widerstand – genauso wie die Feinheit der Malerei. So findet alles wieder zusammen!“

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