Weil am Rhein Dynamik, Innovation und Vielfalt

Weiler Zeitung
Die urbane Dynamik und das neue Selbstbewusstsein der Staaten in Nordafrika und dem Mittleren Osten ist Gegenstand der neuen Ausstellung in der Vitra Gallery. Foto: Dorothee Philipp Foto: Weiler Zeitung

Architektur: Ausstellung in der Gallery des Vitra Design Museums zur MENA-Region

Von Dorothee Philipp

Weil am Rhein. Von Bagdad bis Tanger reicht die so genannte MENA-Region (Middle East North Africa) mit ihren rasant wachsenden Städten wie Tripoli, Teheran, Kairo oder Ankara. Das Leben, die Menschen, die Atmosphäre, die Architektur und die schnellen Veränderungen in den Metropolen, der technische Fortschritt und der Umgang mit der Tradition sind Gegenstand einer neuen Ausstellung in der Gallery des Vitra Design Museums mit dem Titel „Mudun - Urban Cultures in Transit“.

Mudun ist das arabische Wort für Städte. Die Ausstellung ist ein Gemeinschaftsprojekt des Vitra Design Museums und der Zeitschrift Brownbook aus Dubai, die seit zehn Jahren über die Urbanisierung der MENA-Region berichtet und dabei ein immenses Archiv aus Fotografien, Text-, Audio- und Filmmaterial aufgebaut hat, das den Wandel der Region seit den 1960er Jahren dokumentiert.

Wie bereitet man ein solches Projekt so auf, dass es in den überschaubaren einen Raum der Gallery passt? An der Ausstellung sind mehrere internationale Kuratoren beteiligt, betonte Janna Lipsky vom Vitra Design Museum. Der Ansatz ist so einfach wie stringent: Als pars pro toto zeigen einzelne Geschichten, ausgewählte prägnante Gebäude und ausgewählte Orte ein vielschichtiges Abbild von Dynamik, Innovation und auch von der kulturellen Vielfalt dieser Region und dem Selbstbewusstsein ihrer Bewohner.

An der Stirnseite des Raums laufen Videosequenzen aus dem täglichen Leben in den Städten, in ihrer archaischen Einfachheit und erzählerischen Qualität auch ohne Sprache verständlich.

Im Raum verteilt sind zehn rechteckige weiße Stehtische, auf denen Architektur-Modelle aus rotem, unglasiertem Ton präsentiert werden: Xeina Malki aus Dubai hat sie gestaltet nach zehn prägnanten Gebäuden und Anlagen, die entweder in der MENA-Region verortet sind oder von dortigen Architekten entworfen wurden. Die Gartenanlage des Aga Khan-Museums in Toronto zum Beispiel oder die Sporthalle des olympischen Sportzentrums von Bagdad von Le Corbusier, realisiert 1978-1980 nach dem Tod des Architekten. Oder ein Element des Campus der Qatar University in Doha des Architekten Kamal El Kafrawi. 600 dieser achteckigen Zellen bilden den akademischen Trakt und die Bibliothek dieses 1983 fertiggestellten Ensembles.

An der östlichen Wand der Gallery patrouilliert man an großen Schautafeln vorbei, die einzelne Städte und ihre Besonderheiten in Text und Bild vorstellen. Ausgesucht wurden dabei Städte außerhalb der großen Metropolen wie das ägyptische Rosetta, das zwischen Port Said und Kairo ein wenig in Vergessenheit geraten ist und doch so voller Leben und prachtvoller Architektur, in der „niemand große Dinge will wie in den großen Städten“; oder Karthum, die Hauptstadt des Sudan, in der sich neben innovativer zeitgenössischer Architektur auch Gebäude im Kolonialstil erhalten haben. Verblüffend für Westeuropäer das iranische Karadsch, ein lebhaftes, bonbonbuntes Skiparadies, in dem sich die Städter aus der Mittelschicht erholen.

Das edle Ausstellungsdesign von Leila Peinado mit den in schlichte Holzrahmen gefassten Tafeln sorgt für Übersichtlichkeit und zieht die Besucher magisch von einem Schauplatz zum nächsten. Und die Menschen aus der MENA-Region werden mit einem genialen Kunstgriff ins Rampenlicht gerückt: Als kleine, aber stabile Gesellschaften in der Diaspora, wie etwa die Assyrer, die im schwedischen Södertälje 25 Prozent der dortigen Bevölkerung ausmachen oder die nur 400 Mitglieder umfassende Gemeinde von Afro-Palästinensern, die in Jerusalem in einer kleinen Straße mit Bausubstanz aus dem 13. Jahrhundert lebt als Nachfahren muslimischer Pilger, die vor etwa hundert Jahren aus dem Sudan, Senegal oder dem Tschad kamen.

Auch auf dieser Seite – gegenüber der mit den Städten – wandert man wie an aufgeschlagenen Alben mit Familienfotos und Schnappschüssen entlang. Alle sind sorgfältig beschriftet, so dass man sich auch als Europäer im Nu in dieser vielseitigen, schillernden Welt zurechtfindet.

Apropos Europa: Wieder einmal, nach „Making Africa“ zeigt das Vitra Design Museum, dass der alte Kontinent im Weltgefüge nur ein kleine Rolle unter vielen spielt und von vielen Regionen der Erde an Dynamik, Innovation und neu erwachtem Selbstbewusstsein weit übertroffen wird.  bis 20. August

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