Weil am Rhein „Ein Abschied im Erfolg ist wunderbar“

Weiler Zeitung
Wieland Backes, wie ihn die Fernsehzuschauer kennen. Foto: SWR Foto: Weiler Zeitung

Fernsehlegende und Talk-Meister Wieland Backes kommt ins Haus der Volksbildung / „Ich freue mich auf Weil“

Weil am Rhein      (sif).     Wieland Backes (68), Fernsehlegende und Deutschlands dienstältester Talk-Meister, der mehr als 27 Jahre lang im SWR3-Fernsehen mit samtweicher Stimme und viel Charme erfolgreich das „Nachtcafé“ moderiert hat, kommt am kommenden Freitag nach Weil am Rhein. Mit Wieland Backes sprach gestern Siegfried Feuchter.

Herr Backes, wie geht es Ihnen im Ruhestand? Kommt keine Langeweile auf?

Ich kann nicht klagen. Von Langeweile kann keine Rede sein. Ich bin immer noch vielseitig aktiv. Aber nach dem erfolgreichen Abschluss meiner Nachtcafé-Ära ist das Leben schon entspannter.

Ist das Kapitel „Nachtcafé für Sie komplett abgeschlossen?

Für mich ist die Nachtcafé-Zeit jetzt definitv Vergangenheit. Ich kann eigentlich recht zufrieden auf mein Lebenswerk zurückblicken. Es war eine Geschichte mit „Happy End“, so lautete ja auch der Titel unserer letzten Sendung. Das letzte Jahr war besonders erfolgreich. Der Abschied wurde mir noch einmal vergoldet: Wir hatten in der letzten Sendung mit fast 20 Prozent die höchste Einschaltquote aller Zeiten. Ein Abschied im Erfolg ist doch wunderbar.

Schauen Sie sich freitagabends   die Sendung mit Ihrem Nachfolger an?

Nicht kontinuierlich, aber dann und wann schon.

Sind Sie zufrieden mit Michael Steinbrecher?

Er ist eine gute Wahl, der Wechsel ist gelungen.

Sie gelten als „ungekrönter König des Niveau-Talks“, wie die „Zeit“ festgestellt hat. Andere Medien nannten Sie „Gentleman“ und „Grand Seigneur“. Als dienstältester Talkshow-Moderator Deutschlands wurden Sie nach über 27 Jahren mit viel Lob überschüttet. Erfüllt Sie das mit Stolz und Genugtuung?

Lob freut immer. Ich habe in diesem Beruf meine Erfüllung gefunden. Und wenn das, was einem selbst wichtig ist, auch den Zuschauern gefällt, ist das sehr befriedigend. Auf der einen Seite standen die Freude an der Arbeit und die spannenden Erfahrungen, die man sammelt, auf der anderen Seite war es eine Herausforderung, das Niveau der Sendung Woche für Woche zu verteidigen.

Was ist das Besondere am „Nachtcafé?

Es ist uns gelungen, neben prominenten Gästen unbekannten Menschen ein Forum zu geben, ihre Lebensgeschichte und besondere Erlebnisse optimal zu transportieren. Menschen, denen wir mit viel Achtung begegnet sind, konnten sich in einer sehr positiven Atmosphäre öffnen. Es war und ist eine außergewöhnliche Leistung der Redaktion, immer wieder spannende , bis dato völlig unbekannte Gäste zu finden.

Wie findet die Redaktion zum jeweiligen Thema diese unbekannten Menschen?

Da steckt viel harte Recherchearbeit dahinter. Und es gibt viele Kanäle, auf denen die Gäste gesucht werden. Das Internet ist zum Beispiel eine wichtige Informationsquelle, wie auch Multiplikatoren, die sich in den jeweiligen gesellschaftlichen Bereichen auskennen. Auch die lokale Presse hat eine wichtige Funktion, bringt sie doch, als Medium an der Quelle, oft als Erste originäre Geschichten über interessante Menschen.

Über 5000 Gäste haben Sie in den 27 Jahren befragt. Welche Personen sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Es gibt Geschichten, die werde ich sicher nie vergessen. Die schönsten Geschichten schreibt ja bekanntlich das Leben. Nur ein Beispiel: Wir haben Zwillinge präsentiert, die erst nach 30 Jahren zusammengefunden haben. Zuvor hatte keiner vom andern gewusst. Zu DDR-Zeiten waren die Zwillinge schon bald nach der Geburt getrennt worden. Es gibt  natürlich noch viele andere bemerkenswerte und tragische Geschichten.

Mit solchen Lebensgeschichten und mit Ihrer unaufgeregten, uneitlen Art der Moderation hat sich das „Nachtcafé“ von anderen Talkshows abgesetzt. Wie haben Sie es geschafft, dass sich Menschen Ihnen gegenüber geöffnet haben, ohne sich zu entblößen?

Wir haben uns bemüht, eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich unsere Gäste aufgehoben fühlen – vom ersten Kontakt bis zur Betreuung vor und während der Sendung. Die Eingeladenen müssen sich, unabhängig davon, ob der Moderator ihre Meinung teilt oder nicht, ernst genommen und geachtet fühlen. Ohne Verkrampfung sollen sie ihre Geschichte erzählen können.

Mussten Sie gelegentlich auch Leute vor einem Seelenstriptease schützen?

Man muss ein Gefühl dafür haben und erkennen, dass viele Medienunerfahrene die Spielregeln einer Fernseh-Talkshow einfach nicht kennen. Daraus resultiert eine erhöhte Verantwortung. Man muss solche Gäste gelgentlich elegant um Klippen führen, die sie selbst geschaffen haben.

Sie haben Chemie und Geografie studiert und danach noch zum Dr. rer. nat. promoviert. Wollten Sie schon immer Fernsehmoderator werden?

Als Kind war das unvorstellbar für mich, das hatte ich mir nicht zugetraut. Ich war der jüngste von sechs Söhnen und das erste richtige Nachkriegskind der Familie. Da haben meine Eltern erwartet, dass ich „etwas Solides“ studiere. Meine wirklichen Neigungen hatte ich zunächst unterdrückt. Doch später hat sich die Leidenschaft völlig überraschend ihre Bahn gebrochen.

Wie kam es dazu?

Meinem Doktorvater hatte ich vorgeschlagen, einen Film über die Lebensbedingungen einer Großstadtregion wie den Raum Stuttgart zu produzieren. Mit einem Praktikum beim SDR hoffte ich, das Basiswissen dafür zu erwerben. Bei dieser Gelgenheit wurde ich, könnte man aus heutiger Sicht sagen, „entdeckt. Mein „Doktorfilm“ „Ausverkauf einer Region“ wurde dann auch im Fernsehen gesendet.

Sehen Sie sich mehr als Moderator, Entertainer oder Journalist?

Mein Zugang zu unseren Themen war durch und durch journalistisch. Verführung zum Niveau nenne ich es, darauf hinzuwirken, dass sich Menschen mit den großen Lebensfragen wie beispielsweise der Überalterung der Gesellschaft oder nach der moderne Familie beschäftigen.

Wie sieht Ihr Leben nach dem „Nachtcafé“ aus?

Neben meiner zweiten Sendung, bilde ich junge Nachwuchsmoderatoren aus, engagiere mich im Stuttgarter Literaurhaus und kümmere mich stärker um meine Familie – und trotzdem ist alles entspannter. Denn wenn man wöchentlich eine 90-minütige Talkshow vorbereiten muss, dann ist das eine Form von Selbstversklavung. Jetzt habe ich viele Freiheiten und kann nach Lust und Laune dies und jenes tun.

Sie sind ja nach wie vor im Fernsehen präsent und moderieren im SWR am Sonntag um 18.15 Uhr die Sendung „Ich trage einen großen Namen“, ein Ratespiel mit Nachfahren berühmter Persönlichkeiten.

Ja, die Sendung bereitet mir viel Vergnügen und findet auch ein großes Publikum.

Zudem touren Sie mit Ihrem neuen Zitatebuch durch die Lande. Sind das Zitate aus 27 Jahren „Nachtcafé“?

Es enthält 400 Zitate aus beiden Sendungsformaten. In der Veranstaltung geht es aber nicht nur um das Buch, sondern um die Erfahrungen und Geschichten aus 40 Jahren Fernsehschaffen.

Am kommenden Freitag kommen Sie nach Weil am Rhein. Kennen Sie die kleine Grenzstadt im Dreiländereck?

Ich war schon im Vitra Design Museum. Das ist schon etwas ganz Besonderes. Am Freitag bringe ich meine Familie mit, dann werden wir nochmals ins Vitra-Museum gehen. Auch will ich mir dann die Stadt etwas näher anschauen. Ich freue mich auf  Weil am Rhein.

Umfrage

Heizung

Der Ausbau des Fernwärmenetzes im Landkreis Lörrach nimmt Fahrt auf. Würden Sie, falls möglich, Ihr Haus an das Netz anschließen lassen?

Ergebnis anzeigen
loading